Ein Ufologe im Interview: Von der Faszination des Unerklärlichen

„Fliegende Untertassen“ existieren nur im Film, „UFOs“ hingegen sind alltäglich! Werner Walter ist derjenige, der die „Unbekannten Flugobjekte“ schonungslos enttarnt. Der Mannheimer Ufologe geht seit 1976 gemeinsam mit einem Kollegen in dem von ihnen gegründeten “Centralen Erforschungsnetz außergewöhnlicher Himmelsphänomene” (CENAP) UFO-Berichten auf den Grund und deckt die ernüchternd rationalen Erklärungen dahinter auf. In seiner Zunft hat er sich damit ziemlich unbeliebt gemacht.


Herr Walter, was war Ihr skurrilster Fall?


Werner Walter: Das war im Sommer 1990, da sah man zwei seltsame orangefarbene Lichter am Ostsee-Himmel. Nach dem Mauerfall wollten viele „Westler“ die ostdeutsche Riviera sehen. Irgendwann entdeckten die neuen Urlauber unbekannte Flugobjekte und filmten sie ganz aufgeregt mit ihren Kameras. Meine Kollegen und ich konnten uns lange Zeit genau so wenig einen Reim auf die Videoaufzeichnungen machen. Vier Jahre später habe ich dann in einer Fernseh-Talkshow einen Aufruf gestartet: „Wer weiß, was das war?“ Noch während der Live-Sendung erreichten uns so viele Anrufe, dass die Leitungen zusammenbrachen. Endlich kam heraus, was Sache war: Die Warschauer Streitkräfte hatten bei einem Übungs-Seemanöver orangefarbene Täuschkörper zur Abwehr eingesetzt. Warum wir darauf nicht gekommen sind? Weil sich bei unseren vorhergehenden Anfragen nur „Westler“ als Zeugen gemeldet hatten. Die ostdeutschen Anwohner kannten das Phänomen natürlich, aber sie verhielten sich nach dem Motto: Wenn man uns nicht direkt fragt, sagen wir auch nichts.

Haben Sie nach so einer langen Zeit nicht irgendwann angefangen, an Außerirdische zu glauben?

Außerirdische? Die haben damit gar nix zu tun, genau so wenig wie fliegende Untertassen. Der Begriff an sich bedeutet ganz unschuldig „Unbekannte Flugobjekte“ oder „Unidentifiziertes fliegendes Objekt“. Sehen Sie, wenn ich durch den Wald jogge, dann sieht man dort viele zwitschernde Vöglein. Wenn ich da als Dicker angewalzt komme, fliegen die alle fort. Ich weiß zwar, dass das Vögel sind, aber wie die genau heißen? Keine Ahnung! Die sind für mich unidentifiziert. Man weiß einfach nicht, was das ist.

Woher kommt die Begeisterung der Öffentlichkeit für UFOs?

Aus der Nummer mit den fliegenden Untertassen in den Filmen der 1970er Jahre. Überlegen Sie mal, wenn UFOs Kugelblitze wären – das würde ja keine Sau interessieren. Aber außerirdische Besucher mit Strahlenwaffen, das gibt echt was her! Um auf die Himmelsphänomene zurückzukommen: Meistens sind es Lichter in der Nacht, um die dann ein großer Terz gemacht wird. In der Nacht sind eben alle Katzen grau. Dieses Vakuum wird mit reichlich Phantasien, mit Luftschlössern, aufgefüllt.

Welche Rolle spielen die Medien?

Eine große. Das UFO-Thema wird von den Medien natürlich stark bedient. Im Grunde haben die Flugobjekte für die Presse keine Bedeutung, mal abgesehen von der Unterhaltung des Boulevards. Der Trick dabei: Es muss so ernst behandelt werden, wie es nur irgendwie geht, damit man nicht gleich auflacht. Damit ist ja auch der Axel Springer reich geworden – so ist das.

Wie lauten denn meist die Erklärungen hinter den Phänomenen?

Es gibt nur eine Handvoll Erklärungen, einhergehend mit zwei wirklich großen UFO-Meldewellen. Die erste: In den 1980er/90er Jahren kamen die Outdoor Scheinwerfer in Diskotheken in Mode, so genannte Skytracker oder Skybeamer. Wenn das Wetter ungünstig ist, werfen die keinen Strahl, sondern flache Scheiben an den Himmel. Die Dinger haben 8000 Watt und sind unheimlich auffällig. Glauben Sie mir, die haben mir zahlreiche schlaflose Nächte beschert.
Die zweite Welle ging an Pfingsten 2007 los: Massenhaft Meldungen gingen plötzlich ein. Als ich an diesem Abend auf dem Balkon rauchen war, sah auch ich orangefarbene Lichtpunkte. Die simple Erklärung: Es handelte sich um asiatische Himmelslaternen. Die griffen wie ein Flächenbrand um sich und wurden zum Hit für jede Outdoor-Party.

Haben Sie mal daran gedacht aufzuhören?


Ja! Mir wurde irgendwann zwischen den zwei großen Meldewellen zu langweilig, weil es immer wieder dasselbe war. Die Leute melden ja nicht nur, sondern wollen eine genaue Erklärung hören. Das ist mir ein Horror, ich bin ja kein Telefonseelsorger. Bis dahin (2005) hatten wir 1400 UFO-Meldungen aufgegriffen. Hört sich jetzt viel an, ist aber ein lauer Furz auf internationaler Ebene. Warum? In Deutschland gab‘s nach dem Krieg keinerlei Möglichkeit, eine eigene UFO-Kultur zu entwickeln. Nach dem Motto: Da war Brot wichtiger als UFOs. In anderen Ländern gab‘s teilweise sogar in den Verteidigungsministerien eigene UFO-Büros!

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Wie oft kommen UFO-Meldungen? Und: Haben die Leute Angst oder sind sie einfach neugierig?

Im Moment kommen ungefähr zwei Stück Meldungen pro Woche herein. Die Leute sind neugierig. Was geht am Himmel vor, ist da die Frage. Das ist sehr simpel zu beantworten: Der Abendstern, der Planet Venus, leuchtet gerade stark am westlichen Firmament. Schauen Sie mal gegen 21 Uhr raus, da haut Sie‘s um!

Was hebt Sie von anderen Ufologen ab, Sie werden ja ab und zu heftig kritisiert?

Ich werde nicht ab und zu kritisiert, sondern immer! Wir suchen die rationalen Erklärungen für die Erscheinungen. Meine Kollegen und ich sind UFO-Fans, die die Seite gewechselt haben: Verräter für den Rest der Ufologen!

Sind Sie ein „Freak“?

(Überlegt lang). Also, wenn es nicht mehr normal ist, normal zu denken, dann ja!