"Höhle der Löwen": Als berührender Pitch zu scheitern droht, kommt VOX-"Löwen" Idee, "die es so noch nie gab"
Verkehrte Welt in der VOX-Erfindershow: Zwar verblüfften einmal mehr die originellen, nachhaltigen und diesmal auch ein wenig ekligen Geschäftsideen die erfahrenen Geldgeber auf der "Höhle der Löwen"-Tribüne. Doch es geht auch anders: Für eine mutige Problemlösung mit Herz sorgte ein Investoren-Duo.
Es ist der Typ Selbermacher-Geschäftsmann, für den es sich immer wieder lohnt, die VOX-Erfolgsshow "Die Höhle der Löwen" einzuschalten. Der gerade mal 23-jährige Firmengründer Louis, der in der neusten Ausgabe sein Unternehmen "Unique United" vorstellte, ist ein Vorbild, das inspiriert und dessen Energie ansteckt. Und das umso mehr deswegen, weil seine eigenen Startbedingungen alles andere als rosig waren. Louis etablierte seine Firma, obwohl er mit einem Handicap ins Leben ging.
"Zwei Minuten nach meiner Geburt habe ich nicht mehr geatmet", erzählt er in einem bewegenden Rückblick. "Ich habe deswegen zu wenig Sauerstoff bekommen, und daher sind einige Zellen abgestorben", so Louis. "Das hat dazu geführt, dass ich später sprechen, krabbeln und laufen konnte. Auch in der Schule wurde ich unterschätzt und hatte Schwierigkeiten, einen Schulabschluss zu machen." Doch Aufgeben war für den Jungen nie eine Option. Im Gegenteil!
"Trau' dich", sagte der Vater. "Lebe dein Leben."
Louis absolvierte die Realschule und ließ sich zum Fachpraktiker für IT-Systeme ausbilden. Schon früh machte er sich als Problemlöser für ein faireres Miteinander in der Arbeitswelt stark - zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Dafür steht auch "Unique United": Es ist eine Plattform, die Partnern, Verbänden, Bildungsträgern, Firmen und Vereinen ermöglicht, ihre barrierefreien Angebote und Produkte zu präsentieren. So kommen Interessierte an Job- und Fortbildungsvorschläge, aber auch an Freizeitaktivitäten und Reisen.
Weil er selbst um die besonderen Anforderungen für eine inklusive Plattform weiß, hat Louis die entsprechenden Online-Seiten so gestaltet, dass Menschen mit Seh-Beeinträchtigungen einfach die Schriftgröße oder den Kontrast verändern können - oder sie wählen die Option, sich die Informationen gleich vorlesen zu lassen. Der junge Mann ist eng vernetzt - auch in einschlägigen Verbänden.
Unterstützt wird er von seinem Vater Marco. Der sagt: "Wir Menschen ohne Behinderung trauen Menschen mit Behinderung oft wenig zu." Er entschied sich früh, das ganz anders zu handhaben: "Trau' dich", lautete das Motto, das er seinem Louis mitgab. "Lebe dein Leben!" Mit der im Pitch vorgestellten Plattform möchten Vater und Sohn vielen Betroffenen ihren Alltag erleichtern - und ihn bereichern. "Jeder, der eine Behinderung hat, kann Unique United barrierefrei nutzen und für sich selbst und individuell entscheiden", sagt Marco. Es geht darum, so "normal" wie möglich am Alltag teilzunehmen, ohne immer gleich auf Helfer angewiesen zu sein.
"Das hat mich sehr, sehr berührt"
Es ist eine Präsentation, deren Botschaft an den "Löwen" nicht spurlos vorbeigeht. Sie wirken tief bewegt. "Das hat mich sehr, sehr berührt", sagt Janna Ensthaler. Auch Nils Glagau lobt Louis: "Wir sind alle Fans - das ist klar." Dagmar Wöhrl kommen sogar fast die Tränen, so stark findet sie den jungen Gründer, der sich nicht ausbremsen lässt. Doch wird Louis auch die von ihm gewünschten 210.000 Euro (für 35 Prozent der Firmenanteile) erhalten, um "Unique United" noch bekannter zu machen?
