„Im Zweifel für den Angeklagten”: Freispruch für Kachelmann

Am Ende wurde sein Freispruch beklatscht. Als das Landgericht Mannheim Jörg Kachelmann vom Vorwurf der Vergewaltigung freisprach, brandete im Gerichtssaal Jubel auf. Balsam für die Seele des Schweizer Moderators: neben dem Freispruch endlich wieder Zustimmung aus dem Publikum. In ihrem Urteil sahen es die Richter als nicht erwiesen an, dass der 52-Jährige im Februar 2010 eine Freundin nach einem Streit mit einem Messer bedroht und vergewaltigt hat. Mit dem Freispruch folgten sie dem Antrag der Verteidigung. Die Anklage hatte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten gefordert.


Kachelmann hatte den Vergewaltigungsvorwurf immer geleugnet, vor Gericht allerdings nicht ausgesagt. Sein Doppelleben, das im Zuge des Prozesses in aller Öffentlichkeit ausgebreitet wurde, macht ihn nicht automatisch zum „Vergewaltiger". Doch durch all die „Lausemädchen", mit denen der einst so beliebte Wettermoderator zweigleisig gefahren war, wurde er zum Schwerenöter abgestempelt. Zu einem, der möglicherweise im Eifer des Gefechts ein Nein von einer Frau nicht akzeptieren will, wie diverse Zeitungen nur allzu gerne proklamierten.

Kachelmann freigesprochen
Kachelmann freigesprochen

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"Beispiellose Vorverurteilung durch sehr maßgebende Medien"
Höhepunkt dieses „Schauprozesses" war der in der Öffentlichkeit ausgetragene Zwist zwischen Kachelmann und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer. Gegenüber der „Märkischen Allgemeine" lässt Norbert Bolz, Professor für Medienwissenschaft verlauten, Schwarzer habe für die „Bild"-Zeitung einen „Kreuzzug" geführt und „Kachelmann zu einer ‚Symbolfigur für den bösen Mann schlechthin'" stilisiert. „Das Besondere ist die geradezu beispiellose Vorverurteilung durch sehr maßgebende Medien", so der Professor.

Was in dieser schicksalhaften Nacht vom 8. auf den 9. Februar 2010 genau zwischen Kachelmann und seiner Ex-Freundin passierte, das weiß nach wie vor nur das ehemalige Liebespaar. Fakt ist, dass mehrere Gutachter in dem mehr als acht Monate und 43 Verhandlungstage dauernden Verfahren keine klare Einschätzung zum Wahrheitsgehalt der Vorwürfe abgeben konnten, die die 38-jährige Radiomoderatorin erhoben hatte.

Freispruch zweiter Klasse
Während des Prozesses hatte die Verteidigung unter anderem auf Widersprüche in den Aussagen der Nebenklägerin hingewiesen. Die hatte zum Teil in ihren ersten Vernehmungen falsche Angaben gemacht, diese später korrigiert. Rechtsmedizinische Gutachter kamen außerdem zu dem Schluss, dass sich die Frau ihre Verletzungen, als deren Verursacher sie Kachelmann angegeben hatte, selbst zugefügt haben könnte. Für eine Verurteilung ihres Ex-Geliebten reichten die Indizien nicht aus — „im Zweifel für den Angeklagten", ein Freispruch zweiter Klasse also. Der einzige Trost momentan offenbar auch für die Nebenklägerin, deren Leben aktuell höchstwahrscheinlich einem Scherbenhaufen gleicht. Bei einem Freispruch erster Klasse hätte die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der absichtlichen Falschbeschuldigung ein Verfahren gegen die Ex-Geliebte einleiten müssen.

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Der Prozess scheint indes zumindest Kachelmanns privates Leben nicht ruiniert zu haben. Während des Gerichtsverfahrens hat er sein Liebesglück gefunden, geheiratet. Nach Informationen des „Hamburger Abendblatt" wird Kachelmann nach seinem Freispruch außerdem wieder „voll bei dem von ihm gegründeten Wetterdienst Meteomedia einsteigen". „Jörg Kachelmann wird ab sofort seine Kraft wieder ganz der Meteomedia Gruppe widmen können", zitiert das Blatt aus einer Stellungnahme. Während des Prozesses war Kachelmann Präsident des Unternehmens geblieben.

Staatsanwaltschaft prüft Revision
Die Staatsanwaltschaft prüft nun, Revision gegen das Urteil einzulegen. Bereits am Montag hatte Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge nach Informationen der News-Site des „Schweizer Fernsehen" (SF) mitgeteilt, dass nur im Fall einer Revision das Gericht zu einer ausführlichen Urteilsbegründung verpflichtet sei. Davon werde die Anklage ihr weiteres Vorgehen abhängig machen. Entscheide man sich für eine Revision, so SF-Korrespondent Stefan Reinhart gegenüber der Website, könnte der Fall nochmals neu aufgerollt werden.

Was meinen Sie: Jörg Kachelmann wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Wie beurteilen Sie den Freispruch? Sind Sie der Meinung, dass die Anklage in Revision gehen sollte? Meinen Sie, Kachelmann gelingt nach dem Prozess ein Comeback in die Medienwelt? Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!