„Die Guten sind nicht mehr die Guten“: Diskussion über künftige Kanzler und Handelskonflikte bei Markus Lanz

Wirtschaftsminister Peter Altmaier, die Journalistin Tina Hildebrandt, der Autor Thilo Bode, der Ex-Sportler Sven Hannawald und der Mediziner Prof. Dr. Matthias R. Lemke waren zu Gast bei Markus Lanz. (Bild: Screenshot ZDF)
Wirtschaftsminister Peter Altmaier, die Journalistin Tina Hildebrandt, der Autor Thilo Bode, der Ex-Sportler Sven Hannawald und der Mediziner Prof. Dr. Matthias R. Lemke waren zu Gast bei Markus Lanz. (Bild: Screenshot ZDF)

Peter Altmaier erzählte bei Lanz bereitwillig von der transatlantischen Zusammenarbeit und ihren Herausforderungen – und weniger bereitwillig über seine berufliche Zukunft. Auch die Weltwirtschaft war ein Thema der Sendung.

Wer wird künftig an der Spitze der deutschen Politik stehen – und welcher Politiker träumt vielleicht schon vom Amt des Bundeskanzlers? Diese Frage wollte Markus Lanz auch mit seinem Gast Peter Altmaier diskutieren. Der gab allerdings vor, sich aufs Hier und Jetzt zu konzentrieren: „Man ist letzten Endes viel glücklicher, wenn man sich auf den Job einlässt, den man hat“, sagte der amtierende Wirtschaftsminister Altmaier. Würde es auch Spaß machen, Kanzler zu sein, fragte Markus Lanz den Minister kokett, aber der winkte ab. „Wir haben seit zwölf Jahren nur Kanzlerinnen“, konterte er, wofür er Lacher aus dem Publikum erntete. Auch Tina Hildebrandt glaubt, dass Altmaier das Zeug zum Kanzler hat. Die Journalistin hat über den Minister einst gesagt, dass er sich innerhalb von 72 Stunden einreden könne, dass der nächste Job der allerbeste Job der Welt sei. Die Planstelle sei gut besetzt, blieb Altmaier aber bei seiner Position, als Lanz nachhakte. In der Rente werde er lieber Bücher schreiben oder sich anderweitig an öffentlichen Debatten beteiligen.

Peter Altmaier warnt davor, US-Präsident Donald Trump zu unterschätzen. (Bild: Becher/WENN)
Peter Altmaier warnt davor, US-Präsident Donald Trump zu unterschätzen. (Bild: Becher/WENN)

In der Zwischenzeit sei Altmaier aber Wirtschaftsminister und in dieser Funktion allen voran mit den gegenwärtigen handelskriegerischen Tendenzen beschäftigt. Wirtschaftspolitische Themen müssten viel stärker in den Vordergrund rücken, forderte er. Der Handelskonflikt zwischen China und den USA habe dazu beigetragen, einen Weg der Vernunft einzuschlagen, der im Interesse der europäischen und der amerikanischen Wirtschaft sei. Auch die anderen Gäste schalteten sich zum Thema globale Wirtschaftspolitik ein. „Die Guten sind nicht mehr die Guten, aber es gibt noch keine neuen Guten“, erklärte die Journalistin Hildebrandt, wo sie das Grundproblem sieht. Der ehemalige Vertreter des Guten – Amerika – definiere seine Interessen mittlerweile schlicht anders, sagte Hildebrandt. Amerika exportiere jährlich Waren im Wert von etwa 150 Milliarden an China, umgekehrt seien es fast 500 Milliarden: Ist die Möglichkeit, mit Zöllen Politik zu machen, für Trump daher nicht schlicht um Welten größer, fragte Lanz. Mit solchen dauerhaften Subventionen und Zollschranken verliere man schlicht an Wettbewerbsfähigkeit, entgegnete Altmaier.

Die ehemaligen „Guten“ seien weg und an ihre Stelle noch keine neuen getreten, sagte die Politikjournalistin Tina Hildebrandt. (Bild: Becher/WENN)
Die ehemaligen „Guten“ seien weg und an ihre Stelle noch keine neuen getreten, sagte die Politikjournalistin Tina Hildebrandt. (Bild: Becher/WENN)

Der Wirtschaftsminister führte am Beispiel der deutschen Stahlproduktion aus, wie die Politik mit wirtschaftlichen Veränderungen umgehen kann. Denn die soziale Marktwirtschaft in Deutschland sei zwar nicht perfekt, aber doch humaner: Der Strukturwandel werde besser abgefedert, Entlassungen seien nicht die Norm. Als deutsche Stahlwerke schließen mussten, fielen die Arbeiter nicht wie im amerikanischen Rust Belt zu Tausenden ins Bodenlose, sondern wurden aufgefangen.

Thilo Bode, der „Foodwatch“ gegründet hat und zuvor lange als Geschäftsführer von Greenpeace tätig war, mahnte an dieser Stelle den Umgang mit Konzernen in Deutschland an. Diese hätten so viel Macht, dass sie über die Demokratie bestimmen könnten. Zuletzt hat Bode das Buch „Die Diktatur der Konzerne“ veröffentlicht. Am Beispiel der Auto- und der Saatgutindustrie argumentierte er, dass die Staaten den Konzernen nichts mehr entgegenzusetzen hätten, wofür die Bürger kein Verständnis hätten und sich dementsprechend enttäuscht abwenden würden. „Ich halte es für einen Tiefpunkt der Demokratie in Deutschland“, sagte er im Hinblick auf den aktuellen Betrugsskandal der Autoindustrie. Jeder Fahrraddieb würde bestraft, die Konzerne seien bei denselben Verbrechen aus dem Schneider. Die bedrohliche wirtschaftliche Entwicklung hin zu Monopolen sei überparteilich, alle seien gleichermaßen davon betroffen, aber dagegen unternehmen könne nur die Regierung etwas. Dazu Bode: „Ich könnte auch sagen, ich habe mein Buch für den Herrn Altmaier geschrieben.“