Freigeist statt Rebellin: Joni Mitchell wird 80 Jahre alt

1970 begeisterte Jodi Mitchell beim Isle of Wight Festival nur mit ihrer Gitarre und ihrer Stimme. In den 70er-Jahren erreichte ihre Popularität ihren Zenit. (Bild: Tony Russell / Redferns / Getty Images)
1970 begeisterte Jodi Mitchell beim Isle of Wight Festival nur mit ihrer Gitarre und ihrer Stimme. In den 70er-Jahren erreichte ihre Popularität ihren Zenit. (Bild: Tony Russell / Redferns / Getty Images)

Bis heute ist sie eine Inspriationsquelle für Künstlerinnen und Künstler: Joni Mitchell hat über Genregrenzen hinweg Musikgeschichte geschrieben. Nun wird die Kanadierin, die sowohl auf als auch neben der Bühne in keine Schublade passt, 80 Jahre alt.

Wie definiert man eine musikalische Rebellin? Geht es darum, für die eine große Sache zu brennen? Oder darum, sich von keiner Mode vereinnahmen zu lassen? In ihrer über 40-jährigen Karriere schwamm Joni Mitchell stets gegen den Strom, in eine Schublade ließ sie sich nie packen.

Die kanadische Liedermacherin, aus deren Feder zeitlose Welthits stammen, war keine militante feministische Vorkämpferin wie Janis Joplin und auch nicht so sozialkritisch wie Bob Dylan. Was für ihre Einstellung gilt, gilt auch für ihre Musik: Joni Mitchell, die am 7. November ihr 80. Lebensjahr vollendet, führte stets das Leben eines Freigeists, der sich von keiner Stilrichtung, keiner Bewegung und keiner Epoche vereinnahmen ließ.

Joni Mitchell, bürgerlich Roberta Joan Anderson, war weder Teil des Mainstreams noch einer Gegenkultur. Stellvertretend für ihre Haltung dürfen die Umstände des Vietnamkriegs gelten, den "Flower Power"-Hippies schloss sie sich nicht an - und dennoch schreibt man ihr bis heute eine Leitfunktion für die "Generation Woodstock" zu. Sie präsentierte sich nicht als Antikriegs-Demonstrantin, sie verweigerte zudem die moralische Verurteilung der US-Soldaten. Stattdessen leistete sie vor Ort moralische Unterstützung für die Truppen.

In erster Linie ist Joni Mitchell aber eine fantastische Musikerin: Songs wie "Both Sides Now" und "Big Yellow Taxi" gelten als Klassiker, bis heute haben die Texte der Sängerin Einfluss auf Generationen von Singer-Songwritern. "Musik soll nicht sofort greifen. Sie soll ein Leben lang halten, wie ein feiner Stoff", hat Mitchell mal gesagt. Ihr letztes Studioalbum "Shine" veröffentlichte sie 2007.

Joni Mitchel sang 2022 auf dem Newport Folk Festival. (Bild: Carlin Stiehl for The Boston Globe via Getty Images)
Joni Mitchel sang 2022 auf dem Newport Folk Festival. (Bild: Carlin Stiehl for The Boston Globe via Getty Images)

Sie inspirierte Madonna, Prince und Kanye West

Im vergangenen Jahr ließ sich die Ausnahmekünstlerin auf einem pompösen Sessel auf der Bühne des Newport Folk Festivals nieder. Angesichts ihres Schlaganfalls im März 2015 samt schwerwiegender Folgen betitelten Medien den Auftritt als Sensation. Denn Mitchell sang nicht nur, sie spielte sogar wieder Gitarre. Im Juni dieses Jahres folgte ein nicht mehr für möglich gehaltenes Solokonzert in einem Aphitheater, unter Standing Ovations verließ sie die Bühne.

Immer wieder wird Joni Mitchell als "Queen of Folk" tituliert, doch der vermeintliche Ehrentitel alleine wird ihr nicht gerecht. Tatsächlich waren ihre Lieder anfangs vom Folk inspiriert und erhoben die Kanadierin zu einer der erfolgreichsten Singer-Songwriterinnen der 70-er. Doch bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts konnte man Jazz-Einflüsse heraushören, in den 80-ern kamen Pop- und Rock-Anleihen hinzu.

Dieses breite Repertoire ist mit Sicherheit einer der Gründe dafür, dass Joni Mitchell die ganz Großen inspiriert hat - und es bis heute tut: Prince und Björk gehörten ebenso zu ihren Bewunderern wie die "Queen of Pop" Madonna. Auch heutige Musikstars von Taylor Swift über Harry Styles, Katy Perry und Kanye West berufen sich auf Joni Mitchell. Ihre Platte "Blue" (1971) belegt nach einem Ranking des "Rolling Stone"-Magazins von 2020 den dritten Platz der besten Alben aller Zeiten.