Plötzlich wird das Gesicht des jungen Mannes mit der strahlenden Aura lang und länger. Er hat es eben mit Finanz-Experten zu tun, die nicht nur mit dem Herzen entscheiden, sondern auch mit dem Kopf. Um "Unique United", das von Vermittlungsprovisionen der Veranstalter leben soll, profitabel zu machen, braucht es viel Zeit - und Geld.
Nils Glagau ist der erste "Löwe", der sich zurückzieht. Es folgen Ralf Dümmel und Dagmar Wöhrl. Alle schätzen die Idee hinter "Unique United" sehr, sehen aber keinen Ansatzpunkt als Mit-Unternehmer: "Ich wüsste gar nicht, was ich da machen sollte", meint Dagmar Wöhrl. Louis wirkt immer ernüchterter.
"Bitte nicht Elon Musk"
Doch dann kommt doch noch Bewegung ins VOX-Studio: Janna Ensthaler und Carsten Maschmeyer stecken die Köpfe zusammen. "Es ist kein echter Investoren-Case", meint der Start-up-Förderer aus München. Dennoch wollen beide Gründer Louis nicht einfach ziehen lassen.
Die große Überraschung: "Wir haben eine Idee, die es so wahrscheinlich noch nicht gab", heißt es plötzlich von "Löwen"-Seite. Was das ungewöhnliche Duo anbietet: Gemeinsam mit Maschmeyer will Janna Ensthaler das Gehalt für den ersten Mitarbeiter zahlen, den "Unique United" einstellen wird. Allerdings - scherzhaft - mit einer Einschränkung an Louis: "Bitte nicht Elon Musk!". Einen IT-Star aus der Superliga des exzentrischen Tesla-Gründers könne man dann eben doch nicht bezahlen.
Die Unterstützung durch Job-Power soll "Unique United" enormen Rückenwind geben. "Ihr kriegt kein Geld", sagt Carsten Maschmeyer, dafür Manpower, um rasch zu wachsen. "Als Investoren sind wir raus, als Unterstützer wären wir gerne drin."
Ein Deal der etwas anderen Art
Man sieht Louis kurz die Verblüffung an, doch dann sagt er rasch zu. Es ist nicht der Deal, auf den er gehofft hatte, aber es ist auch eine Art Deal. Carsten Maschmeyer freut sich über die bislang wohl originellste "Höhle der Löwen"-Premiere. "Das hatten wir noch nicht, dass die mit einem Mitarbeiter rausgehen." Ein Happy End der etwas anderen Sorte.
Deutlich weniger Glück hatte dagegen der "GelatoPack"-Erfinder Andreas: Zwar lieferte der energiegeladene und äußerst schlagfertige Vertriebsexperte eine nahezu perfekte Präsentation seiner Speiseeis-Verpackungen ab. In sein Unternehmen einsteigen wollte dann aber doch kein "Löwe" - nicht einmal der Eis-Fan Ralf Dümmel. Und auch "Finizio"-Gründer Florian, ein studierter Forstwirt, ging leer aus. Seine Vision einer wasserfreien Toilette, die aus menschlichem "Geschäft" Bio-Dünger machen soll, wirkte zwar inspirierend groß gedacht (und nur ein ganz klein wenig eklig). Doch es blieben letztlich zu viele offene Fragen für einen Deal.
Zur Sensation einer Show ganz ohne Geld-Geschäfte kam es dann aber doch nicht: Das sympathische "Mind Vacations"-Gründerpaar aus Hamburg, das den Genuss von Grün-Tee in eine Art App-unterstützte Achtsamkeitsmeditation verwandeln möchte, überzeugte das Duo Janna Ensthaler und Dagmar Wöhrl. Und der zupackende 70-jährige Mediziner Matthias gewann Ralf Dümmel als Geldgeber zum möglichst breitenwirksamen Verkauf seiner patentierten Zecken-Greifzange "tickSAFE". Auch dieser Deal kommt ins Krabbeln.
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