Brückeneinsturz in Genua: Besteht auch in Deutschland Grund zur Sorge?

Ein teurer Ausblick: Deutschland wird im Jahr 2018 3,9 Milliarden Euro in die Modernisierung und Instandhaltung von Brücken investieren. (Bild: dpa via AP Photo/Tobias Hase)
Ein teurer Ausblick: Deutschland wird im Jahr 2018 3,9 Milliarden Euro in die Modernisierung und Instandhaltung von Brücken investieren. (Bild: dpa via AP Photo/Tobias Hase)

Seit dem Brückeneinsturz in Genua ist auch Deutschlands Infrastruktur in aller Munde: Wie ist es um sie bestellt und kann sich ein ähnliches Unglück auch hierzulande zutragen?

In ganz Deutschland stehen rund 39.500 Brücken, alleine in Hamburg sind es ganze 1.400. Seit dem Einsturz der Autobahnbrücke in der italienischen Hafenstadt Genua, der bislang 39 Menschenleben forderte, stehen auch hierzulande die Brücken im Fokus. Besteht etwa auch bei Deutschlands Brücken Einsturzgefahr? In gutem Zustand befindet sich laut „Bild“, die sich bei ihrer Recherche auf die Bundesregierung bezieht, tatsächlich nur jede achte davon. Jede dritte sollte bald saniert werden und satte elf Prozent davon sogar umgehend. Das klingt erst mal alarmierend, bezieht sich aber nicht zwingend auf die Statik, sondern auch auf andere, kleinere Gefährdungen wie marode Geländer.

In einigen Fällen besteht aber tatsächlich Grund zur Sorge über die Tragfähigkeit. Das hat vor allem mit den Veränderungen im Verkehr zu tun, die sich seit dem Bau der meisten Brücken in den 60er- und 70er-Jahren eingestellt haben, erklärt Roman Suthold vom ADAC Nordhein. So seien heute wesentlich mehr Lastwagen unterwegs als noch vor 50 Jahren, zudem seien die einzelnen Lastwagen auch deutlich schwerer: Ein einziger Lkw entspreche derselben Belastung wie 60.000 Pkw.

Brücken müssen einiges tragen können: Zum Teil auch das Gewicht von ganzen Flugzeugen, wie etwa diese Brücke über der Autobahn in Frankfurt. (Bild: AP Photo/Michael Probst)
Brücken müssen einiges tragen können: Zum Teil auch das Gewicht von ganzen Flugzeugen, wie etwa diese Brücke über der Autobahn in Frankfurt. (Bild: AP Photo/Michael Probst)

Wodurch sich Deutschland allerdings stark von Italien abhebt, ist durch das bestehende Kontrollsystem. Der sogenannte einfache „Brücken-TÜV“ wird alle drei Jahre absolviert, eine Hauptprüfung findet alle sechs Jahre statt. Bei dieser wird tatsächlich jedes einzelne Bauteil der Brücke überprüft: Die amtsdeutsche Bezeichnung dafür lautet „handnah“. Darüber hinaus gibt es mindestens einmal im Jahr eine Besichtigung, um etwaige Korrosion und Risse im Beton, etwa infolge von im Winter gestreutem Salz, festhalten zu können. Diese Bestimmungen gelten im Übrigen für alle bestehenden Brücken: auch jene, die wie die Brücke in Genua in den Händen privater Betreiber sind.

Wenn es nach dem „Brücken-TÜV“ zu einer negativen Beurteilung einer Brücke kommt, bedeutet das noch nicht, dass Einsturzgefahr besteht. Bereits ein fehlendes Geländer reicht aus, um eine Sicherheitsgefährdung, etwa für Fußgänger, darzustellen. Eine solche negative, „ungenügende“ Beurteilung betrifft aber nur zwei Prozent der deutschen Brücken. Elf Prozent sind als „nicht ausreichend“ eingestuft, die Mehrheit von 87 Prozent wird derzeit aber mit der Note „gut“ gekennzeichnet. Interessant ist, dass was Brücken angeht, die Vorzeichen zwischen den neuen und alten Bundesländern umgekehrt sind: Die große Mehrheit der sanierungsbedürftigen Brücken steht in Westdeutschland. Besonders viele marode Brücken befinden sich laut „Bild“ in Nordrhein-Westfalen, insbesondere im Umkreis von Dortmund.