Das große Lästern: Macron, Johnson und Trudeau tratschen über Trump
Worüber Politiker privat reden, bleibt meist hinter verschlossenen Türen. Bei einem Treffen am Rande des NATO-Gipfels in England wurden nun aber Staatschef dabei gefilmt, wie sie über Donald Trump lästern. Es dürfte die internationalen Spannungen weiter verschärfen.
In seiner Heimat hat der Untersuchungsausschuss gerade den Bericht zum Amtsenthebungsverfahren vorgelegt. Auf über 300 Seiten wird dort dem US-Präsidenten angelastet, Druck auf die Ukraine ausgeübt zu haben, nachdem die Anhörungen mit zahlreichen Zeugen abgeschlossen sind. Donald Trump ist allerdings selbst momentan gar nicht in den USA, sondern in England, um sich über die Zukunft der NATO zu unterhalten. Und muss dort feststellen, dass er unter den Kollegen nicht gerade beliebt ist.
Bei einem Event im Buckingham Palace anlässlich des 70. Jahrestages der NATO-Gründung trafen einige der wichtigsten Personen der Weltpolitik aufeinander und wurden prompt dabei erwischt, wie sie über Trump lästern. Nach dem Treffen kursierte ein Video, aufgenommen von einer Kamera des offiziellen Medienteams des Gipfels, auf dem sich der kanadische Premierminister Justin Trudeau, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der Britische Premierminister Boris Johnson in lockerer Runde unterhalten. Auch der niederländische Premier, Mark Rutte, steht bei der Männerrunde.
“Sind Sie deshalb zu spät?” hört man Johnson Macron fragen, woraufhin Trudeau launig unterbricht: “Er ist zu spät, weil er gerade spontan eine 40-minütige Pressekonferenz machen musste.” Später sagt Trudeau noch: “Man konnte sehen, wie seinem, Team der Unterkiefer runterklappt.” Macrons Antworten sind nicht zu verstehen, da sein Rücken der Kamera zugewandt ist. Das Video war zunächst von der Russischen Seite “Sputnik News” gepostet worden, in dieser längeren Version sind noch weitere Gespräche und Interaktionen zu sehen. Zwar wird der Name Trumps nicht erwähnt, es ist jedoch offensichtlich, über wen geredet wird. Der kanadische Sender CBC veröffentlichte dann eine kürzere Version mit Untertiteln auf Twitter.
.@JustinTrudeau, @EmmanuelMacron, @BorisJohnson and other VIPs shared a few words at a Buckingham Palace reception Tuesday. No one mentions @realDonaldTrump by name, but they seem to be discussing his lengthy impromptu press conferences from earlier in the day. (Video: Host Pool) pic.twitter.com/dVgj48rpOP
— Power & Politics (@PnPCBC) 3. Dezember 2019
Die Kommentare beziehen sich auf die Pressekonferenz früher am Tag. Trump und Macron hatten dort einen mehr als ungemütlichen Austausch vor laufenden Kameras, bei dem Trump androhte, IS-Kämpfer nach Frankreich zu schicken. In dem Video ist deutlich zu sehen, wie Macron versucht, die Contenance zu bewahren.
“Would you like some nice ISIS fighters?” President Trump asks.
“Let’s be serious,” President Emmanuel Macron of France replies.
Watch the tense exchange between the leaders ahead of this week's NATO summit in London. https://t.co/AY5isJOIy8 pic.twitter.com/C7OIV1kX4v— The New York Times (@nytimes) 3. Dezember 2019
Hintergrund des Disputs zwischen den beiden Staatsoberhäuptern sind neue Steuern, die Frankreich von US-amerikanischen Konzernen einfordert. Macron hatte die NATO auch als “hirntot” bezeichnet, Trump diese Kommentare als “sehr sehr hässlich” abgestempelt. Diese Spannung übertrug sich auf die fast 50-minütige Spontan-PK der beiden. Kein Wunder vielleicht, dass Macron nach diesem Aufeinandertreffen ein wenig Luft ablassen musste.
Reaktionen aus Presse und Politik
Reporter und ehemalige Regierungsmitarbeiter reagierten auf Twitter auf den Mitschnitt des Gesprächs. Die Chefin des Washington Büros von “Al-Hayat“ twitterte: “Falls sich jemand jemals gefragt hab, wie es aussieht, wenn Staatschefs sich privat unterhalten.”
If you ever wondered what world leaders chat about in private, well here at NATO they’re gossiping about #Trump.
Leaked Video shows Canada’s Trudeau (with a 🍺), France’s Macron, UK’s Johnson making fun of Trump’s long pressers and his staff reactions: pic.twitter.com/5E0KISv1jo— Joyce Karam (@Joyce_Karam) 4. Dezember 2019
Andere Beobachter vermuteten sogar politisches Kalkül, wie Neera Tanden, Präsidentin des “Center for American Progress”. “Die wissen genau, was sie da machen. Sie senden eine Botschaft an die Welt.”
These leaders all know they are on tape all the time. They know what they’re doing. They’re sending a message to the world. Even Boris Johnson, who faces an election in days in a country in which Trump is toxically unpopular, is in on it. https://t.co/gi4UPLgKMX
— Neera Tanden (@neeratanden) 4. Dezember 2019
Auch “New York Times”-Korrespondentin Maggie Haberman zeigte sich amüsiert über die Ironie, dass nun ausgerechnet bei den wichtigsten internationalen Partnern über Trump gelacht wird, während er dieses Argument stets im Wahlkampf gegen die Politik seiner Vorgänger verwendete hatte.
Can’t get over this video, both for the fact that POTUS hates the thought of anyone laughing at him and for the fact that he long used “other countries are laughing at us” as an attack against his predecessors. https://t.co/j2zmF27vBK
— Maggie Haberman (@maggieNYT) 4. Dezember 2019
Das Video erscheint zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt, an dem die NATO so fragil und uneins wirkt, wie seit Jahrzehnten nicht. Von Donald Trump war ungewöhnlicherweise bisher nichts zu dem Vorfall zu hören. Er traf sich noch am Dienstagabend mit Boris Johnson um über “NATO und Handel” zu sprechen, schrieb Trump in einem Tweet.