Als AfD-Mann Angriff von Dresden verurteilt, entbrennt bei Lanz harte "Verrohungs"-Debatte
Am Freitag wurde der SPD-Politiker Matthias Ecke brutal angegriffen, als er Wahlplakate aufhängen wollte. Bei "Markus Lanz" debattierten die Gäste am Dienstagabend über die Verrohung der Politik. Besonders Militärexperte Carlo Masala warnte vor Gefahren für die Demokratie.
Nach der Attacke auf den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten Matthias Ecke am vergangenen Freitag werden Rufe nach mehr Schutz für Politiker immer lauter. Bei "Markus Lanz" stellte auch AfD-Politiker Rüdiger Lucassen klar, "dass Angriffe gegen Menschen, damit auch Politiker, überhaupt nicht gehen". Dabei sei es völlig egal, "welcher Fraktion und welcher Partei angehörig sie sind". Daraufhin entbrannte in der Sendung am Dienstagabend eine Grundsatzdiskussion über die Verrohung der deutschen Politik und die Rolle der AfD dabei. Lanz wollte zunächst wissen, woher die Eskalation in der Gesellschaft komme.
Darauf antwortete Lucassen, dass es an der Politik liege, die nicht mehr "den Halt" und "die Richtung" für die Bevölkerung vorgebe. Es sei demnach "sehr viel aus den Fugen geraten", was auch auf der Straße ausgetragen werde - "verbal, aber bedauerlicherweise auch mit physischer Gewalt". Es seien weder "die Regierungsverantwortlichen" noch "die Opposition" in der Lage, "unserem Land klare Vorgaben zu machen".
Lanz reagierte überrascht und wollte wissen, ob nicht auch die AfD zur Opposition gehöre und damit ebenfalls etwas mit der Lage des Landes zu tun habe. Dies verneinte der Politiker jedoch und erklärte, dass gegen die AfD "die meisten gewalttätigen Vorgänge zu verzeichnen" seien. Darüber hinaus kritisierte er: "Wir regieren in keinem Bundesland mit. Wir werden von vielen Funktionen ausgegrenzt. (...) Das heißt, wenn man von politischer Macht redet, dann liegt sie ja woanders."
"Entwicklungsrichtung, die die Demokratie grundsätzlich in Frage stellt"
Markus Lanz wollte das Argument jedoch nicht unkommentiert lassen und kam auf die Rhetorik und Sprache der AfD zu sprechen, die teilweise die Demokratie verächtlich machen würde. Rüdiger Lucassen reagierte prompt: "Unsere Partei macht diese Demokratie nicht verächtlich. Ganz im Gegenteil, Herr Lanz!" Die AfD wolle die Demokratie "wieder mit Leben füllen", behauptete Lucassen.
Eine Aussage, die den Politologen Herfried Münkler irritierte: "Die Äußerungen von Gauland vor einigen Jahren, 'Wir werden sie jagen', ist im Prinzip eine Veränderung der politischen Sprache gewesen. Das hat nichts zu tun mit der Art des gemeinsamen Beratschlagens zwischen Regierung und Opposition." In der Attacke auf Matthias Ecke sehe Münkler zudem einen weiteren Wendepunkt: "Dahinter steckt eine Entwicklungsrichtung, die die Demokratie grundsätzlich in Frage stellt."
Carlo Masala: "Wir haben eine Verrohung des politischen Diskurses"
Militärexperte Carlo Masala nickte zustimmend und überraschte Lanz mit der Offenbarung, dass er aufgrund seiner klaren Haltung im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mittlerweile in Gefahr lebe: "Ich werde bedroht - regelmäßig. Ich habe auch Vorträge unter Polizeischutz gehalten." Masala ergänzte, dass man heutzutage bei jeder Äußerung "mit einem Schwall von Drohungen, verbalen Entgleisungen, bis hin zu Morddrohungen" konfrontiert werde. So sei es mittlerweile normal für ihn, dass seine Mail-Inbox nach einem Auftritt bei Lanz "ab zwei Uhr morgens (...) voll von solchen Drohungen" ist.
"Wir haben eine Verrohung des politischen Diskurses. (...) Da entgleist etwas und es geht weit in die (...) bürgerliche Mitte hinein", warnte Masala. Er forderte streng: "Es muss ein Konsens herrschen, dass Gewalt kein Mittel der Auseinandersetzung in einem demokratischen Wettbewerb ist." Wenn dies nicht erreicht werden könne, "dann haben wir auch ein Problem in der Demokratie".
Rüdiger Lucassen: "Im Falle Krah gibt es keine Beweise"
Das brachte Markus Lanz auch auf die Spionage-Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter von AfD-Politiker Maximilian Krah zu sprechen. Rüdiger Lucassen verteidigte seinen Kollegen jedoch: "Im Falle Krah gibt es keine Beweise - das wissen Sie alle, die Sie hier sitzen. (...) Wenn es welche gäbe, hätte es eine entsprechende Klage gegeben." Lanz stichelte dennoch weiter: "Diese Diktatoren-Kuschelei, das können Sie doch nicht gut finden?" Lucassen stellte sich dennoch weiter an die Seite seines Parteikollegen: "Solange das nicht in irgendeiner Weise strafauffällig ist, warum sollte man ihn dann jetzt in der Luft zerreißen? Da besteht doch überhaupt gar keine Notwendigkeit. Seien Sie doch fair!"
Lanz nahm die Diskussion dennoch zum Anlass für eine sehr konkrete Frage: "Sind China und Russland bessere Partner als die USA?", wollte er wissen. "Wir wissen nicht, wer in Zukunft der bessere Partner sein wird für Deutschland", antwortete Lucassen vorsichtig. Als Lanz jedoch nicht locker ließ, sagte der AfD-Mann, dass es sicherheitspolitisch im Moment "nicht Russland" wäre. China wäre derweil zwar bei "wirtschaftlichen Interessen" der bessere Partner, aber nur, "wenn man sich auf Augenhöhe begegnen würde".
Zu den USA äußerte sich Lucassen nur schwammig und bezeichnete sie "im sicherheitspolitischen Kontext" als einen verlässlichen Partner. Als der ZDF-Moderator fragte, wem Lucassen mehr vertrauen würde, antwortete der AfD-Politiker patzig: "Ich vertraue am meisten mir. Ich vertraue am meisten dem deutschen Volk!"