Das Wetter und der Lauf der Geschichte: Gewitter beendet Revolution

„Das Wetter ist an allem Schuld!": Meteorologe Dr. Alexander Hildebrand erläutert, wie ein Sommergewitter die Französische Revolution und strenger Frost einen großen Traum des 20. Jahrhunderts beendet. Der erste Mensch im All, der kein Astronaut ist, stirbt beim Absturz des Challenger-Raumschiffes aufgrund witterungsbedingter Schäden an einer Rakete.

Der Januar könnte weniger frostig werden als der Dezember, der als kältester Winterstart seit über vierzig Jahren in die meteorologische Statistik eingeht. Historisch ist die Witterung, weil sie Teile des Bahnnetzes und viele Flughäfen lahmlegte. Früher reichten schon kleinere lokale Unwetter, den Lauf der Geschichte zu bestimmen.

Sogar die Französischen Revolution nahm durch einen Platzregen eine entscheidende Wendung. Maximilien Robespierre, eine der Hauptfiguren des blutigen Beginns der Neuzeit, musste im schwülen, heißen Hochsommer 1794 in Paris erleben, wie das aufgebrachte Volk wegen eines Unwetters seine möglicherweise entscheidende Schlachtrede vor dem Rathaus verpasste.

Maximilien Robespierre übernahm im Juli 1793 das Steuer im Kampf gegen den Adel und das Königtum. Schon einige Jahre zuvor litten die Menschen in Frankreich unter Missernten. Schuld daran: das Wetter. Es gab wenig zu Essen, weil die Winter besonders hart und lang ausfielen. Die Steuerlast war außerdem unerträglich hoch und wegen der schlechten Ernten stiegen zu allem Übel auch noch die Brotpreise. Schon 1789 entstanden deshalb lokale Hungeraufstände.
Aber Robespierre machte Fehler. Nachdem er alle politischen Lager gegen sich aufgebracht hatte, plante er Ende Juli im Jahre 1794, das Volk erneut für sich einzunehmen: Mit einer flammenden Rede. Am Abend des 27. Juli, als der loyale Mob bereits seit Stunden vor dem Rathaus wartete, wollte er zu dem Volk sprechen. Aber dazu kommt es nicht dann mehr - denn dunkle Gewitterwolken entladen sich über Paris.

Das heftige Sommergewitter flutete die Straßen Paris‘ bis auf Knöchelhöhe. Eine Stunde lang schüttete es wie aus Eimern, Sturzbäche ergossen sich auf die Straßen und überschwemmten die Gassen. Die seit Stunden vor dem Rathaus auf Robespierre wartenden Menschen flüchteten sich nach Hause oder suchten Schutz in Torbögen und Hauseingängen. Der Platz vor dem Rathaus leerte sich schnell. So verlor Robespierre, weil der Regen ihm die letzte Chance nahm, nochmals seine Standpunkte vorzubringen. Sein Schutzschild aus Anhängern hatte sich aufgelöst, ein Unwetter seinen Revolutionstraum zerstört. Robespierre überlebt den nächsten Tag nicht. Die Schlacht der Revolution wurde durch Worte, Verrat und ein sommerliches Hitzegewitter entschieden.

Witterungsbedingte Schäden führen zu einer der schlimmsten Katastrophen der Raumfahrt
Einen besonders starken Einschnitt in die Geschichte der Raumfahrt verursachte das Wetter am 28. Januar 1986. An diesem Tag startete die Challenger-Raumfähre der Nasa zum zehnten Mal ins All. Dreiundsiebzig Sekunden nach dem Start explodiert eine der Feststoffraketen, reißt das Raumschiff auseinander und sieben Menschen in den Tod. Besonders tragisch: Der erste Nicht-Astronaut in einem Raumschiff, die Lehrerin Christa McAuliffe, stirbt auf dem Weg in die Schwerelosigkeit.

Untersuchungen ergeben später, dass zu kalte Dichtungsringe an den äußeren Raketen ihre Elastizität verloren hatten und beim Startvorgang versagten. Die Challenger stand nachts bei kalten minus 6 Grad auf der Rampe. Zum Zeitpunkt des Starts lag die Temperatur bei klarem Himmel noch bei minus 3 Grad. Die Ereignisse wären anders verlaufen, wäre es dreizehn Grad wärmer gewesen. Die frostigen Temperaturen lagen außerhalb der Erfahrungswerte. Vorangegangen Flüge waren stets bei Temperaturen von über zehn Grad Celsius gestartet, weil die leitenden Ingenieure es so empfohlen hatten.

Väterchen Frost verursachte in Florida die bis dahin schlimmste Katastrophe der Raumfahrt und versetzte die Amerikaner in ein nationales Trauma.

1999: Orkan Lothar reißt 110 Menschen in den Tod
Eine der schlimmsten Wetterkatastrophen Deutschlands hatte weniger historische Auswirkungen, dafür aber eine komplette Umstellung des meteorologischen Warnsystems zur Folge. Orkan „Lothar" fegte an Weihnachten 1999 über Mitteleuropa hinweg und riss 110 Menschen in den Tod.

Das Orkantief rüttelte die gesamte Wetterbranche auf. Kritik am Deutschen Wetterdienst mündete schließlich in eine von der Politik getragene Verbesserung der deutschen Warnsysteme. Heute sind sogar europaweite Unwetterzentralen etabliert, die aufziehende Unwetter beobachten und Erkenntnisse sofort im Internet veröffentlichen.

Ein Unwetter in Paris mit heftigem Platzregen und knietiefen Sturzbächen wie zur Zeit der Französischen Revolution würde dann sogar deutsche Meteorologen beschäftigen. Ohne Weiteres kann eine Gewitterfront an der Seine in wenigen Stunden den Rhein überqueren und große Schäden anrichten. Dank moderner Warnsysteme wäre Deutschland dann aber vorbereitet.