„Abgrenzung ist Gift“: Enkelin eines berüchtigten KZ-Kommandanten warnt vor neuer politischer Radikalisierung

Jennifer Teege
Jennifer Teege

Gut 80 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus nehmen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus wieder zu. Das macht Jennifer Teege große Sorgen. Sie weiß, wozu das führen kann. Ihr eigener Großvater war ein berüchtigter KZ-Kommandant. Business Insider hat mit der 48-Jährigen über Parallelen zwischen dem Deutschland von damals und dem Deutschland von heute gesprochen. Ihre Aussagen machen nachdenklich.

Geschichte wiederholt sich nicht, auch jetzt nicht, selbst wenn aktuelle Ereignisse düstere Erinnerungen wecken. Das Deutschland der frühen 1930er-Jahre war anders als das Deutschland von heute. Damals wurden Arbeiter in Massen entlassen, jetzt werden sie vielerorts händeringend gesucht. Damals regierten braune und rote Schlägerbanden die Straßen, jetzt sind es Eisbecher und Luftballons. Damals waren die Kirchen voll, jetzt sind sie leer. Das Deutschland von heute hat kaum mehr etwas gemein mit dem Deutschland der frühen 30er-Jahre, einem Deutschland, das sich verzweifelt unter das Hakenkreuz flüchtete. Und doch kehren jetzt, gut 80 Jahre später, längst überwunden geglaubte Übel zurück: Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, Populismus und Nationalismus.

Seit Jahren reist Jennifer Teege durch Deutschland und erklärt, wozu Hass und Ausgrenzung führen können. Ihr Großvater Amon Göth hat es vorgelebt. Er ging als „Schlächter von Płaszów“ in die Geschichte ein. Göth war ein überzeugter Nationalsozialist. In der SS machte er Karriere. Von 1943 bis 1944 leitete Göth das Konzentrationslager Płaszów bei Krakau. Er herrschte wie ein Tyrann, erschoss wahllos Häftlinge, ließ ihre toten Körper von seiner Dogge und seinem Schäferhund zerfleischen. Steven Spielberg griff die Figur in seinem Film „Schindlers Liste“ auf. In einer Szene feuert Spielbergs Göth mit einem Jagdgewehr vom Balkon auf wehrlose Gefangene. Dem Zuschauer schaudert.

Mit 38 erfährt Teege, dass ihr Opa KZ-Wärter war

Teege, Kind einer Deutschen und eines Nigerianers, hat ihren Großvater nie kennengelernt — Göth wurde 1946 hingerichtet, Teege 1970 geboren. Sie war schon 38, als sie das Unfassbare herausfand: Sie, die weltoffene junge Frau mit dunkler Haut, die bei Pflegeeltern aufgewachsen war, in Israel studiert hatte und nun als Werbetexterin mit Mann und Kindern in Hamburg lebte, war die Enkelin eines berüchtigten NS-Massenmörders.

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