Axt-Attacke von Würzburg: Bizarre Berichterstattung der „Tagesthemen“

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Die Axt-Attacke in einem Regionalzug in Würzburg hat am Montagabend zu Überstunden in vielen Redaktionen Deutschlands geführt. Auch die ARD, die wie viele andere TV-Sender nach dem Putschversuch in der Türkei nur sehr zögerlich reagierte und dafür Kritik einstecken musste, widmete sich noch am Abend in den „Tagesthemen“ den Ereignissen. Allerdings wirkte die Berichterstattung bizarr und journalistisch fragwürdig.

Als die „Tagesthemen“ um 23:15 Uhr auf Sendung gingen, war die Lage noch unübersichtlich. Moderator Thomas Roth sprach von einem „blutigen Amoklauf“, bei dem ein Mann „insgesamt 21 Menschen mit Hieb- und Stichwaffen attackiert und zum Teil auch lebensgefährlich verletzt“ haben soll. Schließlich schaltete Roth nach Würzburg, wo Korrespondent Wolfgang Jandl mit weiteren Informationen wartete.

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Jandl allerdings schien nicht mehr zu wissen als die Kollegen in der „Tagesthemen“-Zentrale in Hamburg. Die Nachricht von dem Zwischenfall habe er gegen 22:20 von seinem Sohn erhalten, „der sich Sorgen gemacht hatte, ob ich eventuell rausfahren muss zu diesem Amoklauf als Berichterstatter.“ Jandl sprach weiter von einer Axt, die „in Gerüchten“ als Tatwerkzeug beschrieben wurde. Ob Tote unter den Opfern seien, habe er noch nicht sagen können. Dann sei ihm „auf dem Weg hierher ins Studio […] zu Ohren gekommen, dass der Täter inzwischen gefasst sei.“ Doch auch dabei handelte es sich nur um ein Gerücht.

Woher Jandl seine Gerüchte zu haben schien, wurde dann deutlich. Nachdem Moderator Roth den Reporter nach einer Meldung fragte, wonach der Täter bereits von der Polizei erschossen worden sei, sagte der, dass er das nicht bestätigen könne. Jandl: „Wie gesagt, das Gerücht, das ich gehört habe: Die Polizei habe ihn gekriegt. Es tut mir leid, wenn ich das so salopp formulieren kann. Ich zitiere nur die Personen, die ich in der Tankstelle belauscht habe.“

Ganz offenbar präsentierte der Journalist Informationen, die er nur indirekt bekommen hatte. Das Wort „belauschen“ weckt den Verdacht, dass sich Jandl zumindest in dieser Situation nicht als Berichterstatter zu erkennen gab – eine nach journalistischen Standards fragwürdige Vorgehensweise. Auch ist unklar, wen Jandl „belauscht“ hat. Waren es Polizisten, Rettungskräfte, Tankstellenkunden? Eine Information, die für die Einordnung von Jandls „Gerüchten“ wichtig gewesen wäre.

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Nachdem Fernsehsender zuletzt wegen verspäteter und zurückhaltender Berichterstattung gescholten wurden, wollten die Verantwortlichen der ARD offenbar zeigen, dass auch sie schnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren können. Allerdings wurden zumindest in diesem Fall journalistische Standards sehr großzügig ausgelegt. Das Ergebnis: Die Berichterstattung wirkte überhastet und wenig profund.

Zum Schluss der Sendung zeigten die Journalisten der „Tagesthemen“, dass es auch anders geht. In einem Interview mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) präsentierten sie schließlich handfeste Informationen.

Bild: ARD

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