„Andere Länder werden von uns ermutigt“ - Mit der „Rülps-Steuer“ wagen jetzt die Dänen, was sich Deutschland nicht traut

Mit der „Rülps-Steuer“ wagen jetzt die Dänen, was sich Deutschland nicht traut<span class="copyright">Getty Images/iStockphoto</span>
Mit der „Rülps-Steuer“ wagen jetzt die Dänen, was sich Deutschland nicht trautGetty Images/iStockphoto

Nach den heftigen Bauernprotesten versuchen Deutschland und andere große EU-Staaten, die Agrarbranche mit Entlastungen zu besänftigen. Die dänische Regierung geht den entgegengesetzten Weg - mit einer neuen Klima-Steuer, die nur die Landwirtschaft trifft. Das Besondere: Selbst die Agrarbranche unterstützt das.

Acht Prozent – das ist der nicht unerhebliche Anteil, den die Landwirtschaft in Deutschland zu den gesamten CO2-Emissionen der Bundesrepublik. Im EU-Durchschnitt sind es sogar zehn Prozent. Und doch müssen Bauern im Gegensatz zu anderen Sektoren wie Energie, Industrie, Verkehr und Gebäuden in der EU bislang keinen CO2-Preis für ihren Ausstoß bezahlen.

Angesichts der Bauernproteste in vielen Ländern Europas vom letzten Winter ist es derzeit jedoch unwahrscheinlich, dass diese Ausnahme angetastet wird. Mit Ausnahme eines Landes: Dänemark. Dort trägt die Landwirtschaft sogar 35 Prozent zu den Gesamtemissionen bei – dem soll nun ein Riegel vorgeschoben werden.

Eine Steuer gegen das Rülpsen von Kühen

Die dänische Regierung will den Vorstoß wagen und als erster Staat der Welt eine CO2-Steuer auf die Produktion von Fleisch und Milch einführen. Umgangssprachlich ist die neue Abgabe auch als „Rülps-Steuer“ bekannt: Denn vor allem der Ausstoß des klimaschädlichen Gases Methan durch Rinder soll dadurch bekämpft werden.

Zwar verschwindet Methan wieder schneller aus der Atmosphäre als Kohlendioxid (CO2), dafür ist es über 20 Jahre betrachtet etwa 80-mal so klimaschädlich wie CO2, weil es weitaus mehr Wärme auf der Erdoberfläche binden kann. Studien zufolge ist Methan alleine für 0,5 Grad der bisherigen 1,1 Grad Erderwärmung durch den Menschen verantwortlich.

Die Einnahmen aus der neuen Abgabe will Dänemark in den Klimaschutz reinvestieren. Ein umgerechnet 5,4 Milliarden Euro schwerer Grünflächenfonds soll die Aufforstung von 250.000 Hektar finanzieren, um weiteres CO2 aus der Atmosphäre abzuziehen. Außerdem sollen 140.000 Hektar Moore wieder in ihren natürlichen Urzustand überführt werden, um sie als Speicher für Kohlendioxid zu nutzen.

Obwohl sie mehr zahlen: Selbst die Landwirte sagen Ja

Gelten soll die dänische Klimasteuer ab 2030. Dann sollen Schweinemast- und Milchbetriebe für jede von ihnen ausgestoßene Tonne CO2 insgesamt 300 dänische Kronen zahlen – nach derzeitigem Wechselkurs rund 40 Euro. Danach steigt die Abgabe bis 2035 auf umgerechnet 101 Euro je Tonne. Das entspricht der Steuer, die die dänische Industrie ab 2030 pro Tonne CO2 zahlen muss, teilweise zusätzlich zum EU-Emissionshandelspreis.

„Andere Länder werden dazu von uns ermutigt“, sagte der sozialdemokratische Steuerminister Jeppe Bruus Christensen. In der Vergangenheit hatte lediglich Neuseeland ebenfalls einmal eine CO2-Steuer für Agrarbetriebe geplant, das Vorhaben jedoch nach heftigen Protesten wieder fallen lassen.

In Dänemark wiederum regte sich nur wenig Unmut unter Landwirtinnen und Landwirtinnen. Es seien zwar „lange und sehr schwierige Verhandlungen gewesen“, sagte Søren Søndergaard, Vorsitzender des mächtigen dänischen Landwirtschafts- und Lebensmittelverbands. „Aber wir haben auch echten Einfluss erhalten und Spuren hinterlassen, die entscheidend sein werden für die Zukunft der dänischen Lebensmittelproduktion sowie der kommenden Generationen von Landwirten.“

Ihre Zustimmung lassen sich die Landwirte durchaus vergüten. Im Austausch für die Klimasteuer sollen sie eine Reihe von Entlastungen bei der Einkommenssteuer erhalten. Somit fällt die tatsächliche finanzielle Mehrbelastung geringer aus, Schätzungen zufolge liegt sie dann nur noch zwischen 15 und 30 Euro pro Tonne CO2. Zudem kann die Klimasteuer ganz vermieden werden, wenn Landwirte in bestimmte Umwelt- und Klimaschutztechnologien investieren. Im Jahr 2032 soll außerdem geprüft werden, ob die Steuer die Wettbewerbsfähigkeit der dänischen Bauern belastet.

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„Eine solche Einigung ist sehr heikel“

Hilfreich auch: Die Steuer war von langer Hand vorbereitet. Bereits im Februar hatte die Regierung in Kopenhagen sich mit Vertretern mit Lebensmittelindustrie, von Klimaorganisationen und eben auch der Landwirtschaft an einen Tisch gesetzt und über das Gesetz verhandelt. Eine Expertenrunde hatte drei verschiedene Optionen vorgelegt, über die dann debattiert wurde.

Die Experten hatten einen CO2-Preis von umgerechnet 100 Euro pro Tonne vorgeschlagen - um den Widerstand so gering wie möglich zu halten, setzte die Regierung ihn jedoch auf 40 Euro hinunter. Klimaschützer sind mit dem Gesetz daher nicht zufrieden, als „enttäuschend niedrig“ bezeichnete etwa die dänische Klima-Denkfabrik Concito den CO2-Preis. Die dänische Regierung verteidigte den Kompromiss: „In einem Europa, in dem Landwirte in die Städte fahren und dort Reifen verbrennen und sich Klimaaktivisten auf Autobahnen kleben, ist eine solche Einigung sehr heikel“, sagte Außenminister Lars Løkke Ras­mussen von der Partei „Die Moderaten“.