Deutsche Taktik: Deshalb konnte Mexiko die Defensive überrennen

Der deutsche Auftakt in die WM 2018 ist misslungen. Gegen Gruppengegner Mexiko musste das Team von Joachim Löw eine 0:1-Niederlage hinnehmen. Das hatte taktische Gründe, die nicht zum ersten Mal an das Tageslicht traten.

Immer einen Schritt zu spät: Joshua Kimmich bei mexikanischen Kontern. (Bild: Getty Images)
Immer einen Schritt zu spät: Joshua Kimmich bei mexikanischen Kontern. (Bild: Getty Images)

Von einem “Weckruf zur richtigen Zeit” wollte Mats Hummels im ZDF nach der Pleite gegen Mexiko nichts wissen. Zu spät sei das deutsche Team wachgerüttelt worden, kritisierte der Innenverteidiger. “Intern” habe er schon mehrfach das Problem angesprochen, das die Deutschen auch wieder gegen Mexiko plagte.

Restverteidigung ist das Stichwort, das die Taktik-Experten im DFB-Team diskutieren müssen. Einfacher gesagt: Was machen die Verteidiger mit dem Raum, der im Rücken offen bleibt, wenn das Team angreift? Wenn Deutschland nach vorne spielt, muss schon darüber nachgedacht werden, wie ein möglicher Konter abgefangen wird.

Gerade gegen Mexiko offenbarten sich hier Probleme. Weil Thomas Müller auf der rechten Seite stark ins Zentrum zieht, muss Außenverteidiger Joshua Kimmich sehr weit aufrücken, damit die rechte Flanke im deutschen Spiel weiterhin besetzt ist.

Mexikaner konterten hinter Kimmich

Das ist soweit normal und auch vom FC Bayern München nicht unbekannt. Wichtig ist dann allerdings, wie die offensive Rolle von Kimmich defensiv ausgeglichen wird. Hier offenbarte Deutschland nicht zum ersten Mal Schwierigkeiten.

Die Mexikaner hatten den Raum im Rücken des Rechtsverteidigers als Schwachpunkt ausgemacht und wurden unter anderem beim entscheidenden Treffer in ihrer Taktik bestätigt. Verliert Deutschland den Ball, müssen Jerome Boateng und Hummels die Situation oft alleine bereinigen.

Dann stellt sich den Verteidigern die Frage, ob sie in Richtung des eigenen Tores fallen oder aber nach vorne verteidigen und mit Risiko versuchen, den Ball zu erobern. Hummels ging oft nach vorne und entblößte damit die Defensive komplett.

(Fast) Alleine für die Defensive verantwortlich: Ein ratloser Jerome Boateng. (Bild: Getty Images)
(Fast) Alleine für die Defensive verantwortlich: Ein ratloser Jerome Boateng. (Bild: Getty Images)

Kroos in Manndeckung ausgeschaltet

Dies wurde insofern gefährlich, weil Mexiko oft den ersten Ball im Konter vor Hummels auf Chicharito spielte. Anschließend rückten die Flügelstürmer Mexikos, die sich nicht sehr viel an der Defensive beteiligen mussten, heraus und liefen im Rücken der deutschen Abwehrspieler davon.

Welche Gegenmaßnahmen können die Deutschen nun ergreifen? Einerseits ist es wichtig, den Ball nicht mehr derart oft zu verlieren wie gegen Mexiko. Das passierte unter anderem auch, weil Kroos in einer Manndeckung aus dem Spiel genommen wurde.

Bundestrainer Joachim Löw sprach auch ein schnelleres Spiel in die Tiefe an. Deutschland spielte viel quer, wenn Mexiko den Ball gewann, konnten sie direkt nach vorne umschalten. Müssen sie den Ball aus der Tiefe ablaufen, sind sie im Moment der Balleroberung mit dem Rücken zum gegnerischen Tor und können dementsprechend eher unter Druck gesetzt werden.

Schweden ist weniger gut bei Kontern

Ebenso wird es entscheidend für den weiteren Turnierverlauf sein, wie Hummels und Boateng Unterstützung bekommen können. Einer der beiden Außenverteidiger kann tiefer bleiben, dagegen spricht aber nicht nur ihr Naturell sondern auch die taktische Anlage mit Kroos als tief aufbauendem Sechser.

Würde einer der Sechser mehr Nähe zu den Innenverteidigern im Angriff halten, könnten diese im Fall eines Konters etwas breiter stehen und damit auch die Außenverteidiger schützen. Allerdings raubt das dem Team einen Teil offensive Durchschlagskraft.

Ein taktisches Dilemma, das den Bundestrainer fordern wird. Immerhin, das ist die gute Nachricht, sind die Schweden als nächster Gegner nicht annähernd so konterstark wie die Mexikaner. Dafür, und das ist die schlechte Nachricht, sind sie aber defensiv ähnlich stabil. Und das DFB-Team muss spätestens jetzt unbedingt gewinnen.