Brief aus Sklavensicht: Aufregung um US-Schulaufgabe

Den Mund mit der konförderierten Flagge überklebt: Demonstratinnnen bei der Eröffnung des "Mississippi Civil Rights Museum" in Jackson, Mississippi. (Bild: REUTERS/Carlo Allegri)
Den Mund mit der konförderierten Flagge überklebt: Demonstratinnnen bei der Eröffnung des "Mississippi Civil Rights Museum" in Jackson, Mississippi. (Bild: REUTERS/Carlo Allegri)

Eine Aufgabe in einer Schule in Mississippi sorgt für hitzige Diskussionen. Darin wurden die Achtklässler aufgefordert, einen Brief aus Sicht eines Sklaven auf einer Plantage zu schreiben.

Mississippi gehört im eigenen Verständnis zu den Südstaaten der USA. Dieses Erbe wird stolz vor sich hergetragen. Es gehört aber auch zu den US-Bundesstaaten, die sich immer noch schwer damit tun, sich mit der eigenen rassistischen Geschichte auseinander zu setzen. Die Aufregung um die Purvis Middle School unterstreicht den fragwürdigen Umgang mit diesem schweren Erbe einmal mehr.

An der Schule forderte ein Lehrer die 13- bis 14-jährigen Schüler auf, sich "in einen Sklaven hinein zu versetzen, der auf einer Plantage in Mississippi arbeitet". Aus dieser Sicht sollten sie dann einen Brief "an die Familie in Afrika" schreiben und von ihrem Leben erzählen. Diese Übung gelangte an die Öffentlichkeit und wurde vom örtlichen Zweig der Anti-Rassismus Organisation "Black Lives Matters" gepostet. Die Aktivisten nannten die Aufgabe "demoralisierend und beleidigend".

"Gute Absichten entschuldigen nichts"

Die zuständige Schulbehörde meldete sich auf Anfrage von US-Medien nicht zu dem Sachverhalt, Frank Bunnell, der Direktor der Purvis Middle School, schickte aber laut der Website The Daily Beast eine Email an alle Eltern, in der er sich entschuldigte, dass "so etwas unter meiner Aufsicht passieren konnte". Die Aufgabe sei allerdings aus dem Kontext gerissen und könne so ungewollt missverstanden werden, schrieb Bunnell. "Aber gute Absichten entschuldigen nichts", hieß es in der Email der Direktors weiter. "Es gibt keine Entschuldigung, diese Praxis herunterzuspielen, die auch nach ihrer Abschaffung für ungerechte Gesetze, unfaire wirtschaftliche Bedingungen, unmenschliche Behandlung und die Unterdrückung einer Bevölkerungsgruppe sorgte."

Trotz der klaren Worte des Direktors wirft dieser Fall ein Scheinwerferlicht darauf, wie an US-Schulen immer noch über Sklaverei und deren Folgen gesprochen und gelehrt wird. In fast fröhlichem Ton werden die Schüler inder Aufgabe dazu aufgefordert "eure Reise nach Amerika" zu beschreiben. Auf dieser erzwungenen Überfahrt der entführten Afrikaner starben alleine mehr als zwölf Millionen Menschen.

"Whitewashing" an den Schulen

Reginald Virgil, Vorsitzender von "Black Lives Matter Mississippi", empfand den Unterrichtsinhalt als klare Form des "Whitewashing", wie er The Daily Beast sagte. Es ist bei Weitem nicht der erste Fall, in dem ein Arbeitsblatt oder ein Schulbuch in den USA rassistische Inhalte vermittelt. Der Einfluss der rückwärts gewandten Geschichtsklitterer ist in Mississippi noch groß, auch der Ku Klux Klan ist immer noch weit verbreitet. Der Bezirk, der an die Schule angrenzt, ist zum Beispiel nach Nathan Bedford Forrest benannt, einem General der Südstaaten-Armee, der nach dem Bürgerkrieg erster Anführer des KKK wurde.

In Mississippi sind fast die Hälfte aller Schüler in öffentlichen Schulen Schwarz, die Purvis Middle School ist allerdings eine Ausnahme mit fast 80 Prozent weißen Schülern. Erst im November verkündete der republikanische Gouverneur Tate Reeves eine drei Millionen US-Dollar teure Initiative, die gegen die "revisionistische Geschichtsschreibung" vorgehen soll, die "eine Generation vergiftet". Wie heftig die Widerstände dagegen sind, konnte zuletzt beobachtet werden, als es darum ging, die Flagge zu erneuern. Es brauchte mehrere Abstimmungen über viele Jahre, bevor im November mit knapper Mehrheit entschlossen wurde, die konföderierten Flagge aus der Staats-Fahne zu nehmen. Zu Beginn dieses Jahres wurde sie nun durch eine Flagge mit einer Magnolie ersetzt.

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