Global Gladiators – „Get a fucking life“

Stundenlang müssen die Kandidaten bei Global Gladiators zusammengepfercht in ihrem Container sitzen. Foto: ProSieben / Richard Hübner.
Stundenlang müssen die Kandidaten bei Global Gladiators zusammengepfercht in ihrem Container sitzen. Foto: ProSieben / Richard Hübner.

In der zweiten Folge von Global Gladiators ist alles wie gehabt: Challenges, Drama, eine stundenlange Fahrt im Container, mehr Drama. Aber genau genommen interessiert das niemand. Es wäre ein kleines Wunder, wenn Pro7 das Format nicht bald schon in die Nachtsendezeit schiebt oder ganz ins Internet.

Wieso funktionieren Trash-Formate? Ein Punkt ist wohl, dass die Zuschauer vom heimeligen Sofa aus erleben, wie ein TV-Sternchen langsam erlischt. Das Sternchen, das ansonsten aufgesetzt heiter durch die zehn Sendeminuten einer Talkshow gestrahlt hat, um den neuen Film, die neue Dessous-Linie oder Singleauskopplung zu zelebrieren. Dann aber aus dem TV-Himmel in die Trash-Hölle geworfen wird und schnell das professionelle Image nicht mehr aufrechterhalten kann. Weil jeder, und das ist bei Global Gladiators schlicht so kalkuliert, unter stetem Druck an seine Grenzen gelangt: Eingepfercht im Container mit sieben anderen Menschen auf engstem Raum, unter großer Hitze, körperlichem und psychischem Stress und natürlich 26 Kameraaugen.

Live sieht der Zuschauer also, wie die ansonsten makellose Fassade Risse bekommt. Weil im Fernsehen normalerweise solange gepudert und gestellt wird, bis die Idealvorstellung einer Person entsteht, sind Trash-Formate sozusagen die Menschwerdung dieser Ideale. Die Sternchen steuern gen Erdboden und knallen unsanft auf. Der Knall hängt dabei ab von der Fallhöhe. Eine gewisse Berühmtheit, ein positives Image, Erfolg im Job, das muss schon sein. Jetzt sind die Kandidaten bei Global Gladiators Sänger Ben, DSDS- und Dschungelkönig Joey Heindle, Schauspielerin Jana Pallaske, GNTM-Kandidatin Miriam Höller, Sängerin Sabrina Setlur, Sohn und Ehemann Lucas Cordalis, Schauspieler Manuel Cortez und Sabia Boulahrouz. Viele sind nur einem kleinen Publikum bekannt, manche überhaupt niemand. Von Fallhöhe ist da kaum die Rede.

Berühmt ist, wer sich selber dafür hält

Darauf hat die Trash-TV-Produktion längst reagiert. Da nicht mehr nur das Fernsehen Stars und Sternchen produziert, sondern jeder mit einem Instagram-Profil zu (oft fraglicher) Berühmtheit gelangen kann, geht der Weg heute umgekehrt: Ein eher unbekanntes Social-Media-oder-Sparten-Sternchen wächst im Fernsehen über sich hinaus. Klar, das würde gehen, aber hier stößt Global Gladiators schlicht an seine Grenzen. In der ersten Challenge der Folge fahren die Kandidaten mit einem 100-PS-Traktor über ein Reisfeld in Thailand. Bei der zweiten Challenge, „Promischleuder“, werden die Kandidaten an Bungeeseilen in die Luft katapultiert und müssen mit einem Ball auf Dosen werfen. Bei der dritten Challenge klettern sie einen Berg hinauf, dann steigen sie Treppen, dann lösen sie einen Buchstabensalat. Das ist sicherlich sehr anstrengend bei 45 Grad, trotzdem: Daraus ergibt sich kein Heldenmaterial.

Denn um ehrlich zu sein, es geht bei der Show um nichts anderes, als puren, billigen Voyeurismus. Was die Kandidaten eint, ist vom Küchenpsychologentisch aus gesehen, ein Bruch in der Biografie. Sabia Boulahrouz ist die Frau neben Sylvie Meis und Rafael van der Vaart, also vor Jahren zu plötzlicher Berühmtheit gezwungen. Sie gab vergangene Woche schon dem Affen Zucker und sprach Sylvie Meis ihre (öffentlich gemachte und überstandene) Krebserkrankung ab. Diese Woche wieder, sie sagt, sie wolle unbedingt den Stempel „van der Vaart“ loswerden. Spricht aber über nichts anders. Sabrina Setlur dazu: „Du willst dich nur wichtig machen. Get a fucking life. Und nicht das der anderen, sondern ein eigenes.“ Zu allem Überfluss übergibt sich Sabia auch noch nach einer Challenge, ganz nah rangezoomt vor zig Kameras.

Die gute Nachricht: Es will niemand sehen

Jana Pallaske erzählt später, auf ihre gesunde Lebensweise angesprochen, dass sie mit 18 eine Essstörung hatte. Sie wog nur noch 40 Kilogramm und verlor das Bewusstsein. „Da habe ich geschnallt, ich sterbe. In dem Moment war glasklar, ich will noch leben. Das ist mein Leben, mein Geschenk, meine Verantwortung. Ich muss mich um mich selbst kümmern.“

Mal sehen, ob das Format noch Miriam Höller dazu bringt, über ihren verstorbenen Mann zu sprechen. Oder Lucas Cordalis über seinen Vater. Oder Sabrina Setlur über ihre „kreative Pause“, die bis heute anhält, nach ihrem Riesenerfolg Ende der Neunziger. Wahrscheinlich schon. Aber sehen werden es nur ganz wenige, spät nachts oder Online, wenn Pro7 das Format verschiebt. Denn die erste Folge Global Gladiators startete im Quotenmittelmaß, wollen wir hoffen, dass sich auch weiterhin niemand dafür interessiert, wenn Stars und noch so kleine Sternchen billig vorgeführt werden.