"Blasphemie": Hungerkomödie über Leningrad erregt Russland

872 Tage dauerte die Belagerung Leningrads durch deutsche Truppen im zweiten Weltkrieg, über eine Million Russen, vor allem Kinder, Alte und Kranke verhungerten. Über 1.000 Fälle von Kannibalismus wurden dokumentiert. Leningrad ist eingeschrieben in das kollektive Gedächtnisals eines der größten Verbrechen, das an Russen begangen wurde. Zeit und Ort nutzt der russsiche Regisseur Alexei Krasovsky für eine Komödie über Ungerechtigkeit und Ungleichheit im heutigen Russland - für viele Russen eine Beschmutzung des Andenkens an die Opfer, eine Blasphemie. Alexei Krasovsky , Regisseur von "Prazdnik" : "Es ist eine Geschichte über Menschen, die in den schwierigsten Zeiten besser leben konnten als jeder andere. Es gab sie damals, es gibt sie jetzt, leider wird es sie in Russland immer geben. Um das irgendwie zu ändern, haben wir diesen Film gedreht." Die Geschichte handelt von einer privilegierten Funktionärsfamilie, die den Jahreswechsel 1942 mit Champagner und frisch geschlachtetem Geflügel feiern will, während die Tagesration für die normalen Menschen bei 125 Gramm Brot liegt, die oft nicht einmal zu bekommen sind. Die Verwicklungen beginnen, als die Kinder der Familie unerwartet Gäste mitbringen und die Eltern in Erklärungsnot sind, wo denn die festlich gedeckte Tafel herkomme. Das durch Crowdfunding finanzierte Projekt stieß schon bei Ankündigung auf Widerstand in Nomenklatur und Staatsmedien. Der Produzent verzichtete auf eine offizielle Genehmigung des Kulturministeriums und stellte den Film auf Youtube, dann lud die Moskauer Polizei zum Gespräch wegen Korruptions- und Steuerbetrugsvorwürfen. Im Internet wurde der Film über eine Million mal angeschaut, Zuschauer unterstützten die Filmemacher mit rund 40.000 Euro. Der Film, das Thema provoziert und spaltet Russland mit seiner aktuell gemeinten Kritik, erzählt anhand eines der schmerzlichsten Momente sowjetischer Geschichte.