"Denkt an diese Menschen hier": Michel Friedmans Reportage aus einem Flüchtlingslager

Der Talkmaster Michel Friedman hat sein Studio verlassen, um sich für den Nachrichtensender WELT in einer Vor-Ort-Reportage ein Bild vom Elend der Geflüchteten auf der griechischen Insel zu machen.

Eigentlich kennt man Michel Friedman ja als Mann, der das gepflegte Ambiente eines Talksendungs-Studios, einen stets perfekt sitzenden Anzug und messerscharfe Fragen zur Welt- und Innenpolitik schätzt. Für die sehenswerte, ungemütliche Reportage "Friedman schaut hin: Flüchtlingslager Lesbos" hat er sich nun aber auf den Weg gemacht, um die im Dauerfeuer der Schlagzeilen und aufgeheizten politischen Streitigkeiten fast Vergessenen zu besuchen. Friedman war vor Ort im großen Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos, die an der äußersten EU-Außengrenze und nur knapp vor der türkischen Küste liegt.

Dort bietet sich dem TV-Mann ein erschreckendes Bild, das von Hoffnungslosigkeit und zunehmender Verzweiflung nicht nur der dort Gestrandeten und Festgehaltenen geprägt ist. Auch die vielen oft freiwilligen Helfer, die sich um das Schicksal der Flüchtlinge, von denen viele aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammen, kümmern und ihnen oft auch medizinische Notversorgung bereitstellen, sind mit ihren Nerven und Kräften am Ende. "Es gibt immer noch Menschen, denen das Ausmaß dieser Situation nicht bewusst ist", klagt etwa die Niederländerin Rosa Duran von der Stiftung Movement on the Ground im Gespräch mit Michel Friedman.

"Meine Botschaft wäre: Denkt an diese Menschen hier", so Duran. Es gehe nicht nur um Zahlen, sagt sie. "Es geht hier um Menschen wie dich und mich. Sie verdienen einen würdigen Ort zum Leben, wenigstens für die Zeit, die sie hier sind." Tatsächlich sind die humanitären Zustände im Lager oft verheerend, die medizinische Versorgung kann meist nicht mehr ausreichend geleistet werden. Und das Lager wächst durch Neuankömmlinge stetig an.

"Ehrenamtliche medizinische Organisationen", so Marco Sandrone von Ärzte ohne Grenzen, "können die Kranken, wenn ihre Erkrankungen schwerwiegend sind, an die örtlichen Krankenhäuser überweisen." Diese seien aber oft selbst hoffnungslos überlastet. "Deshalb können sich die Freiwilligen hier im Lager um die riesige Anzahl häufig auch komplizierter medizinischer Notfälle nicht angemessen kümmern", erklärt er und wendet sich in einem flammenden Appell an die Politiker auch in Deutschland. "Ich kann ehrlich sagen, dass ich mich dafür schäme, als Europäer hier zu stehen und zu sehen, wie Länder, die den Rahmen für Menschenrechte geschaffen haben, Menschen so behandeln können", so Friedmans Interviewpartner.

Tatsächlich ist der griechische Staat, der das Flüchtlingslager Moria auf Lesbos eingerichtet hat, finanziell und logistisch mit dem Ansturm der Flüchtlinge überfordert. "Griechenland kann diese Last nicht alleine tragen", sagt Dimitris Vafeas, der das Lager leitet. Europas Länder müssten mehr Geld zur Verfügung stellen. "Es geht um die Würde der Europäischen Union."

Die Dokumentation "Friedman schaut hin: Flüchtlingslager Lesbos" wird am Donnerstag, 12. Dezember, um 17.15 Uhr, auf dem Spartensender WELT ausgestrahlt. Danach ist er in der zugehörigen Welt-Mediathek abrufbar.