"DSDS"-Finale: Ramon Roselly ist neuer "Superstar" - die Zukunft der Jury bleibt ungewiss

Per Erdrutschsieg zum neuen "Superstar": Mit 80,82 Prozent der Zuschauer-Stimmen entschied Ramon Roselly (26) das Finale von "Deutschland sucht den Superstar" (RTL) für sich. Nie hat es in den 16 Staffeln zuvor ein derart deutliches Ergebnis gegeben. Die tapfere Chiara D'Amico (18) wurde Zweite.

Ende gut, alles gut? Es war 23.38 Uhr, als Moderator Alexander Klaws ein letztes Mal vom Zettel ablas und den Siegernamen verkündete. Wenn die Meteorologen ein spontanes Sturmtief über Deutschland ausmachten, dann lag das am kollektiven erleichterten Ausatmen der überwiegenden Mehrheit der Zuschauer: Es hatte der Richtige gewonnen - jedenfalls, wenn es ums Singen geht!

Es hätte niemand schöner als Pop-Titan Dieter Bohlen sagen können, was den Unterschied zwischen den beiden Finalisten - zuvor waren erst Paulina Wagner (22) und in der zweiten Runde Joshua Tappe (25) ausgeschieden - ausmachte: Das Pferd schlug den Esel! Das ist nicht beleidigend gemeint, Dieter erklärte es so: "Das Pferd ist schneller, toller, edler. Aber alle lieben den Esel, weil er so niedlich ist!"

DSDS: Die Aufreger der 16. Staffel

Perfektion bezwingt Leidenschaft: Chiara wird "nur" Zweite

"Es ist keine Frage, wer von euch besser singt", meinte auch Aushilfsjuror Florian Silbereisen bei seinem dritten und wohl letzten Juroren-Einsatz vor der ultimativen Entscheidung. "Aber es ist trotzdem spannend, denn Chiara hat im Finale mit ihrem Kampfgeist noch mal eine Schippe draufgelegt." Gesangliche Perfektion (Bohlen: "Ramon, du könntest der Nachfolger von Carpendale und Kaiser werden. Du hast das Zeug zur Schlager-Ikone!") schlug Leidenschaft (Chiara: "Ich bin der Beweis, dass man auch was erreichen kann, wenn man nicht perfekt ist!").

Der "amerikanische Traum" funktioniert also auch in Deutschland: vom Gebäudereiniger zum Millionär. Ein stattlicher Grundstein für Zirkusspross Ramon ist gelegt: Neben dem stattlichen Sieger-Pott und einem Plattenvertrag bekommt er ja auch 100.000 Euro. Die Sieger-Single "Eine Nacht" steht zum Kauf bereit (übrigens auch in der Version der anderen drei Finalisten). "Ich glaub es nicht", flüsterte Ramon unter Freudentränen.

Geschrieben hat den Sieger-Schlager natürlich Bohlen höchstpersönlich. Wobei er auch ein paar Tantiemen an Klaus Pelizaeus abdrücken könnte. Der schrieb "100 Jahre sind noch zu kurz", einen Schmachtfetzen, der zwar 50 Jahre alt wirkt, aber erst 2008 (für den Sänger Randolph Rose) geschrieben wurde. "100 Jahre" war nur Eingeweihten (wie Bohlen) bekannt, als Ramon Roselly ausgerechnet diesen Song im allerersten Casting sang - der Start seines unglaublichen Aufstiegs. Und wie's der Bohlen will, swingt und klingt der Siegersong "Eine Nacht" zumindest im Refrain erstaunlich ähnlich wie "100 Jahre".

Pietro sieht Chiara als seelenverwandt: "Ich hab auch immer den Text vergessen!"

So klar es schien, dass Ramon im Finale stehen würde - dass Chiara, der (O-Ton Dieter) "gesangliche Wackelpudding", dort stehen würde, war eine Überraschung. Oder eine Sensation. "Die schlechteste Finalistin - seit 17 Jahren!", ärgerte sich ein Instagram-Kommentator, und viele teilten diese Meinung. Ein anderer schrieb bei Facebook: "Die ist schlechter als Bibi und der Wendler!"

