Beweisverfahren im Opern-Streit: Das nächste Schreckensszenario für Köln

Die Wiedereröffnung der Kölner Oper könnte sich weiter verzögern.

Es ist sicher das größte Schreckensszenario, das sich die Verantwortlichen der Opernsanierung am Offenbachplatz anderthalb Jahre nach der gescheiterten Wiedereröffnung noch vorstellen konnten. Das Ingenieurbüro Deerns – bis November 2015 verantwortlich für die Planung der Gebäudetechnik – hat am Dienstag beim Landgericht Köln ein selbstständiges Beweisverfahren beantragt. Das ist deshalb mit Schrecken verbunden, weil die dazugehörige Untersuchung der Baustelle in der Regel sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Es ist also zu erwarten, dass eine Wiedereröffnung der Oper in noch weitere Ferne rückt, als das ohnehin der Fall ist. Das selbstständige Beweisverfahren gilt in der Baubranche oft als letztes Mittel der Wahl, wenn es ernsthafte Streitigkeiten zwischen dem Bauherrn und einem beteiligten Bauunternehmen gibt. Das Gericht bestellt dann unabhängige Sachverständige, die Mängel begutachten und herausfinden, wer dafür verantwortlich zeichnet. Dabei handelt es sich um eine Prozedur, die üblicherweise einen Baustopp bedeutet, damit keine weiteren Beweise zerstört werden. Die Frage nach der Verantwortung für die Mängel ist der zentrale Punkt in der Auseinandersetzung zwischen den beiden Streitparteien. Die Stadt hat eine Liste mit 8000 Baumängeln beziehungsweise offenen Punkten im Bauablauf angeführt und Deerns für deren Verursachung sowie für das Scheitern der Wiedereröffnung verantwortlich gemacht. Das Ingenieurbüro wiederum streitet das ab und betrachtet sich als Sündenbock. Amarotico wollte runden Tisch „Im Interesse der Kölner Bürger, die auf die Fertigstellung ihrer Oper warten, hätten wir statt des Beweisverfahrens einen »runden Tisch« als Befriedungsprozess bevorzugt“, sagte Deerns-Chef Christoph Amarotico. Seiner Vorstellung nach hätten sich alle Beteiligten zusammensetzen sollen, um zu überlegen, wie es schnellstmöglich weitergehen kann. Leider habe der technische Betriebsleiter der Bühnen, Bernd Streitberger, dieses Angebot abgelehnt. „Damit nimmt die Stadt eine weitere erhebliche Verzögerung in Kauf, obwohl sie weiß, dass sich ihre Mängelvorwürfe gegen Deerns als haltlos herausstellen werden“, so Amarotico. Die Stadt sei zu keinem Zeitpunkt ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung als Bauherrin nachgekommen, obwohl sie permanent alles hätte koordinieren und unter Kontrolle haben müssen. „Immer wieder haben wir darauf hingewiesen, doch offensichtlich gab es für ein Projekt dieser Größenordnung weder die Manpower noch die sonstigen nötigen Voraussetzungen“, sagte der Deerns-Chef. Bernd Streitberger verweist darauf, dass das Landgericht das Beweisverfahren zunächst noch zulassen müsse. „Ich habe mich zuerst erschrocken, weil ich von der Archiveinsturzstelle am Waidmarkt her weiß, was ein Beweisverfahren bedeutet“, sagte Streitberger dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Nach einer eingehenden Analyse des Sachverhalts sei er aber zu dem Schluss gekommen, dass der Bauablauf nicht behindert werde. Die eigenen Gutachter hätten die Mängel bereits untersucht und aufbereitet. Zudem handele es sich nur um einen Teil der Baufehler, die von dem Verfahren betroffen seien. Landgericht weist Klage ab Er lasse sich auch nicht davon abbringen, wie geplant im Juni etwas Genaueres zu einem Termin für die Wiedereröffnung und zur Höhe der erwarteten Kosten zu sagen. Bislang wird prognostiziert, dass die Sanierung mit 460 Millionen Euro zu Buche schlagen wird. Jenseits des Beweisverfahrens hat das Landgericht am Dienstag eine Klage von Deerns gegen die Vertragskündigung seitens der Stadt abgewiesen. Die 5. Zivilkammer kam zu dem Schluss, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig zerrüttet gewesen sei. Man habe zwischen Ende 2014 und dem Zeitpunkt der Kündigung im November 2015 fast nur noch über Anwälte korrespondiert, so der Vorsitzende Richter. Deerns hätte seiner Kooperationspflicht nachkommen müssen. Deshalb sei die Stadt in der Summe berechtigt gewesen, den Vertrag mit dem Ingenieurbüro vorzeitig zu beenden. Der Vorsitzende ließ ausdrücklich offen, wer für die Baumängel und Bauzeitverlängerungen verantwortlich sei. „Das wird in einem weiteren Prozess zu klären sein“, sagt er. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Deerns kann Berufung einlegen. Das Unternehmen will jetzt die 38-seitige Urteilsbegründung abwarten und prüfen, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden. „Uns freut, dass das Gericht in diesem Punkt so deutlich entschieden hat“, kommentierte Bernd Streitberger das Urteil aus Sicht der Bühnen....Lesen Sie den ganzen Artikel bei ksta