177 Kilometer in 53 Stunden: Bewegender Netflix-Film würdigt Schwimmheldin
Das zweistündige Netflix-Drama "Nyad" mit Annette Bening als Langstreckenschwimmerin und Jodie Foster als ihre Trainerin und Freundin erzählt eine der faszinierendsten Sportleistungen der Menschheit: Mit 64 Jahren schwamm Diana Nyad 2013 von Kuba nach Florida: 177 Kilometer in 53 Stunden.
Das Ehepaar Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin kennt sich aus mit sportlichen Höchstleistungen. Ihr Freeclimbing-Film "Free Solo" gewann 2019 den Oscar als bester Dokumentarfilm. Auch ihr neues Werk wirkt in den ersten Minuten wie ein Dokumentarfilm. Man sieht Szenen aus der Karriere der jungen Extremschwimmerin Diana Nyad, die zahlreiche Langstreckenrekorde sammelte, sich aber mit 30 Jahren aus dem aktiven Sport zurückzog. Zwei Jahre nach dem gescheiterten Versuch, den "Mount Everest" des Langstrecken-Schwimmsports zu bezwingen - die Strecke zwischen Kuba und Florida.
Danach wurde das offen lesbisch lebende Powerpaket eine populäre US-Sportmoderatorin und TV-Personality, in ihrer Heimat so bekannt wie ein bunter Hund. Umso verblüffender ist es, dass die Hauptdarstellerinnen von "Nyad" (ab 3. November bei Netflix), Annette Bening als Diana Nyad und Jodie Foster als Freundin und Trainerin Bonnie Stoll, ihren realen Vorbildern wie aus dem Gesicht geschnitten sind und auch ihr Wesen beinahe perfekt widerspiegeln. Nominierungen für Schauspielpreise dürften beiden sicher sein.
Eine ältere Frau als Sportheldin?
Der Spielfilm beginnt an einem äußerst interessanten Punkt von Nyads Leben, nämlich ihrem 60. Geburtstag. Als alleinstehende Frau, die schon Jahrzehnte nicht mehr im Wasser war, entschließt sie sich, den einst gescheiterten Traum, von Kuba nach Key West in Florida zu schwimmen, noch einmal in Angriff zu nehmen - mit ihrer besten Freundin Bonnie als Trainerin. Ihr Umfeld erklärt die Seniorin für verrückt, auch bei angefragten Sponsoren herrscht große Skepsis. Lässt sich eine ältere Frau als Sportheldin vermarkten?
Wer nun nicht weiß, wie die Sache ausging, sollte an dieser Stelle mit dem Lesen aufhören und vielleicht einfach den Film schauen. Denn die reale Geschichte von Diana Nyad ist so verrückt wie eine Fantasie, die sich wohl nur sportverrückte Amerikaner ausdenken können: Akzeptiere keine Grenzen außer jenen, die du dir selbst gesetzt hast!
53 Stunden ohne Haikäfig, Schlaf und Aufwärmen im Wasser
Viermal scheitern Nyad und ihr Team (unter anderem mit Rhys Ifans als Navigator) in den Jahren 2011 und 2012. Das Wetter- und Windzeitfenster lässt nur eine kurze Zeitspanne pro Jahr für das athletisch-logistische Sportkunststück zu. Die Gründe für Nyads Scheitern lauten: ein Asthma-Anfall, zweimal Verletzungen durch Quallen, ein aufgezogener Sturm. Von der Notwendigkeit, sich 177 Kilometer und - wie beim letztendlichen Triumph mit 64 Jahren im fünften Versuch - 53 Stunden ohne Haikäfig, Schlaf und Aufwärmen im Wasser fortzubewegen, ganz zu schweigen.
Ein paar Längen hat der Film, wenn sich die Versuche wiederholen, denn eine Schwimmerin auf offener See, die von großer Logistik und Begleitboten geleitet wird, gibt nur eine begrenzte Anzahl neuer Bilder her. Dennoch faszinieren Benings und Fosters Schauspiel, die Geschichte wie auch ihre technisch-filmische Umsetzung. Diana Nyad, heute 74, gelang 2013 ein schier übermenschlicher Sieg der Beharrlichkeit - und auch einer über das Altern.