Arbeitet der Präsident zu wenig? Die USA diskutieren über Trumps geleakten Terminkalender

Donald Trump ist kein Freund von rigiden Tagesabläufen, wie kürzlich veröffentlichte Dokumente zeigen. (Bild: AP Photo/Evan Vucci)
Donald Trump ist kein Freund von rigiden Tagesabläufen, wie kürzlich veröffentlichte Dokumente zeigen. (Bild: AP Photo/Evan Vucci)

Ein Leak von Donald Trumps offiziellen Tagesabläufen sorgt aktuell für eine Kontroverse: Von einem anonymen Mitarbeiter des Weißen Hauses veröffentlichte Dokumente legen mehrere Monate im Trumps Präsidentschaft offen. Es sind vor allem die Leerstellen, über die heftig diskutiert wird.

Wirft man einen Blick auf die Dokumente, die das US-Magazin “Axios” veröffentlichte, fällt auf, dass rund 60 Prozent von Trumps Tagesablauf aus vermeintlich unstrukturierter “executive time” besteht. Dieser etwas schwammige Begriff ist ein Konzept, das laut “CNN” von seinem ehemaligen Stabschef John Kelly erstellt wurde, da Trump kein Freund von einem strikt geplanten Tagesablauf und allzu vielen Meetings sein soll. Trump soll die “executive time” unter anderem für TV und Twitter nutzen.

In der Zeit vom 7. November 2018 bis zum 1. Februar 2019 habe Trump laut “Axios” 297 Stunden und 15 Minuten “executive time” verbracht, nur 77 Stunden und 5 Minuten nutzte der Präsident für Meetings. 39 Stunden wurden in dieser Zeit für Essen genutzt, Veranstaltungen nahmen 38 Stunden und 20 Minuten seiner Zeit ein.

“Axios verfügt über eine Kopie von Trumps täglichem Ablauf der letzten drei Monate und er zeigt, dass der Präsident rund 60 Prozent mit unstrukturierter ‘executive time’ verbracht hat.”

Trump beginnt seinen Tag laut Plan meist um 8 Uhr, die ersten Meetings sind für 11 Uhr angesetzt – zu dieser Zeit kommt der Präsident ins Büro. Das heizte die Diskussion an, ob der von Trump absolvierte Arbeitsumfang dem eines US-Präsidenten entspricht.

Es sind nicht die ersten Leaks dieser Art – schon im Oktober 2018 veröffentlichte “Axios” ähnliche Dokumente. Das US-Magazin “Politico” erklärte damals, Trumps unstrukturierter Tagesablauf definiere seine Präsidentschaft. Zwar sei Trump nicht der erste Präsident, der auch außerhalb von anberaumten Terminen operieren würde. “Aber sogar Trump-Vertraute, die behaupten, der Präsident sei ständig am Arbeiten, stimmen zu, dass Trumps Präsidentschaft von seiner Freizeit geradezu definiert wird und kurzfristige Schreckgespenster “die treibende Kraft hinter seiner Agenda sind, mehr als langfristige Visionen”.

Die US-Medien sind gespalten

CNN-Reporter Chris Cuomo kritisierte Trump nun scharf: “Man muss sich fragen – wer macht eigentlich den Job des Präsidenten?”. Zahlreiche US-Medien sind ähnlicher Meinung: Die Dokumente zeigen nicht nur Trumps unstrukturierten Tagesablauf, sondern deuten auch auf seine impulsiven, oft scheinbar nicht hinreichend mit seinem Team abgestimmten Aktionen hin.

Die Pläne implizieren aber nicht notwendigerweise nur, dass Trump potenziell über viel Freizeit verfügt, sondern etliche Meetings und Telefonate auch außerhalb des offiziellen Rahmens – und damit oft undokumentiert absolviert.

Der Trump-nahe Sender “Fox News” sah das wenig überraschend etwas anders. Im Interview mit Moderatorin Martha MacCallum erklärte der Journalist Howard Kurtz, dass der Leak nur dazu da sei, um Donald Trump schlecht dastehen zu lassen. “Für mich und für den Durchschnittsamerikaner: Wen kümmert es, wie sein Kalender aussieht, solange er die Dinge fertigbekommt?”, so Kurtz. MacCallum stimmte zu: Trumps Kalender höre sich nach viel Arbeit an – dass er viel TV schaue, gäbe er ja selbst zu, so die Moderatorin. “Für mich klingt das so, als ob er in seiner Wohnung sitzt und die Arbeit macht, die er sonst eben im Oval Office machen würde.”

