Im Doppelpack durch die Steiermark

Mit fast viermonatiger Verspätung steigt die Formel 1 in die Corona-Saison ein. Noch herrscht ein Notkalender vor. Zum Auftakt im Juli finden gleich zwei Rennen aufeinanderfolgend in Spielberg in Österreich statt. Alle Beteiligten, Teams und Fahrer sowie die übertragenden TV-Sender, stehen vor massiven Änderungen.

Im Zuge der Corona-Pandemie wurde auch sie zum Opfer. In der Formel 1 blieb es in dieser Saison bislang mucksmäuschenstill. Seit dem eigentlich geplanten Auftakt im März in Melbourne, Australien, konnte noch kein einziges Rennen gefahren werden. Nun allerdings wird es den Re-Start geben. Die Formel 1 dreht ab Sonntag, 5. Juli, wieder ihre Runden. RTL in seiner nunmehr letzten Saison in der Königsklasse sowie auch Sky berichten von der Strecke im österreichischen Spielberg. Eine Besonderheit im Notfallkalender ist: Die Königsklasse wird gleich zweimal über die 4,326 Kilometer lange Strecke in der Steiermark rasen.

"Zum ersten Mal startet die Formel-1-Saison mit dem Großen Preis von Österreich. Zum ersten Mal gibt es zwei Rennen. Und das zweite Rennen ist als Großer Preis der Steiermark nach der Region benannt", sagte Red-Bull-Berater Dr. Helmut Marko im Interview gegenüber RTL/ntv. Der Doppel-Auftakt am 5. Juli sowie am darauffolgenden Sonntag, 12. Juli, jeweils auf dem Red-Bull-Ring ist vor allem einem straffen Zeitplan geschuldet.

Bis zum geplanten Abschluss der Saison im Dezember will die Formel 1 insgesamt 15 bis 18 Rennen auf den Asphalt bringen. Aufgrund der "kurzen Wege" finden die bisher bestätigten acht Termine allesamt in Europa statt. Nach dem Doppelpack in Spielberg folgt am 19. Juli der Grand Prix von Ungarn auf dem Hungaroring. Von 2. August an geht es weiter mit zwei Rennen in Silverstone und einem in Barcelona. Wie auch im eigentlichen Rekord-Kalender mit 22 Grand Prix geplant, wird am 30. August im belgischen Spa-Francorchamps gefahren, am 6. September bleibt es beim Ferrari-Heimrennen in Monza.

Leere Ränge

Allen Veranstaltungen bisher gleich ist, dass sie als Geisterrennen gefahren werden. Ähnlich den weitreichenden Maßnahmen in der deutschen Fußball-Bundesliga wurden umfangreiche Hygiene-Vorschriften eingeführt. Marko, der an der Ausarbeitung des Sicherheitskonzepts Spielberg beteiligt war, kündigte bereits ungewöhnliche Bilder an. "Sämtliche Teammitglieder müssen die Sicherheitsvorschriften erfüllen, also Maske und Abstand, soweit das möglich ist", erklärte er. Das Boxenstopp-Szenario allerdings sei eine Ausnahme, weil die Coronavirus-Richtlinien dabei nicht eingehalten werden könnten.

Zudem treten die Teams mit einem verkleinerten Personalstand an. Nur etwa je 80 Mitarbeiter sind vor Ort. Jedes Teammitglied muss vorab einen Corona-Test absolvieren. Sollte an der Strecke in Österreich dennoch ein positiver Coronavirus-Fall auftreten, wäre die Veranstaltung nicht in Gefahr, so der Berater. Um jegliches Risiko auszuschließen, tritt eine besondere Prozedur in Kraft. Die betroffene Person kommt in eine eigene Isolierstation und wird dort weiter und sehr intensiv beobachtet.

Chaotische Zustände befürchtet

Auch wenn der weitere Ablauf der Corona-Saison in der Formel 1 durch die umfangreichen Maßnahmen gesichert erscheint, unklar ist, wie die Fahrer agieren. Da sie bisher kaum Runden drehen konnten und damit mit Technik und Material nicht ausreichend vertraut sind, befürchten manche chaotische Zustände. Doch auch in dieser Konstellation außerhalb eines gewohnten Rhythmus liegt eine gewisse Würze. "Wenn es heiß wird, und das ist im Juli gut möglich, dann kann es schon sein, dass nicht die übliche Kondition und damit auch nicht die Konzentration da ist", vermutet Experte Marko. Dafür aber stellte er einen zusätzlichen Spannungsfaktor für den Zuschauer in Aussicht.

Motorsport pur also. Dazu passt, dass die Formel 1 wegen Corona auf das sonst übliche Brimborium verzichten muss. Arnold Schwarzenegger, die Steirische Eiche, wird in Spielberg nicht zu sehen sein. Nach Aussagen von F1-Sportchef Ross Brawn werde es unter anderem auch die sonst übliche Startaufstellung nicht geben. Statt hunderter Teammitglieder und Promi-Gästen zwischen teuren Boliden nur noch gähnende Leere. Und auch Kai Ebel ist nicht in Sicht.

Ebel an der Leine

Dennoch ist der umtriebige Pisten-Reporter von RTL in Spielberg vor Ort. Die redaktionellen Rahmenbedingungen erlauben es dem Kölner Sender unter anderem, dass er an der Rennstrecke zwei Funkkameras einsetzen kann. Anders als sonst dürfen Ebel und Reporter-Kollege Felix Görner aber nicht näher auf Tuchfühlung gehen. Interviews etwa vor den Team-Garagen sind streng reglementiert. Neben den beiden Reportern sind nur noch zwei Kameramänner, zwei Tonassistenten, vier Techniker und zwei Producer für RTL akkreditiert.

Die Zulassung für nur eine Schrumpfmannschaft hat jedoch auch zur Folge, dass der Sender das Rennwochenende nur aus dem Kölner Studio senden wird. Wo sonst Männersender NITRO immer montags live seine Fußballshow "100% Bundesliga" produziert, wird es am Wochenende, 4. und 5. Juli, erheblich lauter. Moderator Florian König führt vom Rheinland aus durch das Qualifying am Samstag und das Rennen am Sonntag. Auch die beiden Kommentatoren Heiko Waßer und Christian Danner beobachten das Renngeschehen von Köln aus.