Als AfD-Mann "europäische Lösungen" fordert, reicht es der "Markus Lanz"-Runde

Am Donnerstagabend diskutierte Markus Lanz (links) mit seinen Gästen über die deutsche Migrationspolitik. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Am Donnerstagabend diskutierte Markus Lanz (links) mit seinen Gästen über die deutsche Migrationspolitik. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Die AfD blickt auf große Wahlerfolge zurück - womöglich auch die Folge eines Strategiewechsels. Bei "Markus Lanz" reizte der hessische Fraktionschef die Runde mit betont gemäßigter Rhetorik. "Echt schwierig" und eine "Fassade" nannten das die ZDF-Talk-Gäste.

Bei den jüngsten Landtagswahlen in Hessen und Bayern hat die AfD starke Zugewinne verbuchen können. Weithin wird das auch als Missbilligung der in Berlin regierenden Ampel-Parteien verstanden.

Bei "Markus Lanz" gab FDP-Politikerin Linda Teuteberg offen zu, dass beim Thema Migrations- und Flüchtlingspolitik einige Fehler passiert seien, die es nun zu korrigieren gelte. Laut Teuteberg brauche es "einen Konsens darüber, dass wir rechtsstaatlich Migration auch unter Kontrolle bringen (...). Dass wir schauen: Wie kriegen wir wirklich gelingende Integration hin?"

FDP-Politikerin Linda Teuteberg: Fokus auf Migrationspolitik

FDP-Politikerin Linda Teuteberg gab im Gespräch mit Lanz zu, dass das Wahlergebnis in Hessen
FDP-Politikerin Linda Teuteberg gab im Gespräch mit Lanz zu, dass das Wahlergebnis in Hessen "weh tat". (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Natürlich tue ihr das Wahlergebnis weh - die FDP erreichte in Hessen nur knapp den Landtag, in Bayern nicht. Doch jetzt, so Teuteberg weiter, gehe es darum, "dringend über Prioritäten zu sprechen" und als Deutschland und Europa zu zeigen: "Wir können Flüchtlinge und Grenzen schützen."

Markus Lanz zeigte sich von der Ankündigung wenig beeindruckt und hakte nach: "Ist Christian Lindner eigentlich noch der Richtige an der Spitze Ihrer Partei?" Auf diese Frage wollte die FDP-Politikerin jedoch partout nicht antworten und sagte schlicht: "Die Frage stellt sich jetzt nicht." Sie plädierte stattdessen dafür, sich auf die positiven Veränderungen und Entwicklungen in der Migrationspolitik zu fokussieren.

Grünen-Mann ärgert sich über Anläufe mit "genau den Mitteln, die nicht helfen"

Darauf reagierte der ebenfalls anwesende Grünen-Politiker Belit Onay mit ernster Miene. Der Oberbürgermeister von Hannover, der neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit hat, kritisierte: Das Migrationsproblem werde nicht durch die vorgeschlagenen Maßnahmen gelöst. Onay: "Dieses Thema Außengrenzlager ist nicht neu. (...) Der Türkei-Deal ist nicht neu. Auch die Grenzkontrollen sind nicht neu." Der Grünen-Mann ärgert sich: Es gebe immer wieder neue Anläufe "genau mit den Mitteln, die nicht helfen".

Robert Lambrou, AfD-Fraktionschef im hessischen Landtag, hielt dagegen: "Ich kenne nichts Radikaleres in diesem Land als die Politik der Bundesregierung unter Angela Merkel und Olaf Scholz in Bezug auf die Masseneinwanderung." Lambrou ergänzte wütend: "Eine Mehrheit der Bevölkerung (...) möchte eine Begrenzung dieser Masseneinwanderung, und ich frage mich: Wie lange kann man eigentlich gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung Politik machen in einer Demokratie?"

"Wir möchten von der AfD niemanden ertrinken lassen"

Robert Lambrou ist Fraktionschef der AfD im hessischen Landtag. Bei
Robert Lambrou ist Fraktionschef der AfD im hessischen Landtag. Bei "Markus Lanz" forderte er "europäische Lösungen" in der Flüchtlingsfrage. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

Der AfD-Politiker beteuerte, dass er sich Sorgen "um die Zukunft dieses Landes" mache und er deshalb froh über das gute Abschneiden seiner Partei bei den Landtagswahlen sei, denn: "Eine starke AfD übt Druck aus. Und deswegen ist eine Stimme für die AfD eine Stimme, die wirkt."

Markus Lanz versuchte daraufhin, mit dem Politiker über klare Lösungsansätze in der Migrationspolitik zu sprechen. Lambrou erklärte, dass eine sinnhafte Lösung "in letzter Konsequenz (...) das australische Modell" sei. Das Land - wohlgemerkt ein Inselstaat - lässt seit 2013 Flüchtlingsboote abfangen und umkehren, Bootsmigranten werden in ein Lager in dem Inselstaat Nauru gebracht. Eine Asylpolitik, die international als hochumstritten gilt und auch bei Markus Lanz für Sorgenfalten auf der Stirn sorgte.

AfD-Mann Lambrou versicherte auf die kritischen Nachfragen des Moderators: "Wir möchten von der AfD niemanden ertrinken lassen. Wir sehen auch die Not der Menschen oder die Hoffnung auf ein besseres Leben, das sie nach Europa treibt."

Robin Alexander (links) und Belit Onay debattierten über den neuen Migrationskurs der Ampel. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)
Robin Alexander (links) und Belit Onay debattierten über den neuen Migrationskurs der Ampel. (Bild: ZDF / Cornelia Lehmann)

"Wenn ich Ihnen Ihr Programm vorlese, dann sagen Sie: Das gilt nicht."

Gleichzeitig stellte der AfD-Politiker jedoch auch klar, dass er "die Interessen der Bürger dieses Landes (...) und nicht die Interessen der Menschen, die nach Deutschland kommen wollen", vertrete. Als Markus Lanz ihn daraufhin erneut um konkrete Lösungsansätze bat, sagte Lambrou, dass es "in der Tat europäische Lösungen" geben müsse. Eine Aussage, die Lanz einigermaßen fassungslos machte. Er hakte nach: "Sie sind doch die AfD! Sie wollen doch die EU abschaffen!?"

Sie sind doch die AfD! Sie wollen doch die EU abschaffen!?Markus Lanz zu Robert Lambrou

Von der Zuschreibung distanzierte sich Lambrou jedoch umgehend und sagte: "Nein, wir wollen die EU reformieren und auf einen Kern zurückführen." Er wolle ein "funktionierendes Europa" und erklärte: "Dass es einen Reformbedarf gibt, wird keiner bestreiten können." Wenn die EU-Reform jedoch nicht gelingen sollte, sei laut Lambrou der letzte Ausweg "der Ausstieg von Deutschland aus der EU".

Journalist Robin Alexander zeigte sich verwirrt und kritisierte: "Wenn ich Ihnen Ihr Programm vorlese, dann sagen Sie: Das gilt nicht." Das mache es "echt schwierig". Auch Belit Onay wetterte gegen die schwammige Rhetorik des AfD-Mannes: "Sie sind durchgesegelt genau mit diesem gemäßigten Ton, mit dieser Fassade, durch den Hessen-Wahlkampf." Ein Vorwurf, den sich Robert Lambrou nicht gefallen lassen wollte. Er konterte: "Das ist keine Fassade, das ist der Kern!"

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