„Ehe für alle“: Im ZDF-Talk erklärt ein 16-Jähriger, wie es sich mit zwei Vätern lebt

Raphael Zinser wuchs bei einem schwulen Paar auf, trat mit 16 in die CDU ein (Bild: ZDF)
Raphael Zinser wuchs bei einem schwulen Paar auf, trat mit 16 in die CDU ein (Bild: ZDF)

Führt die „Ehe für alle“ zur Scheidung der großen Koalition? Das wollte einen Tag vor der Abstimmung im Bundestag Maybrit Illner von ihren Gästen wissen. Und da das Thema der gleichgeschlechtlichen Ehe trotz des jetzigen Gesetzesvorstoßes noch immer ein gesellschaftlich umstrittenes Thema ist, gab es dann auch ein bisschen Zoff am Runden Tisch. Für Aufsehen sorgten aber nicht die üblichen Diskutanten, sondern ein Jugendlicher, der bei zwei Männern aufgewachsen ist und aus seinem Leben berichtete.

„Wie lebt es sich mit zwei Vätern?“, wollte Moderatorin Maybrit Illner von dem 16 Jahre alten Raphael Zinser wissen. „Ganz normal“, sagte der Jugendliche, „ich kenne nichts anderes.“ Ab seinem zweiten Lebensjahr wuchs er bei seinen beiden männlichen Pflegeeltern auf. Klar habe es manchmal schräge Blicke gegeben, sobald man aber ins Gespräch komme, lösten sich die Vorurteile praktisch von alleine auf.

Vor kurzem trat Zinser der CDU bei. Die Art und Weise, wie nun über die „Ehe für alle“ abgestimmt wird, findet der Teeanger nicht gut. „Es hätte durchaus noch einige Dinge gegeben, die man besprechen muss.“ Dennoch sei es höchste Zeit, dass sich was ändere, so der 16-Jährige. Ob seine beiden Väter nun allerdings heiraten werden, wisse er gar nicht – darüber habe die Familie noch nicht geredet.

Es ging in der Sendung natürlich nicht nur um die Lebensrealität von schwulen Menschen und deren Familien, sondern auch um knallharte politische Belange. Michael Kretschmer, Fraktionsvize der CDU im Bundestag, sieht die Partnerschaft zwischen seiner Partei und den Sozialdemokraten begraben: „Das ist ein ganz bitteres Ende dieser großen Koalition“. Man werde zwar noch bis zur Bundestageswahl im September gemeinsam regieren, aber das Vertrauen in den Koalitionspartner habe „Schaden genommen“.

Für die einen ist die „Ehe für alle“ ein „Zivilisationsbruch“, für die anderen „historisch“ (Bild: ZDF)
Für die einen ist die „Ehe für alle“ ein „Zivilisationsbruch“, für die anderen „historisch“ (Bild: ZDF)

Die konservative Aktivistin Hedwig von Beverfoerde glaubt, dass die „Ehe für alle“ ein Schock für viele Leute sei. Das kann die ehemalige CDU-Parteigängerin auch mit Zahlen belegen. Als Mitorganisatorin von „Demo für alle“, einer „Initiative zum Familienschutz“, erzählt sie, dass allein in den letzten zwei Tagen rund 120.000 Menschen eine Petition zum Thema „Ehe bleibt Ehe“ unterzeichnet hätten. Die „Ehe für alle“ empfinde sie als „Zivilisationsbruch“.

Zivilisationsbruch? „Das hört sich so an, als würden irgendwelche Hottentotten einfallen und den Staat zum Einsturz bringen“, entgegnet die lesbische Moderatorin Bettina Böttinger – und benutzt ein Motiv mit rassistischen Zügen, vielleicht um darzustellen, wie überzogen sie den Ausdruck findet. Die Abstimmung im Bundestag über die „Ehe für alle“ sei für sie ein „historischer Tag“, so die 60-Jährige. Ihre Frau, mit der sie bisher in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, werde sie nun ein zweites Mal standesamtlich heiraten.

Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD, erinnert noch einmal daran, dass seine Partei seit Jahren versucht, eine Abstimmung zu dem heiklen Thema einzubringen, jedoch stets am Koalitionspartner CDU gescheitert sei. Der Journalist Robin Alexander kann dieser Argumentation allerdings nichts abgewinnen, denn eine Abstimmung „nach dem Gewissen“ hätte die SPD schon mit Grünen und Linken durchsetzen können. „Sie brauchen erst Frau Merkel, um ihr Gewissen zu entdecken“, sagte Alexander zu Oppermann.