"Warum hat Tottenham den Blindgänger verpflichtet?"

Timo Werner kehrt in die Premier League zurück. In den englischen Medien wird der Transfer von RB Leipzig zu den Tottenham Hotspur zum Teil mit Verwunderung aufgenommen - weil sich der deutsche Nationalspieler bei seinem ersten Versuch auf der Insel nie vollends durchsetzen konnte.

Der Wechsel sei auf dem Papier „verwirrend“, schrieb zum Beispiel die Daily Mail und titelt: „Warum hat Tottenham den 45 Millionen Pfund teuren Blindgänger Timo Werner verpflichtet? Der deutsche Stürmer war bei Chelsea unreif und unnahbar, aber Ange Postecoglou glaubt, dass er ihn befreien kann.“

Auch The Sun verwies auf Werners Probleme bei Chelsea: „Der Stürmer, der im Sommer 2020 für 47,6 Millionen Pfund von Leipzig an die Stamford Bridge gewechselt war, hatte während seiner Zeit an der Stamford Bridge mit der Konstanz zu kämpfen“. Werner müsse hoffen, dass ihn seine Chelsea-Form nicht zurück nach London verfolgt habe.

Der „größte Unterperformer“ Englands?

Und BBC Sport erinnerte an die vielen vergebenen Chancen, die Werner in der Premier League stets angelastet wurden. „Werner kam oft in gute Positionen, hatte aber Mühe, eine Reihe von Großchancen zu verwerten. Für die Chelsea-Fans war es auch ein gewohnter Anblick: Wenn Werner ein Tor erzielte, wurde es oft wegen Abseits nicht anerkannt.“

Dies wurde sogar statistisch belegt: In 56 Liga-Spielen sei Werner 38 Mal im Abseits gestanden. Zudem sei er mit Blick auf die Zahlen der „größte Unterperformer“ der Liga gewesen, weil er acht Tore weniger erzielte, als anhand seiner Chancen realistisch gewesen wäre. Trotzdem könne Werner aber ein guter Ergänzungsspieler für die Spurs sein. Sollte er sich als treffsicher erweisen, könnte der Deal sogar zu einem großartigen Geschäft werden.

Dies wird jedoch bezweifelt. Besonders drastisch drückte dies Simon Jordan aus, der die Premier League aus seiner Zeit als Klubboss von Crystal Palace kennt: „Er ist tatsächlich sehr flexibel, er vergibt Torchancen mit dem linken Fuß, mit dem rechten Fuß und mit dem Kopf“, ätzte dieser bei TalkSport.

Legende glaubt nicht an Werner

Auch Liverpool-Legende Graeme Souness hat wenig Hoffnung. „Er braucht fünf Gelegenheiten, um ein Tor zu schießen und er hatte nur eine gute Saison, bevor er hierhin kam. Es fiel ihm schwer, Tore zu schießen und ich würde sagen, dass sich nichts verändert hat. Er ist ein Lückenfüller, eine weitere Alternative. Ich glaube nicht, dass er sehr gut funktionieren wird.“

Abseits der nackten Zahlen werden in der berüchtigten Boulevard-Presse Englands aber auch noch anderer Vorwürfe laut. Zu seiner Zeit an der Stamford Bridge habe dem Angreifer die Reife gefehlt, was sich vor allem im Training bemerkbar gemacht habe: „Er war ruhig, fast distanziert“, schrieb die Mail.

Mehr noch: Das angeblich distanzierte Auftreten habe dazu geführt, dass er beim Training Probleme hatte, die Team-Formation und die Struktur zu verstehen - fehlender Ehrgeiz oder Engagement wurden ihm aber nicht vorgeworfen.

„Man hatte immer das Gefühl, dass er mehr zeigen könnte“, fasste die Mail zusammen. Einen Eindruck, den Werner nun im zweiten Anlauf zurechtrücken könnte. Damit aus der Verwirrung in der englischen Medienlandschaft Verständnis wird.