Frau ohne Schatten: Das "Rebecca"-Remake scheitert auf hohem Niveau

Netflix wandelt auf Alfred Hitchcocks Spuren, wagt sich mit großartiger Besetzung an eine Neuverfilmung des Daphne du Maurier-Romans "Rebecca" - und scheitert grandios.

1940 hatte Alfred Hitchcock aus der zwei Jahre zuvor erschienen Romanvorlage von Daphne du Maurier einen meisterhaften Psychothriller in Schwarz-Weiß gemacht, der mit dem Oscar für den Besten Film ausgezeichnet wurde. Netflix tritt mit der hochkarätig besetzten und kinoreif bebilderten Eigenproduktion "Rebecca" (seit 21. Oktober abrufbar) in große Fußstapfen.

Die Affäre ist kurz und heftig, das Leben danach ein Albtraum: Nachdem sie den Witwer Maxim de Winter (Armie Hammer) heiratet, muss sich die neue Mrs. de Winter (Lily James) den Schatten einer Vergangenheit stellen, die nicht ihre eigene ist. Das Andenken an ihre Vorgängerin im Ehebett ist auf dem herrschaftlichen Anwesen ihres Gatten allgegenwärtig und macht es ihr schwer, sich im neuen Leben einzurichten. Vor allem die finstere Hausdame Mrs. Danvers (Kristin Scott Thomas) erinnert die naive neue Herrin auf Manderley stets daran, wie unwürdig das Mädchen aus einfachen Verhältnissen im Vergleich zur eleganten und kosmopolitischen Rebecca ist. Doch um deren Tod rankt sich ein düsteres Geheimnis.

Zuckriges Melodram

Zumindest die ersten Worte sind genauso großartig, wie im Roman. "Letzte Nacht habe ich von Manderley geträumt." Besser wird's danach nicht. Aus einem Psychodrama gequälter Seelen macht Regisseur Ben Wheatley eine knallbunte Wundertüte mit melodramatischem Anstrich und prachtvoller Ausstattung.

Nun muss man ihm zugutehalten, dass der Plot ziemlich einfach ist: Ein stets zuckersüß lächelndes Aschenputtel heiratet einen traurigen Prinzen und kehrt mit ihm auf sein Schloss zurück. Dort machen ihr eine böse Hexe und ein fieser Geist das Leben zur Hölle. Dann gerät der Prinz unter Mordverdacht. Doch Aschenputtel hält zu ihm, und die Liebe obsiegt.

So weit, so märchenhaft. Schade, dass sich Ben Wheatley darauf beschränkt und - anders als Roman und Hitchcock-Film - keinen Blick auf die Schattenseiten der menschlichen Existenzen riskiert, um die sich sein Film auch drehen könnte. Den Abgründen jedenfalls, die sich nach und nach auftun, geht er geflissentlich aus dem Weg. Mit den Tücken unterdrückter Sexualität und dem Ausbruch aus gesellschaftlichen Konventionen muss sich niemand auseinandersetzen: Alle Probleme lösen sich in Rauch und Wasser auf, und das Traumpaar schaut in die ägyptische Morgensonne.