Analyse: Das neue Dreamteam Russland & Iran – ist der Ruf erst ruiniert…

Shakehands unter Schurken: Der russische Präsident Wladimir Putin (rechts) und Irans Präsident Ebrahim Raisi bei einem Treffen in Samarkand im September (Bild: Sputnik/Alexandr Demyanchuk/Pool via REUTERS)
Shakehands unter Schurken: Der russische Präsident Wladimir Putin (rechts) und Irans Präsident Ebrahim Raisi bei einem Treffen in Samarkand im September (Bild: Sputnik/Alexandr Demyanchuk/Pool via REUTERS)

Wer tief sinkt, schert sich nicht um die Qualität der Freunde. Dies widerfährt gerade den Regimen in Moskau und in Teheran. Ihr moralischer Bankrott liegt offen zutage. Bleibt die Frage, wie lange sich sowas hält.

Ein Kommentar von Jan Rübel

Mit Drohnen also will Wladimir Putin die Ukraine erobern. Zwar erstreckt sich dessen Staatsterritorium über 603.700 Quadratkilometer, fast das Doppelte Deutschlands. Aber es sind die Mittel, die dem Lügenverbrecher im Kreml geblieben sind. Also lässt die russische Regierung bewaffnete Drohnen in die Ukraine steuern, manche in Kamikazemission. Sie greifen nicht nur militärische Infrastruktur an, sondern auch scheinbar wahllos Wohnhäuser, wie in Kiew. Es soll Terror verursachen. Putin ist ein Terrorist.

Die Folgen haben einen Namen. Vika und Bohdan zum Beispiel, in den Sozialen Medien kursiert Vikas Bild, weil sie eine Sommeliere in Kiew war. Mitte dreißig, schwanger mit Bohdan, einem IT-Angestellten; beide wurden Arm in Arm in ihrer Wohnung begraben, als eine Drohne das Wohnhaus zerstörte. Und schon hört man in Gedanken eine Sahra Wagenknecht murmeln, natürlich sei der Angriffskrieg Russlands zu verurteilen aber … die deutschrussische Freundschaft lässt man kaum rasch anbrennen, wenn solch eine Drohne nicht das eigene Wohnzimmer ansteuert.

Nun wächst zusammen…

Die Drohnen kommen aus dem Iran. Seit vielen Jahren hat sich das Teheraner Regime auf diese Kriegsführungselemente spezialisiert, liefert sich einen heimlichen Wettlauf und auch einen geheimen Krieg mit Israel auf dieser Luftebene. Und Pack hält zusammen, kann man sagen: Nicht erst seit gestern bestehen strategische Allianzen zwischen den Regierungen Russlands und Irans. Noch im Sommer beteuerten die Mullahs, man werde Russland keine Waffen liefern. Seit nun durchsickert, dass heimlich hunderte Drohnen nach Russland verschickt worden, behauptet Teheran immer noch, nichts damit zu tun zu haben. Aber dies ist eine offensichtliche Lüge. Schon interessant, wie ein Theologe, der sich auf Grund des religiösen Wissens und der angenommenen Leitung durch Gott zur politischen Führung bestimmt sieht, es fertigbringt, frei herauszulügen. Der oberste Religionsführer im Iran, Ali Khamemei, ist auch solch ein Lügner – im iranischen Herrschaftssystem stinkt es vom Kopf her.

So sagte Khamenei eine Woche nach Beginn des russischen Angriffskrieges, die USA seien "mitverantwortlich für die derzeitige Krise". Wie überall in solchen Fällen, blieb er einen Beleg schuldig, das eint ihn mit Wagenknecht. Vier Monate später, bei einem Besuch Putins in Teheran, fabulierte der Religionsführer: Wenn Russland nicht „die Initiative ergriffen hätte, dann hätte die andere Seite die Initiative ergriffen und den Krieg angefangen". Aha. Die Ukraine hätte also von sich aus Russland angegriffen? Oder gar die USA? Und auf welcher Grundlage? Sollte man Khamenei ernst nehmen, wäre es nur eine des Schwachsinns. Aber der Theologe lügt einfach nur. Den Rest soll er mit Gott und der iranischen Bevölkerung ausmachen, die ihn hoffentlich bald in die Rente schickt.

Beide Regime brauchen einander. Ihr Ruf ist derart ruiniert, dass man sich nicht mehr geniert. Der Feind meines Feindes ist mein Freund – das ist das Band zwischen Moskau und Teheran. Dies war früher anders.

Im Zuge der Revolution im Iran stellte sich noch Ruhollah Khomeini abseits Moskaus, zu gottlos kam ihm die Sowjetherrschaft vor. Doch Pragmatismus bewog seine Nachfolger zu einer Annäherung; man brauchte Waffen aus russischer Produktion. Später, im Krieg um Syrien, verbanden sich Iraner und Russen, um gemeinsam die Diktatur Baschar al-Asads zu stützen: Die Russen bombardierten aus der Luft, und die Iraner schickten Pasdaran sowie die libanesische Hizbullah am Boden voran.

Auf die Drohnen muss reagiert werden

Mittlerweile hat sich das Machtgefüge indes umgekehrt. Bisher dominierte Russland die Beziehungen – nun braucht Moskau angesichts seines sich leerenden Waffenarsenals militärische Güter aus dem Iran. Und kriegt sie.

Um die Angelegenheit noch komplizierter zu gestalten, bittet die Ukraine nun Israel um Hilfe. Denn das Land liefert sich seit Jahren einen Kampf der Drohnen mit Iran über syrischem Territorium. Sofort hat Russlands Ex-Präsident Medwedew, der gerade als Putins medialer Pitbull agiert, der israelischen Regierung gedroht; bisher hat Tel Aviv die Füße stillgehalten, die Ukraine auch wenig unterstützt. Die israelisch-russischen Beziehungen sind viel- und tiefschichtig, russische Einwanderer stellen in Israel mittlerweile einen Anteil von 20 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Wer Opfer und wer Pack ist, tritt jetzt offen zutage. Manche Verhältnisse klären sich. Man muss nur hinschauen. Und sich nicht seine eigenen Märchen stricken.

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