Aus unter Schmerzen: Djokovic spürt den Zahn der Zeit

Hyeon Chung (l.) warf bei den Australian Open Novak Djokovic aus dem Turnier

Kampflos wollte sich Novak Djokovic nicht seinem Schicksal ergeben. Also biss der Serbe auf die Zähne.

Mit der letzten Kraft, die ihm geblieben war, stemmte sich Djokovic in der Rod-Laver-Arena gegen das Aus, kämpfte 3:21 Stunden verbissen gegen die Niederlage und musste doch einsehen: Die nächste Generation ist auf dem Vormarsch, zumindest ihn hat sie bereits eingeholt.

Djokovic, 30, unterlag im Achtelfinale angeschlagen dem 21-jährigen Südkoreaner Chung Hyeon 6:7 (4:7), 5:7, 6:7 (3:7).

Djokovic: "Muss die Umstände akzeptieren"

Sein seit Monaten lädierter Ellbogen habe zum Ende des ersten Satzes angefangen, stärker zu schmerzen, sagte Djokovic: "Ich muss die Umstände akzeptieren, auch wenn es frustrierend ist."

Dennoch lobte er Chung, der eine jüngere und zumindest derzeit fittere Ausgabe seiner selbst ist: "Er war wie eine Wand. Beeindruckend. Er hat sich den Sieg verdient."

Zwei Tage nach seinem Fünfsatzsieg über den Weltranglistenvierten Alexander Zverev zog Chung als erster Südkoreaner in der Tennisgeschichte in die Runde der besten Acht bei einem Grand Slam ein. "Heute Nacht ist ein Traum wahr geworden", sagte er: "Es ist eine Ehre, gegen Novak zu spielen. Als ich klein war, habe ich versucht, ihn zu kopieren. Er war mein Idol."

Chung: Hatte noch Luft für zwei Stunden

Das hielt Chung nicht davon ab, Djokovic dessen fortgeschrittenes Alter vor Augen zu führen. "Ich bin jünger als Novak, für mich hätte es noch zwei Stunden so weiter gehen können", sagte er.

Am Mittwoch geht es für Chung, der 2017 das Saisonfinale der besten U21-Spieler in Mailand gewonnen hatte, im Viertelfinale gegen die andere Turnierüberraschung weiter: Tennys Sandgren aus den USA.

Nach vier gescheiterten Anläufen in der Qualifikation hatte sich der 26-Jährige in diesem Jahr zum ersten Mal für das Hauptfeld in Melbourne qualifiziert, nutzte die Schwäche des Schweizers Stan Wawrinka sowie die Unerfahrenheit des Nürnbergers Maximilian Marterer aus und kämpfte auch den Österreicher Dominic Thiem nieder.

Nach dem 6:2, 4:6, 7:6 (7:4), 6:7 (7:9), 6:3 in fast vier Stunden sagte Sandgren von sich selbst erstaunt: "Keine Ahnung, ob das ein Traum ist oder nicht."

Modell Federer funktioniert nicht

Djokovic erwachte derweil unsanft aus seinem Traum, sich mit dem siebten Titel zum alleinigen Rekordsieger in Melbourne zu krönen. Gegen Chung ließ er sich am rechten Fuß behandeln, am Samstag hatte sein Rücken gezwickt - und der Ellbogen will einfach nicht besser werden.

Wie es nun weitergeht, konnte Djokovic nach dem Aus noch nicht sagen, allerdings muss er sich eingestehen, dass die sechs Monate Pause vor dem australischen Tennissommer nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben.

Dabei hatte sich Djokovic ein Beispiel an Roger Federer genommen, der Schweizer war 2017 nach einem halben Jahr Auszeit mit dem Titelgewinn in Melbourne auf die Tour zurückgekehrt. Anders als Djokovic ist Federer das Alter kaum anzumerken, nach dem 6:4, 7:6 (7:3), 6:2 gegen den Ungarn Marton Fucsovics ist der 36-Jährige noch immer ohne Satzverlust.

Im Halbfinale könnte Federer auf Chung treffen. Melbourne freut sich bereits auf das nächste Generationenduell.