Facebook-Investoren wollen Mark Zuckerberg stürzen

Facebook hat den größten Tagesverlust in der Geschichte der US-Aktienmärkte hingelegt und für einige scheint der Sündenbock gefunden zu sein: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

Die Investmentfirma Trillium Asset Management hat „Business Insider“ zufolge einen Plan vorgelegt, der den Sturz von CEO Zuckerberg zum Ziel hat. Zumindest als Verwaltungsratschef soll der 34-Jährige abtreten und ein unternehmensfremdes Mitglied den Posten übernehmen.

In den USA ist allerdings durchaus üblich, dass CEO und Verwaltungsratschef ein- und dieselbe Person sind wie etwa bei Disney oder Exxon Mobil. Doch da Zuckerberg auch über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt, sehen die kritischen Aktionäre einen Mangel an unabhängiger Aufsicht und pochen daher auf eine Trennung der Ämter bei Facebook.

Trillium hält Facebook-Aktien im Wert von elf Millionen US-Dollar – ein Bruchteil der ausstehenden Aktien mit einem Gesamtwert von immer noch mehr als 500 Milliarden Dollar. Aber: Trillium sucht weitere Unterstützer unter den Aktionären für seinen Vorschlag. Mindestens fünf andere Aktionäre, die insgesamt drei Milliarden US-Dollar an Facebook halten, hat Trillium dem Medium zufolge bereits auf seiner Seite.

Quartalsergebnis als Kritikpunkt

Anlass für den Ruf nach der Degradierung Zuckerbergs ist das Quartalsergebnis, das das soziale Netzwerk Mitte der Woche präsentiert hatte. Die Facebook-Aktie verlor danach 20 Prozent an Wert und war danach an der Börse knapp 120 Milliarden US-Dollar weniger wert. So viel hat kein anderes Unternehmen zuvor an einem einzigen Handelstag verloren.

Zum Verglich: Die Summe entspricht in etwa der Marktkapitalisierung des wertvollsten deutschen Unternehmens – SAP. Zuckerberg selbst kostet der Absturz dem Magazin Forbes zufolge 16 Milliarden US-Dollar – und wenn es nach dem Willen von Trillium geht, auch seinen Posten als „Chairman“.

Der Facebook-Umsatz kletterte zwar um mehr als 40 Prozent, Auslöser für den dramatischen Wertverlust der Aktie waren jedoch die Nutzerzahlen. Der von exorbitanten Wachstumszahlen verwöhnte Konzern muss hinnehmen, dass in Kanada und den USA netto keine neuen Nutzer hinzugekommen sind. In Europa ist die Zahl der mindestens einmal im Monat aktiven Nutzer sogar um eine Million auf 376 Millionen gesunken. Bei den täglich zurückkehrenden Nutzern in Europa gab es sogar einen Rückgang von 282 auf 279 Millionen.

Zwar ist die Zahl der Mitglieder insgesamt gewachsen, aber deutlich langsamer als von Analysten erwartet. Die schwachen Zahlen dienen jetzt als Anlass, Zuckerberg in Frage zu stellen. Die Gründe liegen aber woanders: Einige Investoren werfen Zuckerberg schon länger grobes Missmanagement während der jüngsten Facebook-Skandale vor wie der unzulässigen Datennutzung in Millionen Fällen durch Cambridge Analytica.

Diesen Vorwurf brachte die Natasha Lamb, Expertin für nachhaltige Geldanlage, in der Tech-Sendung von Bloomberg TV auf den Punkt: „Versagen der Unternehmensführung, Manipulationen bei den Wahlen, Fake News, Hate Speech, sexuelle Belästigung und Gewaltverherrlichung, die via Facebook hinausgetragen wird – all diese Dinge hätte man schon viel früher und proaktiv angehen können.“

Ähnlich sieht es einer der ganz frühen Facebook-Investoren. Roger McNamee hatte dem US-Wirtschaftssender CNBC bereits vor der Präsentation der Zahlen gesagt, dass sich bei guten Zahlen leichter über die Probleme und Skandale der vergangenen Monate hinwegsehen lasse. Damit scheint es jetzt vorbei.


„Gewaltenteilung“ als Ziel der kritischen Investoren

Trillium Asset Management probt also den Aufstand. Zuckerbergs Doppelrolle als CEO und Verwaltungsratschef wird bereits lange kritisch gesehen. Deshalb sieht der Vorschlag des Konsortiums auch vor, dass das Unternehmen einen unabhängigen Vorsitzenden ernennen muss. Zuckerbergs Doppelrolle wäre damit nicht mehr möglich.

Das würde „für die klarste Gewaltenteilung zwischen dem CEO und dem Rest des Verwaltungsrats“ sorgen, heißt es in dem Plan, aus dem „Business Insider“ zitiert. Das Papier scheint schon länger in der Schublade des Investors gelegen zu haben, der Kurseinbruch bietet nun offenbar eine gute Gelegenheit, ihn herauszuholen.

Wie groß die Erfolgsaussichten sind, dass der Plan aufgeht, ist offen. Ein ähnlicher Vorschlag scheiterte im vergangenen Jahr – und das, obwohl sogar knapp mehr als die Hälfe der unabhängigen Investoren für den Wechsel gestimmt hatten. Doch Zuckerbergs Votum wog schwerer.

Grund ist die duale Aktienstruktur: Aktien der Klasse B haben das Zehnfache der Stimmrechte von Aktien der Klasse A. Und Zuckerberg hält 75 Prozent dieser B-Aktien. Wie die aufständischen Investoren Zuckerbergs Macht brechen wollen, ist unklar.

Zudem findet das nächste Aktionärstreffen erst in zehn Monaten statt: Zeit genug also für Zuckerberg, seine Reihen zu schließen. Auf einen Ausweg für Zuckerberg macht der Analyst Mark Mahaney bei CNBC aufmerksam: „Es gibt den Facebook Messenger und WhatsApp. Das sind zwei Dienste mit Nutzern jenseits der zwei Milliarden. Und beide hat man noch gar nicht monetarisiert.“ Dort liege also noch Umsatzpotenzial brach. Wird es gehoben, kann sich die Laune der Anleger schnell verbessern – und Zuckerbergs Kritiker verstummen.