Forscher rätseln über Aktivität von Urzeit-Viren im menschlichen Körper

Teils Millionen Jahre alte Virenreste in der menschlichen DNA sind neuesten Forschungsergebnissen nach im Körper aktiver als gedacht. Aber welche Auswirkungen haben sie?

Acht Prozent der menschlichen DNA besteht aus alten Virenresten. (Bild: Getty Images)
Acht Prozent der menschlichen DNA besteht aus alten Virenresten. (Bild: Getty Images)

Unzählige Genschnipsel von Viren aus grauer Vorzeit schlummern nach wie vor im menschlichen Erbgut. Unsere DNA besteht sogar zu acht Prozent aus diesen humanen endogenen Retrovieren, kurz HERV.

Wie Teil eines Virus' ins Erbgut gelangen konnten? Im Gegensatz zu normalen Viren, die die Zellen des befallenen Organismus kapern, um sich zu vermehren, bauen sich Retroviren manchmal ins Erbgut ihrer Wirtszellen ein. Und werden dadurch vererbt, handelt es sich bei der Wirts- um eine Ei- oder Samenzelle. Seit Millionen von Jahren sind jene Retroviren Teil der DNA unserer Vorfahren – und uns selbst.

Virenreste seit 35 Millionen Jahren im Erbgut unserer Vorfahren

Die Auswirkungen und Aktivität der Virenreste im menschlichen Erbgut geben allerdings immer noch Rätsel auf. Während manchen nachgesagt wird, bei Reaktivierung Krebstumore oder neurologische Erkrankungen zu verursachen, sollen andere bei der Virenabwehr oder dem Muskelwachstum helfen können. Manche gehen sogar so weit und sagen, dass das Immunsystem ohne die alten Virenreste nicht voll arbeitsfähig wäre.

Aidan Burn von der Tufts Univesity in Boston ist mit seinem Team nun der Frage auf den Grund gegangen, wie aktiv diese Virenreste sind und wie sehr sich der Körper mit ihnen beschäftigt. Das berichtet sinexx.de. 1.000 Menschen untersuchten die Forschenden dabei auf die Aktivität einer bestimmten Virengruppe mit dem Namen HERV-K (HML-2). Eine Gruppe, deren älteste Virenreste sich noch bei den gemeinsamen Vorfahren der Menschenaffen vor 35 Millionen Jahren ins Genom integriert hatten.

Rolle der HERVs "in der menschlichen Biologie ist noch immer ein Rätsel"

54 Gewebearten nahmen die Forscher aus allen Regionen des Körpers, aus gesundem sowie krankem Gewebe. Das Ergebnis: Die Virenreste sind permanent und in allen Geweben und Teilen des Körpers aktiv. Am meisten jedoch im Gehirn, den Fortpflanzungsorganen und der Schilddrüse. "Die Präsenz von HML-2-Transkripten und teilweise auch viralen Genen kann demnach als normaler Teil unseres Proteoms und Transkriptoms angesehen werden – auch in gesundem Gewebe", heißt es in den Ergebnissen. Interessant: Je älter der Virusrest zeitgeschichtlich ist, desto aktiver ist er im heutigen menschlichen Erbgut.

Unter dem Strich steht, dass die DNA der uralten Viren viel aktiver ist als angenommen – und vom Körper ständig abgelesen wird sowie unter Beobachtung steht. Aber: Die genaue Rolle der HERVs "in der menschlichen Biologie ist noch immer ein Rätsel", sagen Burn und sein Team: "Es ist noch mehr Forschung nötig, um die Mechanismen ihrer Expression zu verstehen und auch die Unterschiede in der HERV-Aktivität zwischen gesundem und krankem Gewebe."

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