Schizophrenie: Eine Krankheit, viele Gesichter

Gäbe es keine psychischen Leiden, dann hätte die Filmindustrie wirklich ein ernstes Problem. Wie sonst könnte man das Verhalten eines Mörders, „Psychos" oder Charaktere wie Joker aus dem Film "Batman" erklären - Figuren, die ohne Grund Menschen töten, Chaos stiften und sich dabei auch noch gut fühlen? Nicht selten wird in Filmen falsch verlautet, dass solche Menschen „schizophren" sind. Denn dieses Wort kennt man mittlerweile: Umgangssprachlich wird „schizophren" häufig synonym zu „widersprüchlich" oder „absurd" verwendet. Auch die „gespaltene Persönlichkeit" wird sehr häufig mit einer Schizophrenie in Verbindung gebracht. Doch das ist alles falsch! Yahoo! Nachrichten klärt die wichtigsten Fakten und Mythen zur Schizophrenie.

Schizophrenie heißt NICHT „gespaltene Persönlichkeit"

Zwar ist das Wort „Schizophrenie" ursprünglich griechisch und heißt übersetzt so viel wie "gespaltene Seele". Mit einer gespaltenen Persönlichkeit - also zwei verschiedenen Personen in einem Menschen - hat das Krankheitsbild Schizophrenie aber nichts zu tun. Dennoch hält sich diese Vorstellung in den Köpfen vieler Menschen hartnäckig.

Eine solche Darstellung der Schizophrenie ist nicht nur falsch, viele Betroffene und ihre Familien leiden zudem unter dieser Fehlannahme. Denn sie müssen so nicht nur gegen die überaus leidvolle Krankheit kämpfen, sondern auch gegen allerhand Vorurteile und Ablehnung.

Was ist dann genau eine Schizophrenie?

Die Schizophrenie ist eine schwere psychische Erkrankung, bei der Gedanken, Wahrnehmung und Verhalten eines Menschen gestört sind. So kann es passieren, dass Menschen mit Schizophrenie nicht in der Lage sind, zwischen Wirklichkeit und ihrer Fantasie zu unterscheiden. Und tatsächlich will der Begriff Schizophrenie hier richtigerweise etwas „Gespaltenes" beschreiben. Gespalten ist hier jedoch nicht die Persönlichkeit wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Vielmehr soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sich die Realität und das subjektive Erleben eines Schizophrenen (Beispiel „Stimmen hören") immer mehr voneinander entfernen.

Eine Schizophrenie ist nicht so selten, wie man vermutet

Schätzungsweise 800.000 Bundesbürger erkranken mindestens einmal im Leben an einer Schizophrenie. Das Lebenszeitrisiko, schizophren zu werden, liegt also bei 1 Prozent. Häufig beginnt die Krankheit zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr, wobei Männer im Durchschnitt etwas früher erkranken - zwischen dem 15. und 30. Lebensjahr.

Wo kommt eine Schizophrenie her?

Es ist noch nicht genau geklärt, wie die Krankheit entsteht. Untersuchungen weisen darauf hin, dass im Gehirn beim Neurotransmitter Dopamin etwas aus dem Ruder gelaufen ist. Wie bei vielen anderen psychischen Erkrankungen bedingen jedoch mehrere Faktoren das Leiden. Zum einen sind es die genetischen Faktoren: Je näher man mit einem Schizophreniekranken verwandt ist, desto wahrscheinlicher ist auch die eigene Erkrankung. Bei einem schizophrenen Elternteil beträgt sie fünf bis zehn Prozent, bei kranken Geschwistern acht bis zehn Prozent.

Auch belastende Lebensereignisse erhöhen die Anfälligkeit für eine Schizophrenie. Unter diese sogenannten „Life-Events" fallen beispielsweise Geburtskomplikationen oder auch eine schlimme Erfahrung in der Kindheit. Wie ein Individuum mit solchen Belastungen umgeht, ist natürlich sehr unterschiedlich: Was dem einen sehr zu schaffen macht und zu psychischen Problemen führt, muss den anderen nicht zwangsläufig belasten.

Durch Kiffen und andere Drogen kann man schizophren werden

Drogen können eine Schizophrenie nach heutigem Kenntnisstand nicht direkt auslösen, sie bei entsprechender Veranlagung jedoch früher zum Ausbruch bringen. Neben bewusstseinsverändernden Drogen wie LSD sehen Experten auch im Konsum von Cannabis einen gefährlichen Wegbereiter für die Krankheit. Ein Team von Psychiatern der niederländischen Universität Maastricht hat in einer Studie mit 2000 deutschen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 14 und 24 Jahren gezeigt, dass Cannabis-Rauchen in dieser Lebensphase das Risiko verdoppelt, psychotische Symptome auszubilden.

Schizophrene hören nicht immer Stimmen oder haben Halluzinationen

Wahnvorstellungen oder Halluzinationen treten zwar bei manchen Erkrankten auf, müssen aber nicht. Grundsymptome und daher viel häufiger sind Störungen des Denkens: Gedanken werden zusammenhanglos, zerfahren und unlogisch. Auch das Gefühlsleben ist häufig gestört. Ähnlich wie bei einer Depression wirken Kranke kraftlos und apathisch. Sie spüren keine Gefühlsregungen mehr und kapseln sich von der Außenwelt ab.

Es gibt verschiedene Arten von Schizophrenien

Am bekanntesten ist die „paranoide Schizophrenie", die mit Halluzinationen („Stimmen hören") und Wahnvorstellungen (Bsp.: Verfolgungswahn) besonders erschreckend erscheint. Die zweite wichtige Form - die hebephrene Schizophrenie - beginnt meist im Jugendalter und ist durch sozialen Rückzug, verflachte Emotionen, unwillkürliches Kichern und auch plötzlichen Leistungsabfall in der Schule gekennzeichnet. Bei der dritten Form werden Körperbewegungen durch die gestörte Psyche beeinflusst. So kann es passieren, dass Patienten tagelang in einer Position verharren, ohne sich zu bewegen.

Schizophrene Menschen können dank psychiatrischer Behandlung am Leben teilnehmen

Eine Schizophrenie ist heute glücklicherweise behandelbar. Gute Therapien ermöglichen vielen sogar ein weitgehend normales Leben. Mit Medikamenten aus der Gruppe der "Antipsychotika" und unterstützenden Psychotherapien werden die Symptome verringert oder unterdrückt.

Ein möglichst früher Beginn einer konsequenten Therapie verbessert die Prognose der Krankheit. Vereinfachend gilt für Psychosen allgemein, dass bei etwa einem Drittel der Patienten die Psychose komplett verschwindet. Bei einem weiteren Drittel bleiben einige Symptome bestehen und es kommt von Zeit zu Zeit erneut zu akuten Schüben. Beim letzten Drittel wird die Krankheit chronisch. Hier ist eine dauerhafte Betreuung unverzichtbar.

Autor: Felix Gussone

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