Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen "Zeit"-Chefredakteur



Damit dürfte Giovanni di Lorenzo nicht gerechnet haben: Weil er bei der Europawahl zwei Mal wählte, wird der "Zeit"-Chefredakteur nun prompt angezeigt. Dass zwei Mal wählen verboten sei, habe er nicht gewusst. 

Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen den Chefredakteur der Wochenzeitung "Die Zeit", Giovanni di Lorenzo, wegen des Verdachts der Wahlfälschung. In Betracht komme auch der Tatbestand des Fälschens von Wahlunterlagen, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hamburg, Nana Frombach, am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Die zuständige Anklagebehörde habe bereits Kontakt mit dem Landeskriminalamt aufgenommen. Zuerst hatte die "Welt" über das Verfahren berichtet.  

Auslöser war eine Onlinestrafanzeige, die nach der Sendung gestellt wurde, sagte Frombach. Di Lorenzo hatte am Sonntag in der ARD-Sendung "Günther Jauch" freimütig berichtet, dass er bei der Europawahl zweimal gewählt hat - einmal als italienischer Staatsbürger im Konsulat des Landes in Hamburg, und ein zweites Mal als Bundesbürger in einer Hamburger Grundschule. Doppelstaatler dürfen nach dem Europawahlgesetz aber nur in einem EU-Land wählen.  

Bundeswahlleiter Roderich Egeler mahnte am Montag in Berlin Änderungen an, um eine Situation wie bei di Lorenzo künftig zu vermeiden. Er sagte, der Fall müsse sicherlich noch einmal nachgearbeitet werden.  

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Wenn die Staaten Bürgern mit zwei Pässen auch zwei Wahlbeteiligungen zuschickten, könne es dazu kommen, dass diese beide nutzen. Ein Fehler sei nicht passiert, sagte Egeler. Man gehe aber davon aus, "dass der Unionsbürger seine Rechte in einer Weise in Anspruch nimmt, wie es das Gesetz vorsieht" - also nur einmal wählt.  

"Mir tut das aufrichtig leid", sagte di Lorenzo der "Bild"-Zeitung - und fügte an: "Mir war nicht bewusst, dass man bei der Europawahl nicht in zwei Ländern abstimmen darf. Hätte ich es gewusst, hätte ich es nicht getan und natürlich auch nicht in der Sendung von Günther Jauch erzählt."  

Nach Ansicht des Düsseldorfer Strafverteidigers Udo Vetter hat sich di Lorenzo wohl strafbar gemacht. "Das EU-Wahlgesetz (EuWG) verbietet es in Paragraf 6 Absatz 4 Doppelstaatlern ausdrücklich, in Deutschland eine Stimme für das EU-Parlament abzugeben, wenn sie auch in ihrer Heimat wählen." Wer sich nicht daran halte, verstoße gegen Paragraf 107a Strafgesetzbuch und begehe damit eine Wahlfälschung. "Darauf steht Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren." 

(dpa)

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