Damit die Angst nicht lähmt: Kindern vor Klassenarbeiten Mut machen

Damit die Angst nicht lähmt: Kindern vor Klassenarbeiten Mut machen

Die Mathearbeit steht in einer Woche an, ein paar Tage später schon die Englischprüfung - hoffentlich klappt alles! Diese Sorgen machen sich nicht nur Schüler, auch Eltern leiden häufig mit. Besonders schwierig ist es bei den Jungen und Mädchen, die vor Klassenarbeiten regelrecht Angst haben und manchmal schon Tage vorher nervös sind. Mit etwas Einfühlungsvermögen können Eltern ihnen helfen. „Eine gewisse Nervosität sollte immer da sein“, findet Stefan Drewes, Leiter der Sektion Schulpsychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen in Düsseldorf. „Immerhin führt etwas Nervosität auch dazu, dass wir aufmerksam und wachsam sind.“ Schwierig werde es allerdings, wenn jemand zu nervös wird. „Dann hemmt einen die Angst.“ Andreas Engel, Erziehungsberater und stellvertretender Vorsitzender der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung in Fürth, vermutet sogar, dass das Problem seit einigen Jahren größer wird. „Die Erwartungen an die Kinder hinsichtlich ihrer schulischen Leistungen sind gestiegen.“ Das sei ein gesellschaftlicher Prozess, dem Eltern kaum ausweichen könnten. „Eine gute Ausbildung ist in Deutschland eine sehr wichtige Ressource. Je weniger Kinder es aber gibt, desto mehr konzentrieren sich alle Erwartungen und Hoffnungen auf diese Kinder - und diesen Druck spüren sie.“ =Eltern sollten eigene Erwartungen hinterfragen = Ein erster Schritt, Kindern die Angst vor Klassenarbeiten zu nehmen, ist, seine eigenen Erwartungen zu hinterfragen. „Eltern sollten prüfen, was sie dem Kind bisher vorgelebt haben, welche Erfahrungen sie in ihrer Schulzeit hatten und was sie von all dem auf ihr Kind übertragen“, rät Drewes. „Einer der Hauptgründe, weswegen Kinder Angst vor Klausuren haben, ist die Angst vor der Reaktion der Eltern.“ Schimpfen die Eltern bei bestimmten Noten? Sind sie enttäuscht, schauen sie traurig? Wenn das Kind eine Fünf nach Hause bringt, sei es zwar in Ordnung seine Enttäuschung auszudrücken, findet Schulpsychologe Drewes. „Aber dann muss es das auch gewesen sein. Wichtiger ist, das Kind aufzubauen und nach vorne zu schauen, wie es von dieser Note wieder herunterkommen kann.“ Vielen Kindern fehle eine gewisse Struktur beim Lernen. „Eltern können ihrem Kind anbieten, gemeinsam die Planung anzuschauen“, so Erziehungs- und Familienberaterin Maria El-Safti-Jütte aus Berlin. Wann hast du die Prüfung? Was musst du dann wissen? Was kannst du schon? Wo kann ich helfen? „Dem Kind sollte klar sein, dass es normal ist, nicht alles beim ersten Mal verstanden zu haben.“ Man könne es beispielsweise ermuntern, sich eine bestimmte Sache noch einmal vom Lehrer erklären zu lassen. =Hilfe durch ältere Schüler oder Nachhilfelehrer organisieren= Gemeinsames Lernen von Eltern und Kindern sehen die Fachleute dagegen kritisch. „Das ist oft schwierig“, warnt El-Safti-Jütte von der Erziehungsberatungsstelle im Pestalozzi-Fröbel-Haus. Meist seien Eltern schneller ungeduldig. „Nur wenn man einen sehr guten Draht hat und sich nicht schon in der Vergangenheit immer bei den Hausaufgaben gestritten hat, kann man es mit dem gemeinsamen Lernen versuchen.“ In der Regel seien Außenstehende wie ältere Schüler oder Nachhilfelehrer besser. Wichtig ist auch, am Tag vor der Prüfung Mut zu machen. „Wenn man kurz vor der Arbeit noch mit dem Kind lernen will, sollte man darauf achten, dass der Fokus auf dem liegt, was das Kind kann und nicht auf seinen Lücken“, empfiehlt Drewes. Hilfreich könne auch sein, eine Strategie für die Klausur zu besprechen. „Kinder bleiben immer wieder bei der ersten Matheaufgabe hängen und tüfteln so lange, bis es für die anderen zeitlich nicht mehr reicht.“ Schülern können daher Ideen für den Fall helfen, wenn sie während der Arbeit mal nicht weiterwissen und die Angst sie plötzlich überflutet. Ist ein Kind dennoch extrem nervös und verhaut trotz allen Lernens mehrere Arbeiten, sollten sich die Eltern von einer neutralen Person beraten lassen. „Möglicherweise ist das Kind auf der Schule oder in der Klassenstufe überfordert und müsste wechseln“, ergänzt Drewes. „Oder es ist sehr unsicher und traut sich nichts zu.“ Dann könnte ein Schulpsychologe helfen, diese Unsicherheit zu ergründen. Möglicherweise helfe auch ein Hobby, in dem das Kind Erfolg habe und Selbstbewusstsein gewinne. „Auf jeden Fall haben Eltern und Kinder meist eine gute Chance, aus der Angst herauszukommen und zu lernen, mit Prüfungssituationen gut umgehen zu können.“ =Beruhigungstechniken üben= Ist ein Kind sehr nervös, muss es sich beruhigen. „Körperliche Nähe beruhigt besonders kleinere Kinder“, berichtet Experte Andreas Engel. Wenn sie sich zum Beispiel bei ihren Eltern auf den Schoß setzen und kuscheln könnten, gebe ihnen das Sicherheit. „Man kann aber auch versuchen, einen inneren, sicheren Ort zu schaffen.“ Dabei könnten Gedankenübungen helfen wie: „Ich sitze auf einer Bank am Fluss, das Wasser fließt, alles wird gut.“ Durch regelmäßiges Wiederholen werde so ein Ort schnell abrufbar. „Ist das Kind dann in einer aufregenden Situation, kann es sich gedanklich an den sicheren Ort bringen und ruhiger werden.“ Tipps zum Thema Angst vor Klassenarbeiten: www.schulpsychologie.de Quelle: dpa, bke