Florian Silbereisen: Immer etwas Neues wagen

Andererseits geht es ja bei "DSDS", das zieht sich durch wie ein roter Faden, um das viel gerühmte "Gesamtpaket". Und da hatte Chiara eindeutig einiges zu bieten. Optisch wie "eine Göttin" (Dieter) fightete die Frankfurterin wirklich um jeden Zentimeter Bühne, um jeden (auch mal schiefen) Ton. "Du bist ein Vorbild als Kämpferin", lobte Silbereisen.

Pietro Lombardi, der 2011 "DSDS" gewann, fühlte sich an sich erinnert: "Zu mir haben auch alle gesagt, ich sei schlecht. Keiner - außer Dieter - hat an mich geglaubt. Aber du bist wie ich: Wir haben Herz reingelegt, wir haben berührt. Herzlichen Glückwunsch, deine Eltern können so stolz auf dich sein!" Er litt auch mit, als Chiara ausgerechnet beim Finalsong den Text vergaß. Pietro: "Mein Gott, wie oft habe ich den Text vergessen damals." Und auch von Dieter gab es nicht Schimpfe, sondern Mitgefühl: "Vergiss es, das war nicht schlachtentscheidend."

DSDS = "Deutschland sucht den Schlagerstar"

Was bleibt von der 17. Staffel von "Deutschland sucht den Superstar"? Vor allem sollte über den Namen nachgedacht werden. Auch das Finale war ein verkapptes Schlager-Festival: Drei von vier Finalisten sind potenzielle Kandidaten entweder für die Partytempel der Schlagerlust auf Mallorca oder für einer der nächsten Silbereisen-Shows bei dessen Stammsender ARD. Nur "Rock'n'Roll-Bär" Joshua störte den Schunkelfrieden ein wenig.

Corona ist ein Spielverderber! Kein Livepublikum, Applaus vom Band (wenn auch Gott sei Dank nicht mehr mitten während der Darbietungen), begrenzter Kontakt (auch wenn sich die Kandidaten doch innig herzten - aber die leben ja auch in einer WG seit Wochen auf engstem Raum, also keine Panik!). Das entschuldigt allerdings nicht den katastrophal schlecht gemischten Sound, der jede noch so latent kräftige Stimme niederbügelte. Traute RTL seinen Finalisten so wenig Stimme zu?

Gibt es 2021 eine neue Jury?

Die Bewerbungsvideos für die 18. Staffel laufen in Dauerschleife. Bohlen verriet im Nebensatz: "Klar, ich werde wieder dabei sein." Florian Silbereisen, der sich toll einfügte (Bohlen: "Er ist halt ein Vollprofi, deshalb hab ich ihn ja auch geholt!"), wird keine nochmalige Freigabe von der ARD bekommen. Aber was ist mit Dieters "Bro" Pietro Lpmbardi und Oana Nechiti? Ein klares Bekenntnis blieb aus. Und Nechitis Schlusswort "Danke an alle. Danke, dass ich ein Teil davon sein durfte" klang irgendwie nach Abschied.

Apropos: Alexander Klaws, der Ur-Superstar von 2003, versuchte sich als Moderator der Live-Shows (Insta-Kommentar: "Kartenableser Klaws"). Seine Nervosität legte sich nicht wirklich, andererseits verhielt er sich wie alle seine Vorgänger: Er störte kaum beim Bügeln. Außer bei den schwülstig und unnötig in die Länge gezogenen Entscheidungen. Da nervte er wie seine Vorgänger.

"Es war die langweiligste Staffel aller Zeiten" hieß es im Netz. Aber auch "Ich freu mich auf nächstes Jahr!" Letztlich hat "DSDS" wieder mehr richtig als falsch gemacht. Das Finale spiegelte es wieder. Es gab wirklich Gutes und auch was fürs Gemüt. Es wird 2021 weitergehen. "Bewerbt euch", rief Bohlen den Fans draußen zu. "Vielleicht seid ihr nicht die tollsten Sänger, aber ihr habt ne tolle Persönlichkeit?! Oder ihr wollt irgendwann mal in den Dschungel?!"

Bohlen ist einfach eine ehrliche Haut. Und blickt durch: "Ich werde immer angemacht. Dabei entscheiden nur die Zuschauer." Eben, jeder kriegt den Superstar, den er verdient.

VIDEO: Die emotionalsten DSDS-Momente aller Zeiten