Jon Healy versuchte in der “Los Angeles Times”, etwas zu differenzieren: “Es gibt eine Menge Arten, wie man den Job eines Präsidenten machen kann, und manche sehr gute Zugänge inkludieren einen Kalender, der mehr wie jener von Trump als ein Dokument eines Buchmachers aussieht”. Es sei ein Fehler, Schlüsse über Trumps Arbeitspensum zu ziehen, nur weil er offensichtlich “keinen besonderen Appetit auf Terminplanung hat”.

So reagieren Twitter-User auf den Leak

Auf Twitter sorgen die Kalender-Leaks für überwiegend kritische Reaktionen.

Berkley-Professor Robert Reich kritisiert, Trump habe inmitten des Regierungs-Shutdowns massig Freizeit genossen.

“Mitten im Government Shutdown – als Hunderte Beamte ohne Bezahlung arbeiteten – gab es einen Tag, an dem Trump ein einstündiges Treffen hatte, der Rest war ‘executive time’. Ich schätze, er fühlte sich wohl beurlaubt.”

Das sieht ein anderer Nutzer ähnlich:

“Vergesst nie: Während Amerikanische Familien wegen des längsten Government Shutdown in der Geschichte der USA gelitten haben, genoss Trump seine wohl wichtigere ‘executive time’.”

Es hagelt viel Spott für den US-Präsidenten.

“Trump kann ausschlafen und jeden Tag brunchen. Ja, die ‘executive time’ wird gut genutzt vom POTUS.”

“Das ist auch der Grund, warum andere Präsidenten ergrauen und Trump nicht: Die anderen arbeiten! Trump hat die ‘executive time’ erschaffen und Faulheit auf ein ganz neues Level gehievt.”

“Trump beginnt nicht vor 11 Uhr mit dem Arbeiten und verbringt 60 Prozent seines Tages mit ‘executive time’, wo er, neben anderen Dingen, TV guckt und tweetet. Wer hätte geahnt, dass ich während meiner Arbeitslosigkeit in Wirklichkeit geübt habe, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu sein.”

“Jeder muss Trumps Tagesablauf lesen. Reagan hat mehr Arbeit im Weißen Haus verrichtet und das mit voll ausgebrochenem Alzheimer. Trump kommt vor 11 Uhr nicht mal ins Oval Office und das meiste seines Tages ist ‘executive time’. Es ist wirklich erstaunlich.”

Für die meisten Twitter-Nutzer scheint klar: “executive time” ist ein anderes Wort für Freizeit.

“Wir können alle von Donald Trump etwas über Selbstpflege lernen und uns daran erinnern, mindestens eine Stunde pro Tag ‘executive time’ zu nehmen”.

Reaktion des Weißen Hauses

Trumps Pressesprecherin Sarah Sanders verteidigte gegenüber “Axios” Trumps Tagesablauf. “President Trump hat eine andere Führungsart als seine Vorgänger, und die Resultate sprechen für sich”. Trump verbringe “viel seines durchschnittlichen Tages mit anberaumten Meetings, Events und Telefonaten”, so Sanders. Das Konzept der “executive time” diene dazu, “eine kreativere Umgebung zu erschaffen, die ihm dabei half, der produktivste Präsident in der jüngeren Geschichte zu werden”.

Trumps persönliche Sekretärin Madeleine Westerhout erklärte, Trump arbeite “härter für das amerikanische Volk als irgendeiner in der jüngsten Geschichte”. Die geleakten Dokumente zeigten nicht “die Hunderten Telefonate und Treffen”, die Trump absolviere.

Der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, verglich Trumps Arbeitsweise mit jener von Winston Churchill. “Wenn Trumps Terminkalender zu dem führt, was er geschafft hat, dann sollte man ihm für seinen Fokus applaudieren”, so Gingrich.