Ausgebuht und beworfen: Peter Maffay erzählt bei VOX vom Tiefpunkt seiner Karriere
Zum vierten Mal bereits moderiert Johannes Oerding in diesem Jahr die erfolgreiche VOX-Show "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert". Damit ist er länger dabei als jeder andere Gastgeber vor ihm. "Es wurden schon viele Songs von mir gesungen und viele Künstlerstories über mich erzählt", sagte er zu Beginn der vierten Folge. "Da habe ich mir gedacht: Wie wär's, wenn wir jemand anderen ein paar Geschichten erzählen lassen?"
Oerding schenkte seine Folge deswegen einem guten Freund, und zwar niemand Geringerem als Musiklegende Peter Maffay, der in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiert. Als Special Guest blickte der Deutschrocker auf seine über 50-jährige Musikkarriere und sein bewegtes Leben zurück - und war von den neuen Versionen seiner Songs am Ende selbst sehr bewegt.
Mit 20 Nummer-1-Alben ist Peter Maffay der erfolgreichste Künstler Deutschlands. Kein Wunder also, dass es mit 2 Stunden und 15 Minuten eine XXL-Folge wurde. Maffay erzählte, wie er die Schule schwänzte, um Musik zu machen, wie ihm eine Jukebox half, erste Songs zu erlernen, und wie seine Shows im Vorprogramm der Rolling Stones zur Vollkatastrophe wurde. "Da gab es so was von auf die Schnauze. Volle Cola-Büchsen - alles, was du dir vorstellen kannst, flog auf die Bühne, und wir wurden ausgebuht", erinnerte er sich. "Das war das beste Lehrstück, das man haben konnte."
Ein Song über Geschlechtsverkehr? Maffay wird rot.
Doch nicht nur Maffay selbst hatte viel zu erzählen. Jeder auf der Couch hatte eine persönliche Geschichte mit ihm auf Lager. "Peter Maffay ist für mich von klein auf eine Größe", sagte Soul-Sängerin Joy Denalane, die sich seine zweite Nummer-1-Single "So bist du" aus dem Jahr 1979 vornahm. Mit seinen Schlagern aus jener Zeit wollte Maffay lange nichts zu tun haben. "Das hat sich radikal geändert, weil du kannst einen Song wie 'So bist du' total gut singen", sagte er. "Ich mag das inzwischen wirklich gerne." Denalanes Soul-Version fand er beeindruckend. "Sehr groovy."
Tim Bendzko derweil erzählte, dass seine Mutter der größte Peter-Maffay-Fan sei, den man sich vorstellen könne. "Eines Tages habe ich großmäulig zu ihr gesagt: Irgendwann kommt der Tag, an dem Peter Maffay an deinem Geburtstag für dich Happy Birthday singen wird". Ein paar Jahre später lud Maffay ihn dann ein, bei Tabaluga mitzumachen, unter anderem am 26. Oktober in Berlin. "Und jetzt ratet, wann meine Mutter Geburtstag hat? Ich bin dann mit ihr zum Soundcheck, Peter stand da im Kreis mit seiner ganzen Band, und dann habt ihr Happy Birthday für meine Mutter gespielt."
Bendzko revanchierte sich nun mit einer modernen Version von "Tiefer" - einen Song, der in seinen Augen von Geschlechtsverkehr handelt. "Du liegst richtig", sagte Maffay und wurde tatsächlich ein bisschen rot. Großes Kichern auf der Couch.
Maffay will mehr Zeit mit der Familie
Dass er auch mit Mitte 70 noch rocken kann, bewies Maffay mit seinem Song "Samstagabend in unserer Straße", bei dem es niemanden auf der Couch hielt. Warum er dieses Jahr trotzdem seine letzte Tour spielt? Das verriet er, als Broilers-Frontmann Sammy Amara "Wann immer" coverte - einen Song für Peters Kinder.
