Bizarrer Streit um "klimaneutrale Ölheizung" bei Lanz: "Mir fehlt die Schnitzel-Fachkenntnis"

 

Lässt sich Schnitzel bratend die Energiewende vorantreiben? Im Streit um den "technologieoffenen" Ansatz der FDP geriet die Debatte bei "Markus Lanz" am Donnerstag ins Lachhafte. FDP-Fraktionschef Christian Dürr ärgerte sich im ZDF-Talk über "100 Fragen, warum alles nicht funktioniert".

FDP-Fraktionschef Christian Dürr plädierte bei
FDP-Fraktionschef Christian Dürr plädierte bei "Markus Lanz" für einen technologisch "breiten" Ansatz beim Klimaschutz. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

In der vergangenen Woche löste das Bundesverfassungsgericht ein politisches Beben aus, als es den vorläufigen Stopp des Heizungsgesetzes verkündete. CDU-Politiker Thomas Heilmann, der mit einer 33-seitigen Klage gegen die als übereilt empfundene Abstimmung zum Gesetz vorging, offenbarte jüngst bei "Markus Lanz", dass der Auslöser für sein Handeln FDP-Fraktionschef Christian Dürr gewesen sei. Dessen vierminütige Belehrung im Bundestag habe er als "eine derartige Arroganz der Macht" empfunden, dass er beschloss: "Das lasse ich mir nicht gefallen."

Dürr bezog dazu nun selbst bei Lanz Stellung und verkündete trocken, dass er sich "nicht als heimlicher Vater" der Heizungsgesetz-Klatsche sehe. Dennoch sei er zufrieden mit dem Ergebnis und freue sich, den Bundestagskollegen Heilmann "inspiriert" zu haben. Für Dürr sei es kein Rückschritt, dass "wir jetzt noch ein paar Wochen Zeit haben bis zur endgültigen Beratung".

Am Donnerstagabend diskutierten die Gäste bei
Am Donnerstagabend diskutierten die Gäste bei "Markus Lanz" unter anderem über die Effizienz des überarbeiteten Heizungsgesetzes. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

 

"Da müssen Sie Herrn Habeck fragen!"

Autor Uwe Ritzer sah dies anders. Er kritisierte: "Dieses handwerkliche Chaos über Monate hinweg (...) mit diesem Heizungsgesetz hat ja einen fatalen Effekt ausgelöst." Im Gespräch mit Lanz zeigte sich Christian Dürr derweil unbeeindruckt von der Kritik und stellte klar, dass das Gesetz am 1. Januar 2024 in Kraft trete und es deshalb egal sei, ob es jetzt oder erst nach der Sommerpause verabschiedet werde.

Der ZDF-Moderator wollte daraufhin jedoch wissen, warum zuvor so eine Eile geherrscht habe bei dem Thema. Dürr konterte prompt mit einem Seitenhieb auf den Urheber des auch in der Koalition hochumstrittenen Gesetzes, den Bundeswirtschaftsminister: "Da müssen Sie Herrn Habeck fragen!" Er merkte in dem Zusammenhang an, dass die FDP in der Regierung immer "eine sehr klare Haltung (...) beim Heizungsgesetz" gehabt habe.

ZDF-Moderator Markus Lanz wollte von Christian Dürr wissen, wie realisitisch Wasserstoff als Energieträger wirkich ist. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)
ZDF-Moderator Markus Lanz wollte von Christian Dürr wissen, wie realisitisch Wasserstoff als Energieträger wirkich ist. (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

 

Britischer Wissenschaftler bezeichnet Wasserstoff-Heizung als "Fata Morgana"

Die Spannungen im ZDF-Studio verdichteten sich, als es um die verschiedenen Technologien zur Energiegewinnung ging. Vor allem Wasserstoff stand am Donnerstagabend im Fokus und in der Kritik. Markus Lanz referierte dazu mit ernster Miene: "Von 100 Prozent Wasserstoff sind gerade mal 2 Prozent grüner Wasserstoff. Der Rest wird hergestellt mithilfe fossiler Brennstoffe."

Der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze bezeichnete Wasserstoff daraufhin als "eine Scheinalternative", die nicht wirklich "zukunftsträchtig" sei. "Wir können uns im Moment diese Fata Morgana nicht leisten", mahnte der Brite, der unter anderem in Cambridge, Yale und Columbia lehrte und lehrt. Journalistin Petra Pinzler ergänzte, auch sie habe große Zweifel daran, dass es in naher Zukunft Wasserstoff-Heizungen gebe. Sie betonte: "Wir brauchen Lösungen, die jetzt da sind."

Während Autor Uwe Ritzer (rechts) vor Wasserknappheit warnte, bezeichnete Wirtschaftshistoriker Adam Tooze Wasserstoff als eine
Während Autor Uwe Ritzer (rechts) vor Wasserknappheit warnte, bezeichnete Wirtschaftshistoriker Adam Tooze Wasserstoff als eine "Scheinlösung". (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Mit Blick auf Christian Dürr kritisierte sie: "Sie suggerieren den Leuten, man kann die Gasheizungen einfach lassen und dann wird da irgendwann mal ein bisschen Wasserstoff dazugemischt." Dürr konterte mit einer Gegenfrage: "Was ist denn Ihre Alternative, Frau Pinzler? Den Leuten zu sagen, sie können gar nicht mehr heizen?" Der FDP-Fraktionschef verteidigte sich: "Ich gehöre zu denjenigen, die sehr klar sagen: Lasst uns Klimaschutz nicht so eng denken, dass wir ausschließlich von Wind und Sonne in Deutschland leben." Er plädiere dafür, "breiter" zu denken.

 

"Wie viel Schnitzel muss gebraten werden, damit das ernsthaft relevant ist"

Petra Pinzler ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und bemängelte, dass mit dem auf FDP-Wunsch überarbeiteten Heizungsgesetz ein schnellerer Abschied von Gas- und Ölheizungen weiter hinausgezögert werde und der Klimaschutz in den Hintergrund gerückt sei. Sie stichelte in Richtung Dürr: "Ich kenne keine klimaneutrale Ölheizung."

Lanz griff die Vorlage auf und wollte im Zusammenhang mit der anvisierten Wiederverwertung unter anderem von Altfetten wissen, "wie viel Schnitzel" gebraten werden müsse, um eine klimaneutrale Ölheizung betreiben zu können. Gelächter in der Runde. Dürr musste passen: "Da fehlt mir die Schnitzel-Fachkenntnis an der Stelle." Lanz: "Sie wollen Ölheizungen jetzt CO2-neutral betreiben, aber Sie wissen nicht genau, in welchem Umfang das überhaupt geht?" Konkrete Antworten darauf blieb der Liberale schuldig.

Bei
Bei "Markus Lanz" warnte Uwe Ritzer: "Wir leben, was Wasser angeht, über unsere Verhältnisse". (Bild: ZDF / Markus Hertrich)

Stattdessen kritisierte er die Ursprungsversion des Heizungsgesetzes und sagte: "Dieses Gesetz von Herrn Habeck hätte die Klimaschutzziele (...) nicht erreicht." Er ergänzte selbstbewusst: "Je mehr Technologien wir erlauben, desto mehr Möglichkeiten haben wir, Klimaschutz zu machen." Dürr stellte klar, dass "immer so getan" werde, "als ob es die eine gute Lösung für alles gibt. Als ob es die eine Heizung für alle Haushalte gibt". Der FDP-Mann forderte: "Meine herzliche Bitte ist, dass dieses Land bei neuen Technologien mutig wird und nicht 100 Fragen stellt, warum alles nicht funktioniert!"

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