Durchgestartet! Wie Schreuder Hoffenheim verändert

Die TSG 1899 Hoffenheim ist die Mannschaft der Stunde in der Bundesliga. Sechs Siege aus den vergangenen sechs Pflichtspielen stehen für die Kraichgauer zu Buche, darunter ein Auswärtserfolg in München und ein Heimsieg gegen wiedererstarkte Schalker.

Großen Anteil an der Erfolgsserie hat Trainer Alfred Schreuder, dessen System in Sinsheim immer besser greift. (SERVICE: Tabelle der Bundesliga)

TSG verkauft vier Schlüsselspieler

Dabei waren die Voraussetzungen für eine starke Bundesligasaison der Kraichgauer schwierig. Mit Julian Nagelsmann hatte der Erfolgstrainer der vergangenen Jahre den Verein in Richtung Leipzig verlassen.

Und auch im Kader gab es gravierende Veränderungen. Nach dem verpassten Europapokaleinzug verließen mit Joelinton, Kerem Demirbay, Nico Schulz und Nadiem Amiri vier Leistungsträger die TSG.

Zwar wurde mit rund 120 Millionen Euro viel Geld in die Kassen gespült, sportlich hinterließen die Schlüsselspieler aber ein großes Loch.

Mit Diadie Samassékou, Robert Skov, Ihlas Bebou und Sargis Adamyan setzt die TSG auf relativ junge und unerfahrene Neuzugänge, die bislang in schwächeren Ligen spielten und sich bis auf Bebou erstmal in der Bundesliga beweisen müssen. Die drei Letztgenannten wussten bereits zu überzeugen.

Der Ex-Schalker Youri Mulder erkannte schon vor einiger Zeit in der Berliner Morgenpost, dass Schreuder ein Händchen für junge Spieler hat: "Er hat ein Auge für Talente, er erkennt schnell, wer welches Potenzial besitzt und kann dementsprechend eine Mannschaft aufbauen." Mit Rückkehrer Sebastian Rudy für das zentrale Mittelfeld und Stürmer Jürgen Locadia holten die Hoffenheimer noch zwei erfahrene Spieler an Bord.

Schreuder muss Schicksalsschlag verarbeiten

Auf der Trainerposition verzichtete Sportdirektor Alexander Rosen auf den ersten Blick auf die Verpflichtung eines großen Namens. Alfred Schreuder kehrte nach Sinsheim zurück. Der Niederländer arbeitete ab Jahresbeginn 2018 unter Erik ten Hag als Co-Trainer bei Ajax Amsterdam. Mit dem niederländischen Rekordmeister erreichte er im April das Halbfinale der Champions League. In anderthalb Jahren in Amsterdam entwickelte er sich nochmal weiter und sammelte viel Erfahrung auf höchstem Niveau.

Die TSG wusste genau, wen sie bekommt. Denn der heute 47-Jährige, der 2006 seine Tochter nach einem Hirntumor verloren hatte, hatte zwischen 2016 und 2018 bereits als Co-Trainer unter Nagelsmann gearbeitet. Doch zu Saisonbeginn hatte Hoffenheim zu kämpfen.

Nach sechs Spielen standen lediglich fünf Punkte zu Buche. Negativer Höhepunkt war eine 0:3-Heimpleite gegen Borussia Mönchengladbach. Als nächstes Gegner wartete auswärts bei Meister FC Bayern. Keine guten Voraussetzungen, um einen Wendepunkt herbeizuführen.

Auswärtssieg in München als Wendepunkt

Das Ende ist bekannt: Hoffenheim gewann 2:1 in München. Es folgten fünf weitere Siege. Die TSG hat im Moment auch das nötige Spielglück auf ihrer Seite. In Köln gewannen die Kraichgauer nach schwacher erster Halbzeit durch einen Elfmeter von Jürgen Locadia in der achten Minute der Nachspielzeit mit 2:1.

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Das Ergebnis ist aktuell Tabellenplatz fünf, noch vor Borussia Dortmund. Und jetzt folgen zwei Heimspiele gegen Mainz und Düsseldorf. Der Blick auf die Tabelle ist für Schreuder aber nicht entscheidend: "Wir schauen nicht nach oben oder unten, sondern nur auf uns. Das ist das einzige, was wir beeinflussen können. Die Tabelle ist erst einmal nicht wichtig."

Auch im DFB-Pokal läuft es für die Sinsheimer. Das Achtelfinale ist gebucht, der Gegner heißt wieder FC Bayern - abermals in der Allianz Arena.

System Schreuder ist in Hoffenheim angekommen

Schreuder setzt wie Nagelsmann häufig auf ein 3-5-2-System. Allerdings hat er die Ausrichtung der TSG ein wenig verändert.

Sein Vorgänger legte das Hauptaugenmerk auf einen gepflegten Offensivfußball und vernachlässigte dabei ein wenig die Defensive. So wurden Spiele mit Hoffenheimer Beteiligung oft wild und unvorhersehbar.

Schreuder hingegen setzt auf eine stabile Defensive, wie auch Mulder bestätigt: "Wenn er merkt, dass sich seine Mannschaft in einem defensiven Konzept wohler fühlt, scheut er sich nicht, dem nachzukommen", sagt der 50-Jährige.

Dennoch versucht Schreuder attraktiv spielen zu lassen, was seit einigen Wochen immer besser gelingt. Die Mannschaft wirkt eingespielter und wichtige Automatismen sind verinnerlicht.

Torjäger Skov wird zum Verteidiger

Eine Stütze im System Schreuder ist Mittelfeldspieler Florian Grillitsch. Der Österreicher ist das Gehirn des Teams und mit seiner Technik und Übersicht maßgeblich für den Spielaufbau zuständig. Das Zusammenspiel mit dem erfahrenen Rudy gelingt immer besser.

Immer wichtiger wird auch Neuzugang Robert Skov. Der Däne schoss für den FC Kopenhagen in der abgelaufenen Spielzeit 32 Tore. In Hoffenheim agiert Skov allerdings auf veränderter Position. Schreuder schulte den Offensivspieler zum Linksverteidiger um. So kann der 23-Jährige im 3-5-2 die gesamte linke Seite bearbeiten und sich im eigenen Ballbesitz vorne einbringen.

Schreuder brachte die Sinsheimer auch physisch auf ein starkes Niveau. Der TSG gelangen in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Tore kurz vor Schluss, beispielsweise bei den Auswärtssiegen in Köln und Berlin.

Es deutet also einiges darauf hin, als hätte sich mit der Kombination Hoffenheim und Schreuder ein erfolgsversprechendes Duo für die Zukunft gefunden.