Das ist jetzt nicht mehr witzig

Dieses Cover geht vielen zu weit (Bild: Charlie Hebdo/Facebook)
Dieses Cover geht vielen zu weit (Bild: Charlie Hebdo/Facebook)

Gibt es Grenzen des Humors? Eine No-Go-Area für Komiker? Nicht, wenn es persönlich ist…

Ein Kommentar von Jan Rübel

Derzeit haben wir es wieder mit den Köpfen. Die Botschaft der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) ist halt auch ein süßes Gift, es sickert langsam in unsere Köpfe, zumindest die Bilder ihrer tumben Parolen – denn die verbreitet der IS gern garniert mit abgetrennten Köpfen; da brennt selbst bei jenen, die ansonsten einen kühlen Kopf behalten, mal die Sicherung durch.

In der vergangenen Woche waren es gleich zwei Komiker, die im IS-Style posierten, nur ganz unverhüllt. Da war Kathy Griffin, die mit einem Kopf spielte, der Donald Trump irgendwie ähnelte. Und das Satire-Magazin „Charlie Hebdo“ titelte nach den Terroranschlägen von London mit einer Premierministerin Theresa May und ihrem eigenen Kopf im Arm sowie den Worten: „Too much is too much.“

Ist das alles too much?

Nicht wirklich. Griffins Pose war geschmacklos, denn sie verbildlicht eine brutale Gewalt, sie übernimmt die Sprache des IS, aber okay, ist dies ein Grund gefeuert zu werden, wie es der Fernsehsender CNN mit ihr tat? Komiker tanzen stets auf einem dünnen Seil. Nicht jeder falsche Schritt sollte mit dem Absturz bestraft werden. Im Grunde dürfen Komiker alles, auch humorlos, unwitzig und geschmacklos sein. Wenn eine Anekdote nicht sitzt, merken sie es als erste und werden beim nächsten Mal eine andere Pointe bemühen – es sei denn, man heißt Charlie Hebdo und macht fehlende Kreativität und Holzhammerhumor zum Programm. Aber auch dies gehört nicht auf einen irgendeinen Index.

Blöd sein ist durch die Verfassung gedeckt

Natürlich ist die Titelseite der französischen Satiriker daneben, der Anstand und, viel wichtiger, das Mitgefühl mit den Opfern der Anschläge, bleiben aus. Und da Satiriker auch Menschen sind, sind die besten ihres Faches jene, die dieses nicht vermissen lassen. Charlie Hebdo ist eben ein schlechtes Satire-Magazin. Die Prophetenkarikaturen waren wenig witzig, und als die Redakteure im Herbst 2016 blutende Erdbebenopfer des italienischen Ortes Amatrice als Nudelgerichte präsentierten, fehlten einem fast die Worte. So blöd muss man erstmal sein, aber die Kollegen in Paris gelang dies mit Bravour. Angeblich wollte man den Tod als Tabu angehen, schrieben sie dann später, und weil es bei der allgemeinen Entrüstung mit ein paar Jokes rund um den Sensenmann nicht getan war, schoben sie nach: „Nicht ,Charlie Hebdo’ baut Eure Häuser, sondern die Mafia.“ Das war nun echte Satire, bloß ungewollte. Der Junge aus der Zeichenstube, und wie er Naturgewalten sah.

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Zu solch Lächerlichem schwieg man besser, und nahm beim nächsten Mal am Kiosk eine Ausgabe von „Landlust“ mit, die ist die bessere Satire.

Verklagen oder verbieten wäre keine gute Reaktion auf den Mist von Charlie Hebdo, vom Massaker des IS ganz abgesehen. Die US-Komikerin Griffin wird künftig nicht noch einmal mit einem Kopf in den Armen herumlaufen, es sei denn zu Halloween.

Satire darf auch mal abstürzen

Komiker dürfen mit ihren Witzen abstürzen. Trump kommt selbst derart brutal daher, da mögen Witzemacher schon mal hilflos den Kopf in den Sand stecken. Aber wir brauchen sie. Komiker und Satiriker sind Seismographen der Gesellschaft. Beschwert man sie mit Gewichten aus Angst, nicht über jenen oder jenes zu witzeln, können sie weniger gut ihren Jobs und ihrem Auftrag nachkommen.

Gibt es also Grenzen? Ja, wenn es die Arena des Persönlichen verlässt. Jan Böhmermann agierte humorlos und rassistisch, nicht weil er Recep Tayyip Erdogan beleidigte – sondern weil seine Angriffe gegen den türkischen Präsidenten zur Ansammlung orientalistischer Klischees anwuchsen und Türken an sich beleidigtem, nicht nur den Herrn aus Istanbul; Böhmermann scheint dies indes bis heute nicht kapiert zu haben. Und Harald Schmidt verlor seinen Humor spätestens dann, als er Gruppen aufs Korn nahm, zum Beispiel Polen. Das war nicht witzig. Das hievte rassistische Stammtischzoten ins Fernsehen. Schmidt ist gerade kein Comeback bei „Spiegel-Online“ zu wünschen.

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Ebenfalls nicht witzig: An Galgen aus Pappmaché hängende Puppen, die Politiker darstellen, wie man es bei Pegida-Demonstrationen sah. Solche Prozessionen haben auch nur die Verunglimpfung einer Gruppe zum Ziel. Zur Verteidigung der Retter des Abendlandes ließe sich indes anbringen, dass sie damit vermutlich nicht witzig sein wollten, sie sind ja auf einer Mission. Also, kein Grund kopflos zu werden.

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