"Ehrlich und schonungslos": Die Serie "Everyone is f*cking crazy" sollte auf die Watchlist

Malik (Arsenij Walker), Chloë (Maja Bons), Derya (Via Jikeli) und Schröder (Luise von Stein, von links) sind bei der gleichen Therapeutin. Als diese unerwartet stirbt, treffen sie zum ersten Mal aufeinander. (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)
Malik (Arsenij Walker), Chloë (Maja Bons), Derya (Via Jikeli) und Schröder (Luise von Stein, von links) sind bei der gleichen Therapeutin. Als diese unerwartet stirbt, treffen sie zum ersten Mal aufeinander. (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)

Seit der Corona-Pandemie rückt Mental Health immer mehr in den Fokus - so wie in der neuen Serie "Everyone is f*cking crazy", die im August in die ARD-Mediathek kommt. "Wir möchten psychische Erkrankungen auch jenseits von Depressionen erzählen und sie erfahrbar machen", erklärt Regisseurin Luzie Loose.

Laut dem Statistischen Bundesamt waren 2020 psychische Erkrankungen der häufigste Grund, weshalb sich junge Menschen in Deutschland stationär behandeln ließen. In der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren lag der Anteil bei 18 Prozent. Seit Corona hat sich die Lage verschlimmert, wie aus einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (2022) entnommen werden kann: Im ersten Pandemie-Jahr sind die Fälle von Depressionen und Angststörungen weltweit um 25 Prozent gestiegen. Viel mehr als diese Zahlen braucht es nicht, um deutlich zu machen, dass mentale Gesundheit ernst genommen und insbesondere jungen Menschen nähergebracht werden muss. Auch die Filmemacher tragen ihren Teil zur Enttabuisierung und Aufklärung bei. Jüngstes Beispiel ist die achtteilige SR-Serie "Everyone is f*cking crazy", (Regie: Luzie Loose) die ab Samstag, 12. August, in der ARD-Mediathek bereitsteht.

Die ARD-Serie "Everyone is f*cking crazy" dreht sich um vier junge Menschen, darunter auch Derya (Via Jikeli), die in Therapie gehen. (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)
Die ARD-Serie "Everyone is f*cking crazy" dreht sich um vier junge Menschen, darunter auch Derya (Via Jikeli), die in Therapie gehen. (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)

"Die Serie soll unterhalten, sich aber nicht über die Figuren lustig machen"

Im Fokus der Story stehen Derya (Via Jikeli), Chloë (Maja Bons), Schröder (Luise von Stein) und Malik (Arsenij Walker), die alle Patienten bei Dr. Thomalla (Jeanette Hain) sind. Sie treffen zum ersten Mal aufeinander, als die Therapeutin unerwartet stirbt. Um ihre Arbeit fortzusetzen, beschließt Derya die Therapie weiterzuführen. "Nicht jede Krise ist eine Chance, manchmal ist sie auch einfach scheiße. Ich sehe euch und lasse euch nicht im Stich", erklärt sie. Der Beginn einer Geschichte mit ungeahnten Folgen.

Im ARD-Kosmos ist Loose keine Unbekannte, sie führte bereits in "Tatort: Das Herz der Schlange" (2022) Regie. Was sie mit dieser Serie bezwecken möchte? "Wir möchten psychische Erkrankungen auch jenseits von Depressionen erzählen und sie erfahrbar machen, ohne didaktisch zu sein. Die Serie soll unterhalten, sich aber nicht über die Figuren lustig machen", erklärt sie.

Die Produktion, die Juni 2023 auf dem Internationalen Filmfest München Premiere feierte, richtet sich an das jüngere Publikum und "soll dazu beitragen, psychische Erkrankungen zu normalisieren, zu entstigmatisieren und darauf aufmerksam zu machen, dass es viel zu wenig Therapieplätze gibt". Passend zur Zielgruppe, wurde der Hauptcast mit Nachwuchsschauspielern besetzt, die in ihren Rollen überzeugen - und von denen man bestimmt noch einiges sehen wird.

