Europa erlebt schwere Vogelgrippe-Epidemie

Die Vogelgrippe erreicht in diesem Jahr ein bisher noch nicht gekanntes Niveau. Die Krankheit tritt auch nicht mehr nur saisonal, sondern ganzjährig auf. Forscher sprechen bereits von einer Pandemie.

In Europa verenden immer mehr Vögel an der Vogelgrippe. (Bild: dpa)
In Europa verenden immer mehr Vögel an der Vogelgrippe. (Bild: dpa)

Stockholm - Nach Daten der EU-Gesundheitsbehörde ECDC ist der jüngste Seuchenzug der Vogelgrippe die schwerste jemals registrierte derartige Epidemie in Europa.

Einem am Montag veröffentlichten Bericht zufolge wurden während der Saison 2021/2022 fast 2500 Ausbrüche in Geflügelhaltungen festgestellt. 48 Millionen Tiere seien in den Haltungen gekeult worden.

Bei Wildvögeln seien mehr als 3500 Fälle festgestellt worden. Auch die geografische Ausdehnung des Ausbruchs sei einmalig und erstrecke sich von Spitzbergen bis Portugal sowie bis in die Ukraine. 37 europäische Länder seien betroffen. Bei anderweitig gehaltenen Tieren, etwa in Zoos, seien fast 190 Fälle registriert worden.

Engpässe bei Truthähnen

Nach einer enormen Zahl an Vogelgrippe-Ausbrüchen auch in Großbritannien fürchten Geflügelbauern um ihre besonders in der Weihnachtszeit begehrten Truthähne. Es habe in diesem Jahr bereits einige Fälle von Vogelgrippe bei Geflügelzüchtern gegeben, sagte James Mottershead von der National Farmers Union am Montag dem Sender Sky News. Solche Fälle in der Vorweihnachtszeit könnten zu Engpässen führen. «Wenn man einen Ausbruch auf seinem Hof hat und der Betrieb als infiziertes Gelände eingestuft wird, ist das ernst.» Es könne bedeuten, dass man bis zu zwölf Monate lang seine Produktion aussetzen müsse.

Schwere Erkrankungen auch bei Menschen

Tier-Grippeviren können laut ECDC sporadisch zu Infektionen beim Menschen und zu milden bis hin zu schweren Erkrankungen führen. Die Viren hätten das Potenzial, sich stark auf die Gesundheit der Bevölkerung auszuwirken, wie Beispiele aus der Vergangenheit zeigten. Trotz der starken Ausbreitung und trotz Vogelgrippe-Infektionen bei Säugetieren habe es in den vergangenen Jahren im Europäischen Wirtschaftsraum jedoch keine Übertragung auf den Menschen gegeben.

Weltweit habe es nur eine kleine Anzahl ohne Symptome oder mit milden Verläufen gegeben. Deshalb befinde sich das Risiko für die Bevölkerung auf niedrigem Niveau, wenn auch etwas höher für Menschen, die berufsbedingt infizierten Vögeln ausgesetzt seien.

Echte Pandemie bei Wildvögeln

Die EU-Behörde verwies auf die Bedeutung von Tests von Menschen mit Atemwegserkrankungen und kürzlichem Kontakt mit möglicherweise infizierten Tieren oder ungeklärtem Ursprung. Es sei von größter Wichtigkeit, etwaige Übertragungen früh zu erkennen.

Kürzlich hatte der Leiter des Nationalen Referenzlabors für Aviäre Influenza am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bei Greifswald mit Blick auf die Vogelgrippe von einer ganz neuen Qualität gesprochen. Ein Infektionsgeschehen mit dem Ausmaß wie im aktuellen Sommer beobachte man zum ersten Mal, sagte Timm Harder. Seien die Ausbrüche in früheren Jahren bedingt durch den Vogelzug vor allem saisonal gewesen, träten sie jetzt ganzjährig auf. Zudem sei auch ganz Nordamerika betroffen. Man könne von einer echten Pandemie bei Wildvögeln sprechen, sagte der Experte.

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