"Mir ist im Laufe der Jahre klar geworden, dass das Leben, das man als Musiker führt, oft zu Defiziten führt, was Kinder anbelangt", gestand Maffay. Was er früher falsch gemacht habe, wolle er bei seiner jüngsten Tochter - sie kam 2018 zur Welt - nicht wiederholen. "Ich entdecke ganz einfach einen Hunger nach dem Ausleben dieser familiären Situation."
Doch zurück zu den Maffay-Geschichten: Emilio sang "Nessaja", weil er mit Tabaluga aufgewachsen ist. "Ich kenn dich nur von den Kassetten, die ich gehört habe. Für mich bist du ein grüner Drache", sagte er. "Das Lied wurde gerade in die Neuzeit geholt", schwärmte Maffay über Emilios zeitgeistige Version.
"Für mich bist du ein grüner Drache"
Eko Fresh derweil erinnerte sich, wie er Maffay eines Tages im Fernsehen sah und seine Mutter sagte "Das ist ein guter, der mag uns". Mit "Schwarze Linien" wählte er einen Song aus, der unter die Haut geht: Das Stück handelt von Maffays Tattoos, allerdings reicherte Eko Fresh ihn mit Zeilen über seine eigenen Tattoos an und unterlegte ihn mit Balkan-Beats.
Eva Briegel von Juli sang eine reduzierte und gefühlvolle Interpretation von "Ich fühl wie du". Als sie 13 war, habe man im Bürgerhaus ihrer Stadt Tabaluga nachgespielt. Briegel wollte damals nicht mitmachen und ärgerte sich im Nachhinein darüber. "Damals schwor ich mir: Nächstes Mal, wenn dich jemand fragt, ob du bei etwas mitmachen willst, sagst du ja! Und so bin ich in meine Band eingestiegen."
"Es ist für mich besonders, lauter solche Geschichten heute Abend zu hören", war Maffay gerührt. "Ich hätte mir nie vorstellen können, dass es diese Verästelungen gibt."
"Ach, Peter, ich hab gedacht, wir kommen ohne heulen hier raus"
Die persönlichste Geschichte allerdings hatte Gastgeber Johannes Oerding. Als Maffays Vater im Sterben lag, bat er Oerding, für ihn den Song "Wenn wir uns wiedersehen" zu schreiben. "Mein Vater war ein wahnsinniger Kämpfer", erzählte Maffay. Er brachte die Familie aus dem kommunistischen Rumänien nach Deutschland. "Ich habe ihn unheimlich bewundert und geliebt und habe ihm eigentlich meine Existenz hier zu verdanken. Hätte er den Schritt nicht gewagt, hätte es mich heute so nie gegeben."
"Wir haben lange auf Bänken gesessen und über all diese Dinge gesprochen", sagte Oerding, bevor er auf die Bühne ging, um eben jenen Song zu singen. "Ich habe versucht, ihn für mich auch gültig zu machen, denn wie du weißt, ist mir ähnliches passiert", sagte er, und spielte damit auf den Tod seines Vaters im Januar dieses Jahres an. "Ach, Peter, ich hab gedacht, wir kommen ohne heulen hier raus", sah Sammy Amara schon die Tränen kommen. Tatsächlich war Maffay sichtlich bewegt, und bei Joy Denalane wurden die Augenwinkel immer feuchter.
Kein Song des Abends bei "Sing meinen Song"
Zum Ende des Abends hatte Peter Maffay dann noch eine Überraschung für Johannes Oerding. "Du hast mal ein Lied geschrieben, das ich sehr wichtig finde", sagte er, bevor er sich die Akustikgitarre griff und das politische Stück "Blinde Passagiere" spielte. "Das habe ich wirklich nicht kommen sehen, das hat mich tief berührt", sagte Oerding.
Ein Song des Abends wurde dieses Mal übrigens nicht gekürt. Dafür gab es noch ein bisschen Honig um den Mund. "Es hätte gereicht, wir sitzen hier, schauen dich an und hören dir zu", sagte Amara zu Maffay. "Dem muss ich ein bisschen widersprechen", erwiderte Maffay. "Mir hätte es gereicht, wenn ich die Klappe gehalten hätte, und ihr hättet gesungen."