Boris Becker kostete Müller-Wohlfahrt das WM-Finale

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ist Mannschaftsarzt des FC Bayern

Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ist der wohl gefragteste Sportmediziner der Welt. Internationale Sportler wie Sprint-Star Usain Bolt gehen in der Münchner Praxis des 75-Jährigen ein und aus. Doch wenn ein Profi Probleme hat, reist "Mull" auch schon einmal zu seinem Patienten. So wie bei Boris Becker, der zu seiner aktiven Zeit offenbar zahlreiche Behandlungen benötigte.

Deutschlands Tennis-Legende rief Müller-Wohlfahrt sehr oft an. So jettete Mull auch schon einmal per Privatflugzeug nach Nizza und fuhr mit dem Auto nach Monaco, um Becker zu behandeln. Nur um direkt wieder zum Flughafen zu fahren, nach Imola zu fliegen und den kranken Formel-1-Fahrer Gerhard Berger wieder aufzupeppen.

"Am Ende wurde Gerhard Dritter - und ich saß zu diesem Zeitpunkt längst auf der Tribüne in Monte Carlo, um Boris anzufeuern", zitiert die Bild aus Müller-Wohlfahrts Biografie "Mit den Händen sehen: Mein Leben uns meine Medizin".

Hoeneß spürt Bayern-Arzt im Urlaub auf

Sogar in seinem Urlaub war der Orthopäde für seine Patienten da. So auch, als er mit seiner Familie einen geheimen Karibik-Urlaub bestreiten wollte. "Wir kamen glücklich auf Antigua an, wähnten uns in Sicherheit - bis zum Anruf von Boris Becker."

Müller-Wohlfahrt flog dann Nach New York, um Becker bei den US Open zu behandeln. Nur kurz nach seiner Rückkehr musste er seine Erholungszeit jedoch erneut unterbrechen. "Uli Hoeneß hatte herausbekommen, wo wir waren, weiß der Teufel, wie ihm das gelungen war", rätselt der 75-Jährige, der damals wie heute Mannschaftsarzt beim FC Bayern war.

"Ein wichtiger Leistungsträger hatte sich verletzt, ausgerechnet vor einem Schlüsselspiel gegen den 1. FC Köln - Christoph Daum war damals der Kölner Trainer, da schlugen die Wogen immer haushoch -, und ohne ihn nach Köln zu fahren zu müssen, war undenkbar. So endete unser gemeinsamer Karibik-Urlaub nach vier Tagen."

Becker verhindert einmaliges Erlebnis

Ungern erinnert sich Müller-Wohlfahrt dagegen an das Jahr 1990 zurück. Er war zum WM-Endspiel in Rom eingeladen worden, musste Becker jedoch auch beim Wimbledon-Finale gegen Stefan Edberg betreuen. Also einigten sich beide darauf, im Anschluss mit einem Privatflugzeug nach Italien zu fliegen, um das Fußballspiel zusammen zu sehen. Doch Becker verlor das Endspiel überraschend und "verschwand von der Bildfläche".

Mull musste deshalb den Triumph der deutschen Nationalmannschaft über Argentinien am Fernseher im Hotel anschauen. "Eigentlich hätte ich mich tagelang, wenn nicht lebenslang schwarz ärgern müssen über Boris. Ich war auch wütend, doch der Ärger verfliegt bei mir grundsätzlich schnell. Es sollte allerdings 24 Jahre dauern, bis die Scharte von Rom ausgewetzt war und ich in Rio de Janeiro den Weltmeisterschaftstriumph einer deutschen Nationalmannschaft miterleben durfte."

Sein Ärger über Becker verflog mit der Zeit. Der Disput mit Bayerns Ex-Trainer Pep Guardiola blieb ihm noch länger im Gedächtnis, wie der Bayern-Arzt in einem weitere Kapitel beschreibt.