"BOA": Magazin von Jérôme Boateng setzt auf Stil, Coolness und gute Geschichten

Herzlichen Glückwunsch zum neuen Heft, Jérôme ! Aber was kann es eigentlich? Foto: Maria Timtschenko
Herzlichen Glückwunsch zum neuen Heft, Jérôme ! Aber was kann es eigentlich? Foto: Maria Timtschenko

Nach Barbara Schöneberger, Guido Maria Kretschmer, Joko Winterscheidt und Eckart von Hirschhausen bekommt nun auch Fußballer Jérôme Boateng ein Heft mit seinem Namen drauf, zumindest zum Teil. “BOA” heißt das neue Magazin, das in der Gruner-und-Jahr-Tochter Territory entstanden ist. Und, obwohl man glaubt, dass der Markt an Promiheften erschöpft sein könnte, ist mit “BOA” tatsächlich eine Bereicherung gelungen.

Zum Start standen Kritiker dem neuen Magazin skeptisch gegenüber. Kann ein Fußballer wirklich ein ganzes Heft tragen? Und was soll da drin stehen? Geht’s da dann nur um Fußball? Um Männerthemen? Haben wir nicht mittlerweile genügend “Männerhefte” auf dem Markt? Vielleicht haben sich das die Macher von “BOA” auch gedacht und deshalb ein Heft kreiert, in dem es sich kaum um Fußball dreht, das keineswegs nur Männer anspricht und stattdessen ein Lebensgefühl verkörpert, das einfach Spaß macht.

Wäre Jérôme Boateng kein Mensch, sondern ein Gefühl, dann sähe dieses Gefühl aus, wie das Heft. Verstanden? Nein? Viele Zeitschriften kreieren heutzutage eine Emotion und daraus wiederum entsteht Handlungsbedarf. Wenn ich “Walden” lese, ein Outdoormagazin, dann drängt es mich nach draußen, Feuer machen, Zelt aufschlagen, Abenteuer erleben. Wenn ich “Beef” lese, dann will ich sofort das nächste Schwein im selbst gezimmerten Ofen garen. Nach einer “fit for fun” muss ich schnell ins Fitnessstudio und die Gemüseabteilung. Und wenn ich “BOA” lese, dann will ich mir im nächsten Streetstyleladen einen neuen Hoodie kaufen und den heute Abend zum Feiern im Club tragen.

Der Fußballer ist für dieses Heft zwar der Namensgeber, ebenso hat er die Oberhand über alle Themen, kann Einspruch einlegen, wenn ihm etwas nicht passt. Aber es geht hier keineswegs nur um ihn. Das Heft richtet sich, laut eigener Aussage, an “urbane Millenials” und ist an diesem Samstag mit einer Auflage von 200.000 Exemplaren gestartet. 4,90 Euro kostet es am Kiosk und ist damit weitaus günstiger, als andere hochwertig produzierte Lifestyle-Magazine.

Günstiges Heft interessanter Inhalt

In “BOA” gibt Jérôme Boateng Tips, welche Accessoires er für unentbehrlich hält. Dabei ist unter anderem ein Hublot-Uhr für 29.000 Euro nicht gerade etwas für Jedermann aber auch ein Brustbeutel für 24 Euro. Außerdem wird in jeder Ausgabe künftig ein Blick auf den Instagram-Account des Fußballers geworfen. Mit 5,9 Millionen Abonnenten bedient er hier seine Fans nahezu tagtäglich mit Bildern aus seinem Leben. Diesmal im Heft: Boateng und seine Töchter. Er schreibt dazu, frei nach Martin Luther King: “Ich habe einen Traum: Als Vater von zwei Mädchen wünsche ich mir, dass die beiden alles erreichen können. Und dass sie sich selber sehen: in Filmen, Bücher und auf Bühnen aber natürlich auch als CEOs.”

Aber in BOA gibt es auch politische Themen, beispielsweise wenn Boateng gemeinsam mit Musiklegende Herbert Grönemeyer interviewt wird und sie über ihre verschiedenen Sichtweisen auf die derzeitige Lage in Deutschland sprechen. Dann sagt auch ein Fußballer was er denkt abseits des letzten Spiels: “Ich kann ihren Frust teilweise verstehen, wenn manche Geflüchtete nur Scheiße bauen und kriminell werden. Oder wenn in Schulklassen keiner mehr Deutsch spricht und stattdessen nur Türkisch zu hören ist. Wer in Deutschland leben möchte, sollte die Sprache lernen, muss sich der Gesellschaft öffnen und bereit sein, sich mit der Kultur zu beschäftigen und unsere Freiheiten zu respektieren. Das heißt ja keinesfalls, dass man die Kultur seines alten Heimatlandes ablehnt.”

Und es gibt auch Geschichten, die einfach interessante Menschen porträtieren, wie den verschollenen Rapper Shindy, der einst von einem Nummer-1-Release zum nächsten jagte, sich aber mit Bushido überwarf, mit dem Abou-Chaker-Clan anlegte und nun im Schwabenländle untergetaucht ist.

Tolle Bilder reihen sich in BOA aneinander. Sowohl beeindruckende Fotos einer Sprayer-Connection, die auf der ganzen Welt ihre Tags verteilt, als auch vom Model Caro Daur, die mit 1,9 Millionen Followern auf Instagram einen riesigen Einfluss hat. BOA ist vielfältig. Bekannte Journalisten schreiben dort interessante Geschichten und gute Fotografen zeigen auf vielen Seiten ihr künstlerisches Können. Nur eine Kleinigkeit stört ein bisschen.

Werbung, so weit das Auge reicht

Die Seiten konkreter Werbeanzeigen sind in BOA überschaubar. Man muss sich nicht durch seitenweise Werbung blättern, bevor man zur eigentlichen Geschichte vordringt. Aber: Dafür gibt es zahllose Produktplatzierungen samt Markennennung und Preisempfehlung. Nicht nur Boateng selbst empfiehlt seine “Must-haves”; unter dem Titel “Beastmode” werden über acht Seiten Socken, Schuhe und Luxusschlitten in Szene gesetzt. Ebenfalls auf acht Seiten darf Caro Daur Kleidung und Accessoires aus ihrem Influencer-Schrank vor die Kamera halten und unter dem Motto “Hidden Champ” wurden nochmal auf neun Seiten Produkte von “fetten Marken” fotografiert.

All das zusammen ist im 130 Seiten starken Heft nicht auffallend schlimm, aber man kann zumindest teilweise darauf verzichten. Es macht aber auch die Zielgruppe klar, denn: Billig ist hier gar nichts. Bleibt abzuwarten, wie viele Exemplare BOA nun tatsächlich an den Leser bringt. Während Erstlings-Promi-Magazin “Barbara” mit fast 300.000 verkauften Heften startete, hatte Joko Winterscheidt nur 70.000 Leser anlocken können.