Darum war Uwe Seeler so beliebt bei ganz Fußball-Deutschland

Es gibt diese Sporthelden, die jeder liebt. Uwe Seeler gehörte definitiv dazu. Warum nun das ganze Land um das verstorbene HSV-Idol trauert.

Unnachahmlicher Zug zum Tor: Uwe Seeler (rechts) beim WM Halbfinale 1966 gegen die Sowjetunion.
Unnachahmlicher Zug zum Tor: Uwe Seeler (rechts) beim WM Halbfinale 1966 gegen die Sowjetunion. (Bild: PA Images via Getty Images)

Sportlich war der Stürmer ohnehin eine Legende. Dreimal war er Deutschlands Fußballer des Jahres. Besonders in Hamburg, denn seiner Geburtsstadt blieb "Uns Uwe" seine gesamte Karriere über treu. Doch beliebt war er in der gesamten Fußball-Welt, das zeigt die Trauer nach seinem Tod im Alter von 85 Jahren.

Deutscher Meister und Pokalsieger mit "seinem" HSV

1960 schoss er die "Rothosen" mit einem Doppelpack zur Deutschen Meisterschaft. Denn damals gab es noch ein Endspiel, das der HSV mit 3:2 gegen den 1. FC Köln gewann. Die Bilder, auf denen der 25-jährige Seeler von den Fans auf Händen durch das Stadion getragen wird, gehören bis heute zur Vereins-Ikonografie. Drei Jahre später holte er gemeinsam mit seinem Bruder Dieter den DFB-Pokal für den HSV, dreifacher Torschütze im Finale? Natürlich Uwe Seeler.

Als im Jahr darauf die Bundesliga gegründet wurde, war Seeler mit seinem unnachahmlichen Torriecher mit 30 Treffern ihr erster Torschützenkönig. Spätestens da wurde aus ihm "Uns Uwe", ein Spitzname, der bereits viel über ihn verrät. Die Torjägerkanone bekam er übrigens erst 2012 nachträglich überreicht, es wird ihn eher amüsiert als gestört haben.

Die meisten Fans außerhalb Hamburgs dürften sich wohl an sein berühmtes Hinterkopftor erinnern. 1970 kam es im WM-Viertelfinale zur Revanche gegen die englische Mannschaft. Und Seeler gelang kurz vor dem Schlusspfiff mit dem Hinterkopf der Treffer zur Verlängerung, in der dann Gerd Müller, der andere große Stürmer dieser Zeit, den Einzug ins Halbfinale sicherstellte. Einen großen Titel konnte er mit der Nationalmannschaft trotz dieser Erfolge nie gewinnen. Als einer der ganz großen Nationalspieler gilt er aber bis heute.

Wie beliebt Seeler in ganz Fußball-Deutschland war, lässt sich an den Trauer-Bekundungen sehen, die nach der Nachricht seines Todes überall erschienen. Von Eintracht Frankfurt, bis Ingolstadt oder Fortuna Düsseldorf: Nahezu jeder Verein gedachte dem Ausnahme-Stürmer aus dem Norden. Zahlreiche Fans posteten Bilder von sich und Uwe Seeler auf den Sozialen Medien, beim Testspiel zwischen RB Leipzig und Liverpool gab es eine Schweigeminute. Auch die Frauennationalmannschaft trat im EM-Viertelfinale gegen Österreich mit Trauerflor an und gedachte dem 72-fachen Nationalspieler.

Scholz nennt Seeler "Vorbild"

Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb als ehemaliger Hamburger Bürgermeister: "So wie #UnsUwe möchten wir eigentlich alle sein: selbstbewusst und bescheiden."

Seeler verkörperte wie kein anderer hanseatische Bescheidenheit und gleichzeitig echten Sportsgeist. Es ist kein Wunder, dass eine seiner bekanntesten Szene mit einer sehr bitteren Niederlage verbunden ist. Nach dem berühmten WM-Finale 1966 in Wembley mit dem hochumstrittenen "Wembley-Tor", schlich ein untröstlicher Seeler mit gesengtem Kopf aus dem Stadion, geleitet von zwei Offiziellen. Gerade hatte England mit 4:2 die Heim-WM gewonnen und Seeler seiner größten Weltmeister-Chance beraubt.

Respekt von den Rivalen

Doch diese Größe in der Niederlage brachte ihm viel Anerkennung in der Sportwelt. Selbst der große Stadtrivale FC St. Pauli begrub für den Moment der Trauer nach seinem Tod alle sportliche Rivalität und zollte Seeler in einem Post Respekt.

Und auch der zweite große Nord-Rivale Werder Bremen bekundete dem HSV und Seelers Familie sein Mitgefühl.

Dass er nie den Verein wechselte und - nach eigener Erzählung - sogar eine damals unvorstellbar hohe Handgeld-Offerte aus Italien ablehnte, machte ihn auch im Nachhinein zur Symbolfigur einer Ära vor dem völlig aufgeblasenen Fußball-Kapitalismus neuerer Zeiten. 1,2 Millionen D-Mark soll Inter Mailand ihm damals angeblich angeboten haben. Doch Seeler lehnte ab. Er blieb seinem HSV treu und wollte auch die Elbe mit seiner Frau Ilka nicht verlassen. Immer wieder äußerte sich im Ruhestand auch zu den wahnsinnigen Transfersummen heutiger Tage, die er als "einfach wahnsinnig" bezeichnet. Mit Uwe Seeler verbinden Fans bis heute die Sehnsucht nach der "guten alten Zeit" des Fußballs.

Inbegriff der Bodenständigkeit

Denn Seeler blieb auch nach seiner Karriere bodenständig. Obwohl er mit Auszeichnungen überschüttet wurde wie dem großen Bundesverdienstkreuz. Natürlich war er Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und Hamburger Ehrenbürger und Ehrenkapitän des Hamburger Hafens sowieso. Selbst die Polizei ernannte ihn zum Ehrenkommissar und sogar Ehren-Schleusenwärter wurde er in Hamburg. Doch trotz der Ehrungen machte seine Bodenständigkeit und sein Unwille, sich neben dem Platz selbst in den Vordergrund zu spielen, einen großen Teil seines Charmes aus. "Das schönste auf der Welt ist doch, normal zu sein", sagte Uwe Seeler einmal in einem Interview.

HSV-Stadion soll nach ihm benannt werden

In die Geschicke des HSV mischte sich Seeler anders als viele andere Ex-Profis nicht aktiv ein. Aber er blieb als Fan und Begleiter seines Vereins immer präsent, nach dem Abstieg in die Zweite Liga und den verpassten Wiederaufstiegen zuletzt mit wachsender Sorge.

Vor dem Volksparkstadion erinnert ein riesiger bronzener Fuß an die Vereinslegende, dort legten Fans nach seinem Tod nun Schals, Blumen und Kerzen ab, um ihm zu gedenken. Und in Hamburg überlegt man nun, das HSV-Stadion in "Uwe Seeler Stadion" umzubenennen.

Im Video: Dreifacher "Fußballer des Jahres" und HSV-Legende Uwe Seeler ist gestorben