Angeschossen: Ein Augenzeuge schildert den Horror der Bataclan-Geiselnahme

Der Journalist Daniel Psenny während einer TV-Aufnahme. (Bild: Yahoo Nachrichten)
Der Journalist Daniel Psenny während einer TV-Aufnahme. (Bild: Yahoo Nachrichten)

Der französische Journalist Daniel Psenny hat die Anschläge auf die Bataclan-Konzerthalle aus nächster Nähe miterlebt. Er schildert, wie er einem Opfer helfen wollte und dabei selbst ins Visier der Terroristen geriet.

Daniel Psenny arbeitet als Journalist für „Le Monde“. Er wohnt hinter der Bataclan-Konzerthalle und wurde am Freitag verletzt, als er versuchte, die fliehenden Verletzten aus der Konzerthalle zu retten.

Eine aus einem Fenster abgefeuerte Kugel durchschlug seinen linken Arm. Gegen drei Uhr morgens wurde er in die Notaufnahme des Georges-Pompidou-Krankenhauses gebracht. Laut Stand von Samstagmorgen wartete er dort zusammen mit etwa 30 weiteren Opfern auf eine Operation.

„Ich war gerade zu Hause am Arbeiten“, sagte er „Le Monde“. „Der Fernseher war an und es lief ein Film, in dem Jean-Hugues Anglade einen Polizisten spielt. Ich hörte einen böllerähnlichen Knall und dachte zunächst, dass das der Film war. Aber der Knall war laut, also ging ich zum Fenster. Ich wohne im zweiten Stock mit direktem Blick auf die Notausgänge des Bataclan. Da geht es manchmal stürmisch zu, aber in dem Moment rannten die Leute einfach in alle Richtungen. Ich sah Menschen auf dem Boden, Blut... Mir wurde klar, dass es ernst war."

Psenny berichtet weiter: "Ich fragte, was da gerade passierte. Jeder rannte Richtung Rue Amelot und Boulevard Voltaire. Eine Frau klammerte sich an ein Fenster im zweiten Stock des Bataclan. Ich dachte an die Bilder vom 11. September. Dann beschloss ich, hinunterzugehen und meine Tür zu öffnen, damit die Leute Schutz suchen können. Also öffnete ich die Tür und sah einen Mann auf dem Gehweg liegen. Zusammen mit einem anderen Mann zog ich ihn in den Eingangsbereich. In dem Moment muss ich eine Kugel abbekommen haben. Ich erinnere mich nicht daran, es ist wie ein Filmriss. Aber es fühlte sich an, als wäre ein Böller in meinem rechten Arm explodiert, und ich sah das Blut herausspritzen."

Während die Attentäter weiter feuern, versucht er sich wieder in Sicherheit zu bringen: "Ich glaube, der Attentäter war an einem der Fenster des Bataclan. Wir gingen hinauf in die Wohnung eines Nachbarn im vierten Stock. Dem Mann, den wir hineingebracht hatten, war ins Bein geschossen worden. Es war ein Amerikaner, er musste sich übergeben, er war ausgekühlt und wir dachten, er würde sterben. Wir riefen die Feuerwehr, die uns allerdings nicht helfen konnte. Ich telefonierte mit einer befreundeten Ärztin und sie erklärte mir, wie ich die Wunde mit meinem Shirt abbinden sollte. Wir saßen dort so lange fest, bis die Polizei zugriff und die Anti-Terror-Einheit uns herausholte.“

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