Ebenso wie ihre neuen Freunde hat Derya (Via Jikeli) eine psychische Erkrankung. (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)
Ebenso wie ihre neuen Freunde hat Derya (Via Jikeli) eine psychische Erkrankung. (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)

"Filme und Serien prägen unser Bild von psychisch kranken Menschen"

Auch für Eltern von Kindern, die an psychischen Erkrankungen leiden, ist diese Serie eine echte Empfehlung, da sie die Lebenswelten junger Menschen trefflich einfängt. Dafür sorgen die stark gezeichneten Charaktere der Serie. "Wir fühlen mit ihnen, leiden mit ihnen und lachen mit ihnen, aber nie über sie. In einer Gesellschaft, in der zunehmend die mitmenschliche Wärme fehlt, ist das eine klare Botschaft", findet SR-Redakteur Christian Bauer. Loose fügte hinzu: "Der Wechsel der Perspektive erlaubt es uns, in die Innenwelten mehrerer Figuren einzutauchen."

Authentisch, ehrlich und auf den Punkt wird das Leben von Personen gezeigt, die mit psychischen Krankheiten zu kämpfen haben. "Filme und Serien prägen unser Bild von psychisch kranken Menschen und stellen sie oft übertrieben oder gar bedrohlich dar. Es war uns wichtig, ehrlich und schonungslos zu sein, vor allem aber Identifikationsfläche für junge Menschen zu bieten", betont Loose.

Zudem sei es notwendig, "sich auszutauschen und Hilfe zu suchen, wenn man sie braucht. Deshalb ist auch das Begleitmaterial, das wir zur Serie erstellen, besonders wichtig. Dieses wird unter sr.de/crazy zum Serienstart bereitstehen", verrät Christian Bauer.

Die achtteilige Serie feierte Ende Juni auf dem Internationalen Filmfest München Premiere. Regisseurin Luzie Loose (Mitte) erklärte, dass die Serie "dazu beitragen" soll, "psychische Erkrankungen zu normalisieren, zu entstigmatisieren und darauf aufmerksam zu machen, dass es viel zu wenig Therapieplätze gibt." (Bild: SR/Filmfest München/Bojan Ritan)

"Dass alle irgendwie verrückt sind, ist natürlich überspitzt"

Trotz der Tatsache, dass jede der Figuren ihr eigenes Päckchen zu tragen hat, verbindet sie der "Wunsch nach ein Stück Normalität und Ruhe vor den eigenen Zwängen, Ängsten und Geistern", erläutert Produzent Henning Kamm.

Darüber, dass schon der Serienname "Everyone is f*cking crazy" provokant ist, ist sich die Regisseurin im Klaren: "Dass alle irgendwie verrückt sind, ist natürlich überspitzt. Aber wenn man genau hinsieht, haben wirklich viele Menschen ein Thema mit ihrer mentalen Gesundheit, und wir sprechen immer noch nicht genug darüber." Eine Serie, die zur rechten Zeit kommt. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt nochmals ein Blick auf die Zahlen: Laut dem Statistischen Bundesamt starben 2021 deutschlandweit über 59.000 Menschen aufgrund einer psychischen und Verhaltensstörung - und 901 Menschen wegen einer depressiven Episode.

"Filme und Serien prägen unser Bild von psychisch kranken Menschen und stellen sie oft übertrieben oder gar bedrohlich dar", erläutert Regisseurin Luzie Loose. "Es war uns wichtig, ehrlich und schonungslos zu sein, vor allem aber Identifikationsfläche für junge Menschen zu bieten." (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)
"Filme und Serien prägen unser Bild von psychisch kranken Menschen und stellen sie oft übertrieben oder gar bedrohlich dar", erläutert Regisseurin Luzie Loose. "Es war uns wichtig, ehrlich und schonungslos zu sein, vor allem aber Identifikationsfläche für junge Menschen zu bieten." (Bild: SR/Real Film Berlin/Maor Weisburd)