Das Erdbeben von der Saar blieb aus

Angela Merkel und Julia Klöckner gratulieren Annegret Kramp-Karrenbauer zum Wahlsieg (Bild: dpa)
Angela Merkel und Julia Klöckner gratulieren Annegret Kramp-Karrenbauer zum Wahlsieg (Bild: dpa)

Ein richtungweisendes Votum war die Landtagswahl am Sonntag schon: Alle können sich erstmal beruhigen. Ein bisschen.

Ein Kommentar von Jan Rübel

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Der erste Auftakt des Superwahljahres brachte einen ordentlichen Schwung, und zwar an Baldrianpillen. Denn die vorhergesagten Erschütterungen sind ausgeblieben. Alle Parteien können sich zurücklehnen und ihre bisherige Strategie für den Überlebenskampf im Jahr 2017 überdenken.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer hat bewiesen, dass man mit Ruhe, Vernunft und dem Vermeiden populistischer Parolen Wahlen gewinnen kann. Sie ist die große Siegerin dieser Landtagswahl, und ihr Glanz fällt auch auf ihre Parteifreundin Angela Merkel. Zwar fiel auf, dass die Kanzlerin im Landeswahlkampf eine geringere Rolle spielte als gewohnt. Aber Kramp-Karrenbauer und Merkel ähneln sich in ihrem Politikstil und in ihren politischen Inhalten, sie stehen beide für die liberalisierte CDU und damit als Antipoden zum Konservativen, das zunehmend in der AfD seine Perspektiven sucht.

Alle durchatmen, bitte

Merkel kann sich also zurücklehnen. Sie schon a priori zu einer Verliererin zu stempeln ist eine einfache wie falsche Lesart. Der aufkommende Bundestagswahlkampf wird nun immer mehr zu einem persönlichen Duell zwischen ihr und dem Spitzenkandidaten der SPD, Martin Schulz. Dessen Hype hat an der Saar nicht gezogen. Die Leute bevorzugten eher den Verlass auf das Bestehende, und mit dem zeigten sie sich nicht unzufrieden. Überhaupt ist diese Wahl auch ein Ausweis gegen jene, die sich im Untergang des Abendlandes wähnen. Es ist eine Anti-Jammer-Wahl.

Schulz jedenfalls weiß nun, dass er nicht über Wasser gehen kann. Dass der Weg gen Kanzleramt ein Marathon sein würde, war ihm sicher schon bewusst. Nun muss er indes zeigen, dass er auch bei Querschlägen begeistern kann. Denn der Schwung, den die SPD durch seine Nominierung erhielt, nährte sich auch ein großes Stück davon, dass es einen erstmaligen Effekt in den Umfragen gab und diese den Kandidaten stärkten. Ein gestärkter Schulz wiederrum wirbelte selbst die Umfragen für sich nach oben – es ist ein Gefüge zweier sich selbst ergänzender Kräfte, ein Beispiel für politische Autosuggestion, die durch den ausbleibenden SPD-Sieg an der Saar nicht automatisch versiegen wird.

Für Schulz ist dieser Wahlausgang kein Grund die Nerven zu verlieren.

Eher angeschlagen sehen die kleinen Parteien aus. Die Grünen hatten sich vor fünf Jahren mit 5,0 Prozent gerade noch in den Landtag gerettet, Saarland ist ein historisch schwaches Grünenland. Seitdem aber haben es die Grünen nicht vermocht, ihre Parlamentsarbeit in eine zunehmende Anhängerschaft zu verwandeln – das ist bitter. Auch wenn ein Gutteil der grünen Misere darin begründet ist, dass im Saarland mit einer eher linken SPD und einer starken Linke unter der Führung des Obersaarländers Oskar Lafontaine das Terrain für Grüne arg umkämpft ist.

Nichts ist vorerst untergegangen

Für Rot-Rot hat es nun nicht gereicht, obwohl beide Parteien zusammengenommen ein Ergebnis eingefahren haben, das keine Verzweiflung fordert. Und Schulz muss nicht die kommenden Wochen darauf verwenden, das rot-rote Schreckgespenst zu zerstreuen.

Die FDP möchte sich nach diesem Abend am liebsten gleich wieder ins Bett legen. Für die Liberalen wird es sehr schwer werden in diesem Jahr. In NRW, bei der Landtagswahl im Mai, wird das Ergebnis sicherlich besser werden – wegen solider Parlamentsarbeit und eines präsenten Spitzenkandidaten, der hoffentlich nicht die Lehre aus dem Saarelend zieht, dass die FDP wieder populistische Flötentöne probieren sollte.

Darin ist nur eine Partei unangefochtener Meister. Die AfD ist das Original des Populismus, da brauchen die anderen Parteien keine Imitate zu bemühen. Das Wahlergebnis von 6,2 Prozent der abgegebenen Stimmen für die AfD mag auf den ersten Blick bescheiden aussehen, ist aber ein Achtungserfolg für die Partei. Denn der Landesverband ist chronisch zerstritten, zeigte radikale Tendenzen, die selbst bei Petry, Gauland & Co die Ohren schlackern ließen und legte einen Wahlkampf hin, den man kaum als solchen bezeichnen kann. Dennoch ließ die AfD Grüne und FDP hinter sich.

Das Superwahljahr wird spannend. Aber viel weniger erregter als von manchen vorhergesagt.

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