Klassenfahrt zu den Milizen

Die Mission der deutschen Militär-Beobachter in der Ukraine war nicht nur ein Fehlschlag. Sie war ein Fehler von Beginn an – und wird den Geruch der Spionage wohl nicht mehr los.

Ein Kommentar von Jan Rübel



Transparenz sollte die Mission der sieben Bundeswehrsoldaten in der Ukraine bringen – so sagt es das Auswärtige Amt. Doch nicht nur, weil die Deutschen inhaftiert und in einer Pressekonferenz von russischen Separatisten vorgeführt worden sind, wären sie besser gar nicht erst losgefahren: In der Ukraine, wo mehrere Akteure unterschiedliche Interessen untereinander ausfechten, kann der Westen nur mit offenen Karten spielen. Er kann nur mit einem wirklich transparenten Ansatz dort Flagge zeigen. Die Militärbeobachter im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gehören dazu nicht. Jetzt hat Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht nur den Spott, weil ihre Männer wie Tanzbären dastehen. Sie muss selbst ihr Blatt offen legen.

Der Reihe nach: In der Ukraine ringen nicht nur Ukrainer mit Demokratie im Blut gegen Russen mit Putin im Kopf. Die Gemengelage ist komplizierter – die Oligarchen stehen hüben und drüben der Konfliktlinien, Regionen suchen Vorteile erstmal für sich, und fragt man zwei Ukrainer nach ihren Vorstellungen zu einem Bundesstaat, erhält man drei Meinungen dazu.

 Für wen waren die Berichte bestimmt?

In dieser hitzigen Situation ist ein Engagement der OSZE wünschenswert. Denn ihre Vorläuferorganisation hat sich nicht nur in Zeiten des Kalten Krieges als Instrument zur Besänftigung bewährt; seit dem Mauerfall hat sie immer wieder für Dialog zwischen Dickköpfen gesorgt. Doch im Fall der Ukraine muss etwas klargestellt werden: Die sieben Bundeswehrsangehörigen agierten zwar unter dem Schirm der OSZE, berichteten aber nicht an sie. Ihre Mission ist Bestandteil einer bisher wenig genutzten Möglichkeit in der Welt der Diplomatie, bilateral auf Einladung einer Regierung zu einer Beobachtungsmission aufzubrechen.

Eingeladen wurden die Soldaten vom Kabinett in Kiew, das auf wackligen Beinen steht und noch immer weit davon entfernt ist, demokratisch legitimiert zu sein. Und ihre Berichte werden nicht gerade auf der Homepage der deutschen Bundesregierung veröffentlicht, sondern landen in verschwiegenen Amtsstuben. Wer hat denn davon etwas? Die Menschen in der Ukraine etwa?

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Missionen solcher Art können nur Zweifel säen. Denn der Ukrainekonflikt lädt zu alten Reflexen ein. Linke plakatieren schon jetzt die Straßen in Deutschland moskauhörig mit „Hände weg von der Ukraine“, Politiker verschiedenster Parteien warnen vor Sanktionen gegen Russland und vor Amerikahörigkeit, Verschwörungstheorien und Spionagevorwürfe rotieren im Netz – da kann sich nur in die Nesseln setzen, der da auf geheim macht.

Die Schlapphüte sind stets mit dabei

Doch das taten die sieben Militärbeobachter. Zwar ist nicht anzunehmen, dass nur einer von ihnen effektiv spionierte, also für den Bundesnachrichtendienst (BND) als Agent vorging. Doch zu den Aufgaben des BND gehört, Militärmissionen der Bundeswehr im Ausland abzusichern; schon allein deshalb wird Pullach ein wachsames Auge auf die sieben geworfen haben. Und es geht weiter: Die in der Ukraine aufgelaufenen Militärbeobachter arbeiten allesamt für das Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr (ZVBw). Aufgabe der Mitarbeiter auf dem Bundeswehrstützpunkt in Geilenkirchen (NRW) ist die Einschätzung, ob Rüstungskontrollverträge eingehalten werden. Doch wer unterhält ein geheimes Büro auf dem Stützpunkt? Der BND. Wer berät und informiert die Soldaten vor einer Mission? Der BND. Eine Mission, die Transparenz schaffen will, sieht anders aus.