Die Serie "I May Destroy You" normalisiert eines der letzten Tabu-Themen in Sachen Sex

Die Darstellung von Sex in allen möglichen Formen und Varianten ist im TV so omnipräsent geworden, dass es unmöglich scheint, noch Tabus zu brechen. Der Serie “I May Destroy You” ist genau das gelungen, indem sie sich mit erstaunlich viel Realismus und Ehrlichkeit einem Thema widmet, das bisher nahezu komplett aus der Popkultur ausgeklammert wurde: Perioden-Sex. Kein Wunder, dass die Szene für Gesprächsstoff sorgt.

Michaela Coel spielt die Hauptrolle in der von ihr geschriebenen und produzierten Serie
Michaela Coel spielt die Hauptrolle in der von ihr geschriebenen und produzierten Serie "I May Destroy You", die nicht zuletzt wegen einer Szene als bahnbrechend gilt. (Bild: HBO)

“I May Destroy You” wird wegen des ungeschönten, authentischen Blicks auf die Folgen einer Vergewaltigung, sexuelle Beziehungen und den Grenzen innerhalb derer als eine der wichtigsten Serien des Jahres gefeiert.

Ein ungewohnt ehrlicher Blick wird auch auf das Thema Perioden-Sex geworfen. Ein Thema, das sehr viele sexuell aktive Frauen und ihre Partner betrifft, aber trotz aller vermeintlichen Offenheit in Serien nicht behandelt wird - und schon gar nicht auf die Art und Weise, wie Serien-Schöpferin, Autorin und Hauptdarstellerin Michaela Coel es macht.

Arabella (Michaela Coel) verliebt sich in Biagio (Roberto Troni) und hat nach ersten Annäherungen eine sexuelle Begegnung mit ihm, die es so im Fernsehen noch nicht gab. (Bild: HBO)
Arabella (Michaela Coel) verliebt sich in Biagio (Roberto Troni) und hat nach ersten Annäherungen eine sexuelle Begegnung mit ihm, die es so im Fernsehen noch nicht gab. (Bild: HBO)

In der dritten Folge der HBO-Serie wird Protagonistin Arabella mit ihrem Liebhaber Biagio intim, während sie ihre Periode hat. Mit Arabellas Zustimmung entfernt Biagio beim Vorspiel ihren Tampon und spielt fasziniert mit einem geronnenen Blutklumpen, der auf dem Betttuch landet. Zu sehen ist alles - nicht sensationsheischend in Großaufnahme, sondern so beiläufig und selbstverständlich wie in der Realität auch.

Endlich normaler Umgang mit dem Thema: Fans und Kritiker voll des Lobes

Trotz oder gerade wegen dieser Nebensächlichkeit, mit der Coel das Thema behandelt, sorgte es für jede Menge Aufmerksamkeit. Auch in den Reaktionen ging es weniger um die explizite Darstellung der Szene. Vielmehr war Erleichterung zu spüren, dass Perioden-Sex endlich eine realistische und ungeschönte Darstellung in der Popkultur erhält.

I May Destroy You ist die vielleicht intelligenteste, vielschichtigste, lustigste und niederschmetterndste Auseinandersetzung mit Sex und sexueller Zustimmung aller Zeiten. Ich kann es kaum fassen. Eine derartige Detailtreue und so einen Scharfsinn gab es im TV noch nie, ganz zu schweigen von einem Perioden-Blutklümpchen beim Sex.

Ich kann nicht aufhören, über das Blutklümpchen aus I May Destroy You nachzudenken. Ich habe noch nie gesehen, dass so etwas im Fernsehen behandelt wurde, was für sich schon großartig ist. Überragend wird es dann mit Michaela Coels unglaublichen Gesichtsausdrücken während dieser Szene.

I kann die Perioden-Sex-Szene in I May Destroy You kaum glauben. Nicht nur habe ich noch nie auf einem Bildschirm gesehen, wie ein Tampon von einem Sexpartner entfernt wurde, aber noch dazu ein Blutklümpchen? Und ihr männlicher Partner ist davon nicht angeekelt, und es wird zu 100 Prozent als etwas Normales dargestellt?? Unglaublich!

Besonders Frauen zeigten sich begeistert, dass einem weiteren Teil der Sexualität die Scham und das Stigma genommen wird - und die Vehemenz der Reaktionen sind Beweis, dass dies längst überfällig war.

“Ich hoffe, dass das endlich normalisiert wird”

Wie wichtig es ist, ein derartiges Thema medial aufzuarbeiten zeigt sich auch in der Szene selbst. So realistisch wie Biagios selbstverständlicher Umgang mit der Periode ist Arabellas Befangenheit. Kulturell und vor allem medial ist die Menstruation und alles, was damit einhergeht, nach wie vor ein Thema, das mit großer Verlegenheit behandelt wird und Frauen oft suggeriert, dass ihre Blutungen peinlich oder gar ekelhaft seien.

Bis vor nicht allzu langer Zeit wurde in Werbespots für Tampons und Binden schließlich noch blaue Flüssigkeit statt roter verwendet, und in Film und TV wird das Thema nach wie vor meistens gar nicht erst angesprochen - schon gar nicht in Zusammenhang mit Sex. Coel hofft, dass sich das ändert. “Wie kann etwas, das einmal im Monat passiert, immer noch so schockieren und für Unbehaglichkeit sorgen?”, sagte sie der Zeitung The Express. “Ich hoffe, dass das jetzt endlich normalisiert wird.”

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Nicht nur wegen dieser Szene ist die britische Serie zum Fan- und Kritiker-Liebling avanciert. “I May Destroy You” behandelt die Folgen der Vergewaltigung einer unter Drogen gesetzten Autorin. Die Geschichte beruht auf Michaela Coels eigenen Erfahrungen, der kurz vor der Umsetzung einer von ihr geschriebenen Serie etwas ins Getränk gemischt wurde. Während sie einen ihrer größten beruflichen Erfolge feiert, zerfällt ihr Leben, als immer mehr Erinnerungen an das Trauma in ihr hochkommen.

Coel stellt sich diesem und anderen schwierigen Themen - auch von männlichen Opfern sexueller Gewalt wird erzählt - mit Fingerspitzengefühl und der nötigen Ernsthaftigkeit, findet aber auch viel Humor in den Szenen, die das echte Leben ebenso authentisch widerspiegeln wie die bereits berühmte Perioden-Szene.

Alle zwölf Folgen von “I May Destroy You” sind über das Sky Entertainment Ticket verfügbar und werden regelmäßig auf Sky Atlantic ausgestrahlt.