Biden präsentiert sich nach schwachem Auftritt bei TV-Debatte kämpferisch

Nach seinem schwachen Auftritt bei der ersten TV-Debatte vor der US-Präsidentschaftswahl hat sich Amtsinhaber Joe Biden kämpferisch gezeigt. Bei Auftritten in mehreren Bundesstaaten versuchte er, die Kritik zu entkräften und um weitere Spenden zu werben. (Mandel NGAN)
Nach seinem schwachen Auftritt bei der ersten TV-Debatte vor der US-Präsidentschaftswahl hat sich Amtsinhaber Joe Biden kämpferisch gezeigt. Bei Auftritten in mehreren Bundesstaaten versuchte er, die Kritik zu entkräften und um weitere Spenden zu werben. (Mandel NGAN)

Nach seinem schwachen Auftritt bei der ersten TV-Debatte vor der US-Präsidentschaftswahl hat sich Amtsinhaber Joe Biden kämpferisch gezeigt. Bei Auftritten in mehreren Bundesstaaten versuchte er am Wochenende, die Kritik zu entkräften und um weitere Spenden zu werben. Zudem fand er klare Worte für seinen republikanischen Herausforderer Donald Trump. Biden steht massiv unter Druck: In einem Leitartikel forderte ihn unter anderem die einflussreiche Zeitung "New York Times" zum Verzicht auf seine Kandidatur auf.

Biden - mit seinen 81 Jahren der älteste Präsident der US-Geschichte - hatte bei der TV-Debatte mit seinem Herausforderer Trump im Sender CNN am Donnerstagabend mit heiserer Stimme gesprochen und sich wiederholt in seinen Formulierungen verheddert. Zudem ließ er Sätze unbeendet und kam ins Stottern.

In den Reihen der Demokraten sorgte der schwache Auftritt für Unruhe und unter politischen Kommentatoren mehrten sich die Forderungen nach einem Rückzug Bidens aus dem Rennen um die Präsidentschaft.

"Ich hatte keinen guten Abend, aber Trump auch nicht", sagte Biden bei einer Wahlkampfveranstaltung am Samstag. Weiter betonte er: "Ich verspreche Ihnen, dass wir diese Wahl gewinnen werden." Auch das Wahlkampfteam des US-Präsidenten räumte ein, die TV-Debatte sei nicht so verlaufen, wie erhofft. Dies werde jedoch keinen Einfluss auf das knappe Rennen zwischen den beiden Kandidaten haben.

In Begleitung seiner Ehefrau Jill warb Biden in den Bundesstaaten New York und New Jersey weiter um Wahlkampfspenden. Auch die First Lady verteidigte ihren Ehemann vehement gegen die lauter werdende Kritik: "Joe ist nicht nur die richtige Person für den Job - er ist die einzige Person für den Job", sagte sie bei einer Veranstaltung, die unter anderem von den Schauspielern Sarah Jessica Parker und Matthew Broderick ausgerichtet wurden.

Zuvor hatte Biden bei einem Auftritt in North Carolina versucht, Zweifel an einer zweiten Amtszeit zu zerstreuen. "Ich gehe nicht mehr so locker wie früher, ich spreche nicht mehr so flüssig wie früher, ich debattiere nicht mehr so gut wie früher, aber ich weiß, wie man die Wahrheit sagt", sagte er vor Anhängern der Demokraten.

Mit Blick auf seinen Rivalen Trump verwies Biden auf die zahlreichen Falschbehauptungen, die dieser während der TV-Debatte geäußert hatte. "Ich schätze, dass er einen neuen Rekord für die meisten Lügen in einer einzigen Debatte aufgestellt hat", sagte der 81-Jährige und nannte seinen Herausforderer "buchstäblich eine Bedrohung für alles, wofür Amerika steht".

Trump hatte bei dem Duell sehr viel energischer und konzentrierter gewirkt als der Amtsinhaber. Eine CNN-Umfrage nach der Debatte ergab, dass 67 Prozent der Zuschauer ihn als Gewinner des Duells sahen.

Bei einem Wahlkampfauftritt in Virginia setzte der republikanische Herausforderer noch einmal gegen Biden nach: "Es ist nicht sein Alter, es ist seine Kompetenz", sagte Trump. Die Frage solle nicht lauten, ob Biden eine 90-minütige TV-Debatte überstehe, sondern ob Amerika eine weitere vierjährige Amtszeit überlebe. Ein Aufgeben Bidens hielt Trump eigenen Angaben zufolge jedoch für unwahrscheinlich.

Der US-Präsident steht nach der TV-Debatte unter Druck. Die "New York Times" forderte ihn in einem Leitartikel auf, seine Kandidatur zurückzuziehen. Der größte Dienst, den Biden dem Land nun erweisen könne, "wäre die Ankündigung, dass er bei der Wahl nicht mehr antreten wird", hieß es darin. Auch die "Washington Post" schrieb am Wochenende, Bidens "katastrophale" Leistung habe "berechtigte Fragen aufgeworfen, ob er für weitere vier Jahre im härtesten Job der Welt bereit ist".

Unterstützung bekam Biden dagegen von Ex-US-Präsident Barack Obama. "Schlechte Debattenabende kommen vor", schrieb dieser im Onlinedienst X. Die Wahl sei aber "immer noch eine Wahl zwischen jemandem, der sein ganzes Leben lang für die einfachen Leute gekämpft hat, und jemandem, der sich nur um sich selbst kümmert".

Aus den Reihen der Demokraten hat bislang niemand Biden öffentlich zum Rückzug aufgefordert. Unter anderem der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, der auf der Liste der möglichen Ersatzkandidaten ganz oben steht, stellte sich demonstrativ hinter den Amtsinhaber.

Ein Wechsel des demokratischen Präsidentschaftskandidaten wäre politisch heikel. Biden selbst müsste sich zum Rückzug entschließen, um vor dem Parteitag im kommenden Monat Platz für einen anderen Kandidaten zu machen. Sollte Biden ausscheiden, müssten die 3900 Delegierten einen Ersatz bestimmen.

lt/oer