China: Fusionsreaktor erreicht Rekordtemperatur

Eine "künstliche Sonne" in der chinesischen Stadt Hefei erreichte 160 Millionen Grad Celsius. Das ist zehnmal heißer als die echte Sonne.

Der Fusionsreaktor
Der Fusionsreaktor "Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST)" im Jahr 2018. Die künstliche Sonne hat jetzt eine neue Rekordtemperatur erreicht. (Bild: Reuters / Stringer)

China hat vergangene Woche einen wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg hin zur Entwicklung eines Fusionsreaktors gemacht. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua konnte eine „künstliche Sonne“ extrem hohe Temperaturen erreichen und diese für einen längeren Zeitraum aufrechterhalten.

Ein großer Schritt

Die "künstliche Sonne" heißt Experimental Advanced Superconducting Tokamak (EAST) und wird vom Institut für Plasmaphysik an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften betrieben. Der Reaktor ist bereits seit 15 Jahren im Einsatz.

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Am Freitag erreichte er nun einen neuen Rekordwert: 160 Millionen Grad Celsius für 20 Sekunden lang. Für insgesamt 101 Sekunden konnte EAST noch 120 Millionen Grad Celsius erreichen. Der Schritt ist ein großer – im vergangenen Jahr erreichte der Reaktor "nur" 100 Millionen Grad Celsius für 20 Sekunden.

Kernfusion: benötigten Brennstoffe gleichmäßig auf Erde verteilt

EAST ist eine der Hoffnungen Chinas, den ständig steigenden Energiebedarf der Welt "sauber" – also emissionsfrei – stillen zu können. Denn bei einer Kernfusion, auf diese Weise erzeugt die Sonne ihre Hitze und Helligkeit, entsteht jede Menge Energie. So viel, dass sogar noch die Erde davon erhellt und erwärmt wird. In der Sonne verschmelzen dafür Wasserstoffkerne zu Heliumkernen.

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik schreibt dazu:

"Ziel der Fusionsforschung ist es, aus der Verschmelzung von Atomkernen in einem Kraftwerk Energie zu gewinnen. Unter irdischen Bedingungen verschmelzen am leichtesten die beiden Wasserstoffsorten Deuterium und Tritium. Dabei entsteht ein Helium-Kern, außerdem wird ein Neutron frei sowie große Mengen nutzbarer Energie: Ein Gramm Brennstoff könnte in einem Kraftwerk 90.000 Kilowattstunden Energie erzeugen – die Verbrennungswärme von elf Tonnen Kohle."

Dazu seien die dafür notwendigen Fusionsbrennstoffe billig und gleichmäßig auf der Erde verteilt. Sie befänden sich in nahezu unerschöpflichen Mengen im Meerwasser.

Fundament für Fusionsreaktor

Deshalb wird auf der ganzen Welt in zahlreichen Einrichtungen am Fusionsreaktor geforscht – und das seit Jahrzehnten. Die Reaktoren werden "künstliche Sonnen" genannt, weil sie versuchen, den Zustand auf der Sonne nachzubilden: Dort herrschen Temperaturen von bis zu 15 Millionen Grad Celsius. Allerdings dauerhaft.

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Trotz des jüngsten Erfolgs ist auch China von einer Umsetzung noch weit entfernt. Die South China Morning Post zitiert dazu Song Yuntao, den Direktor am Institut für Plasmaphysik: "Das erfolgreiche Experiment ist ein Meilenstein. Es bildet ein Fundament für einen Fusionsreaktor in der Zukunft."

Vergleichbare Experimente in Europa erst in der Zukunft

Auch in Europa wird an einem vergleichbaren Projekt gearbeitet. Der Reaktor heißt International Thermonuclear Experimental Reactor. Er steht in Frankreich, daran ist nicht nur die EU, sondern auch zahlreiche weitere Länder wie Indien und die USA, beteiligt. Plasma-Experimente, wie sie jetzt in China durchgeführt wurden, sollen allerdings frühestens in drei bis vier Jahren starten.

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