Weltuntergang ade: Wenn das Leben einfach weiter geht

Wie bestellt und nicht abgeholt kamen sich die Anhänger des Predigers Harold Camping nach dem 21. Mai vor. Dieser hatte für das Datum das Jüngste Gericht prophezeit. Doch von Apokalypse weit und breit keine Spur. Die Erde dreht sich erst mal weiter. Viele von Campings Anhängern dürften jetzt nicht nur an ihrem  Glauben zweifeln. Auch was ihre Zukunft im Diesseits angeht, müssen sich manche Sorgen machen.

Unzählige Stunden verbrachte der 89-jährige Harold Camping aus dem kalifornischen Oakland in den vergangenen Monaten damit, im Radio und Fernsehen den Untergang der Welt zu verkünden. Am 21. Mai sollte die sogenannte Entrückung für insgesamt 200 Millionen Menschen um sechs Uhr abends in Neuseeland starten und sich dann quer über den Globus um immer dieselbe Uhrzeit fortsetzen. Das berichtet die „Los Angeles Times“. Doch nichts geschah, nirgendwo.

Für Harold Camping, der sich für seine Prophezeiung an Bibelversen orientierte und den dritten Samstag im Mai 2011 als Tag des Jüngsten Gerichts festgelegt hatte, heißt das aber noch lange nicht, dass er irrte. Wie die „Huffington Post“ berichtet, hat laut Camping die Entrückung sehr wohl stattgefunden. Alle guten Christen seien mit Gott gen Himmel aufgestiegen, während die schlechten Menschen nun im Oktober das Ende der Welt erwarte. „Das ist der eindeutige Beweis dafür, dass ich Recht hatte“, zitiert das Blatt den ehemaligen Bauingenieur. „Die Entrückung hat sich definitiv ereignet, aber es gab nun mal keine einzige Seele, die es wert war, gerettet zu werden, also ist sie unbemerkt geblieben. Die Welt wird nach wie vor im Oktober enden, wie geplant.“

Für Campings Anhänger dürften diese Worte nicht einmal ein schwacher Trost sein. Nicht nur, dass sie den Anschluss Richtung Himmelspforte verpasst haben. Einige von ihnen hatten so auf die Prophezeiung gesetzt, dass sie ihrem irdischen Leben schon gänzlich abgeschworen hatten. Laut der „Los Angeles Times“ kündigten viele Jobs und Mietverträge oder gaben dem Partner den Laufpass, um sich ganz der Verbreitung von Campings Botschaft zu widmen. Matt Tuter, Langzeit-Produzent von Campings Radio- und Fernsehshow, erklärte am Samstag laut „Los Angeles Times“, dass es „viele ärgerliche Menschen“ geben werde, nachdem sich Campings Worte als falsch erwiesen haben.

In der Tat soll es nach der ausgebliebenen Himmelfahrt bereits zu vereinzelten Unruhen in Sacramento gekommen sein. Anhänger Robert Fitzpatrick gibt sich da wesentlich gelassener: „Ich verstehe nicht, warum nichts passiert ist”, so der New Yorker gegenüber der „Sun“. Knapp 100.000 Euro hat der Mann für die „göttliche Verkündung“ ausgegeben.

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Kraftfahrer Keith Baurer aus dem Bundesstaat Maryland war mit seiner Familie extra für die Entrückung an die US-Ostküste nach Oakland gefahren. Alles umsonst. Verbittert ist er deshalb nicht: „So habe ich immerhin das Land gesehen“, erzählte Bauer gegenüber der „Los Angeles Times“. „Wenn ich auf irgendjemand böse sein sollte, dann auf mich.“

Mit seiner Prophezeiung lag Camping nun schon zum zweiten Mal falsch. Bereits für 1994 hatte er die Himmelfahrt ausgewählter Erdlinge angekündigt. Camping wird aber auch in Zukunft  genug treue Anhänger um sich scharen können. Denn laut Lorenzo DiTommaso, Professor für Religion an der Concordia University in Montreal, lösen sich Anhängerschaften wie jene Campings nicht zwangsläufig auf, wenn die Vorhersagen des Anführers nicht eintreffen. „Manchmal fällt die Gruppe auseinander“, sagt er gegenüber „LiveScience.com“. „Meistens gibt sich die Gruppe jedoch die Antwort auf die Frage so, dass die Prophezeiung zwar wahr ist, aber falsch interpretiert wurde.”

Das nächste von Camping angekündigte Szenario datiert er auf den 21. Oktober 2011. An dem Tag soll nun tatsächlich die Welt untergehen. Dreht sich die Erde auch nach diesem Datum noch weiter, dürften dann vielleicht doch einige Anhänger den Glauben an Campings Orakelfähigkeiten verlieren.