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Cooles Unkraut: Wie Wildwuchs in Städten gegen Hitze helfen kann

Erhitzte Betonwände, Pflaster und Asphalt sorgen in Großstädten während Hitzewellen für extreme Temperaturen. Doch Unkraut kann neuen Erkenntnissen zufolge dabei helfen, die Bodentemperatur zu senken - um bis zu 28 Grad.

Unkraut gilt als Störenfried, doch Städte können davon profitieren (Symbolbild: Getty Images)
Unkraut gilt als Störenfried, doch Städte können davon profitieren (Symbolbild: Getty Images)

Städte brauchen Grün: Erst vor Kurzem stellte eine Studie fest, dass Stadtbäume die Zahl der Hitzetoten in europäischen Großstädten deutlich senken könnten. Doch auch im kleinsten Rahmen können Pflanzen das Stadtklima in heißen Monaten erheblich verbessern, wie neue Forschung nun ergab, die sich auf das unliebsamste allen Grüns konzentriert hat: das Unkraut, das zwischen den Fugen von Bodenplatten hervorwächst.

Zu dieser Erkenntnis kam der spanische Stadtplaner und Architekt Ángel Panero, wie das Magazin Spektrum berichtet. Entdeckt hatte er den Effekt durch Zufall, als er während des Corona-Lockdowns einen Spaziergang durch die Altstadt der nordspanischen Stadt Santiago de Compostela machte.

Am Platz vor der dortigen Wallfahrtskathedrale machte er eine ungewöhnliche Entdeckung: Dort, wo normalerweise Tausende Füße von Touristen oder Einheimischen über den Boden trampeln, hatte die Natur den Boden zurückerobert und mit unzähligen Pflänzchen zwischen den Granitfugen versehen.

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Der Architekt, der normalerweise für die Instandhaltung des Zentrums zuständig ist und damit Unkraut in den Fugen desselben eher zu Leibe rücken würde, stellte sich eine neue Frage: Wie könnte die Stadt profitieren, wenn man die Granitplatten stattdessen mit bestimmten Pflanzen besiedeln würde?

Kühlerer Boden dank Unkraut - und weitere Vorteile

Panero regte eine Studie von der Universität von Santiago de Compostela an, die sich mit eben dieser Frage beschäftigte. 44 verschiedene Pflanzen identifizierte diese zwischen den Steinfugen - und stellte fest, dass diese den Boden deutlich abkühlten. Bei sonnigem Sommerwetter erreicht der Granit gut und gerne bis zu 55 Grad - mit Unkrautbewuchs liegen diese Temperaturen um bis zu 28 Grad kühler.

Die Lufttemperatur auf einer Höhe von rund 1,80 Metern könnte damit der Forschung zufolge um zwei bis drei Grad gesenkt werden, was das Sommerklima erträglicher machen würde.

Der riesige Platz vor der Wallfahrtskathedrale in Santiago de Compostela heizt sich im Sommer ordentlich auf (Bild: Getty Images)
Der riesige Platz vor der Wallfahrtskathedrale in Santiago de Compostela heizt sich im Sommer ordentlich auf (Bild: Getty Images)

Grund für den Kühlungseffekt ist die Verdunstungskälte, die entsteht, wenn die kleinen Pflänzchen Fotosynthese betreiben und dabei ihre Poren öffnen. Wenn dabei Wasser verdunstet, entzieht das der Umgebung Energie und damit Wärme.

Noch dazu würden jegliche Pflanzen in der Stadt die Wasseraufbereitung entlasten, da ohne sie Regenwasser ungenutzt im Wassernetz und damit in den Kläranlagen landen würde und zusammen mit dem städtischen Abwasser aufbereitet werden müsste.

Unkraut ist nicht immer schlecht

Bevor fleißig losgepflanzt werden kann, müssen jedoch noch diverse Fragen geklärt werden, unter anderem, ob das Unkraut rutschig werden könnte und damit ein Unfallrisiko darstellt. Doch Panero nennt die bisherigen Ergebnisse "sehr ermutigend, gerade was die Wärmeregulierung angeht". Seine Heimatstadt würde quasi aus Granit bestehen. "Etwas scheinbar Belangloses, wie die Besiedlung der Bodenfugen in einer Stadt, kann also sehr wichtige Ökosystemleistungen bringen", zitiert Spektrum den Architekten.

Auch im heimischen Garten kann Unkraut indes einen kühlenden Effekt haben, wie The Guardian rät. Viele Pflanzen dort fühlen sich in Böden mit Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad wohl. In gleißender Sommersonne kann sich dieser jedoch stärker erhitzen. Mulch könne hierbei helfen, den Boden zu kühlen - effektiver seien jedoch blättrige Grünpflanzen wie Kleegewächse, die oft als unliebsames Unkraut entfernt werden.

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